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Milliarden-Risiken belasten Bayer

Bayer-Aktionäre konnten sich in den letzten Wochen erstmals seit Langem wieder über eine kleine Kurserholung freuen. Für größeren Jubel indes haben sie nach wie vor wenig Anlass. Gegenüber dem Höchststand Mitte 2015 notiert die Aktie noch immer mehr als 50 Prozent im Minus, in den letzten zwölf Monaten büßte sie gut 30 Prozent ein.

Und zumindest vordergründig passt die Nachrichtenlage zum Kursverlauf. Bayer kämpft im Grunde in allen Geschäftsfeldern mit Schwierigkeiten. Größter Belastungsfaktor sind nach wie vor die Prozessrisiken im Zusammenhang mit dem Unkrautvernichter Glyphosat, die sich der Konzern mit der Übernahme von Monsanto einkaufte.

Die spektakuläre Niederlage im ersten Prozess um mögliche Krebsrisiken sorgte für eine wachsende Zahl an Klagen und trieb zugleich die Schätzungen für mögliche Schadensersatz- oder Vergleichszahlungen.

Auch in den anderen Segmenten läuft es nicht rund: Im Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten verbucht Bayer seit drei Jahren kräftige Ertragsrückgänge und musste mit Wertberichtigungen von mehr als zwei Milliarden Euro auf die gravierenden Schwächen bei etlichen Marken reagieren, die man vor fünf Jahren mit der Übernahme der OTC-Sparte von Merck & Co. erwarb.

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Im Pharmageschäft wiederum wird der Konzern durch Qualitätsprobleme in de Produktion und härterer Konkurrenz gebremst. So mangelt es offenbar an Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, um in vier bis fünf Jahren den Patentablauf der beiden Blockbuster Xarelto und Eylea zu kompensieren. Mit einem harten Sparprogramm will der Konzern nun seine Forschung zugleich beschleunigen und effizienter machen.

Doch ungeachtet solcher Probleme und der Glyphosat-Panik lohnt es, das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren. Bayer kämpft operativ zwar mit mit einigen Schwächen und Herausforderungen. Im Kern jedoch sind alle drei Bayer-Sparten – Pharma, Selbstmedikation und Agrochemie – renditestark und in Marktsegmenten mit langfristigen Wachstumsperspektiven unterwegs. Nicht zuletzt der Vergleich mit Konkurrenten liefert solide Argumente dafür, dass Bayer unter normalen Bedingungen deutlich höhere Bewertungen erzielen könnte.

Im Pharmabereich zum Beispiel werden aktuell selbst wachstumsschwächere Branchenvertreter wie Pfizer, Sanofi und GSK mit mehr als dem dreifachen des Umsatzes und mehr als dem zehnfachen ihrer operativen Gewinne vor Abschreibungen (Ebitda) bewertet.

Viele Risiken sind in dem Aktienkurs bereits eingepreist

Für den US-Konzern Abbvie, der für das laufende Jahr gerade mal ein Prozent Wachstum erwartet und spätestens 2022 den größten Patentablauf in der Geschichte der Pharmaindustrie zu verkraften hat, zahlt der Markt aktuell 3,6-mal Umsatz und 11-mal Ebitda. Für die Bayer-Pharmasparte mit zuletzt knapp 17 Milliarden Euro Umsatz, vier Prozent Wachstum und 5,7 Milliarden Euro Ebitda, lässt sich daraus ein Wert von um die 60 Milliarden Euro ableiten.

Ähnliche Verhältnisse gelten im Bereich der rezeptfreien Gesundheitsprodukte, wo Procter & Gamble etwa jüngst 19-mal Ebitda für die Consumer-Health-Sparte der Darmstädter Merck-Gruppe zahlte. Gemessen daran errechnet sich für die Bayer-Consumer-Sparte selbst im aktuellen, angeschlagenen Zustand ein Wert von mindestens 15 Milliarden Euro. Mehr als fünf Milliarden Euro dürfte außerdem die zum Verkauf stehende Sparte Tiermedizin einbringen.

Bleibt die Agrosparte Bayer Crop Science, die immerhin gut 19 Milliarden Euro Umsatz und etwa 4,5 Milliarden Euro Ebitda erwirtschaftet. Sie umfasst das komplette Monsanto-Geschäft, für das Bayer etwa 53 Milliarden Euro (samt Schulden) zahlte, sowie drei Viertel des bisherigen Bayer-Cropscience-Geschäfts.

Legt man die Konditionen der jüngeren Deals in der Branche zugrunde – BASF etwa zahlte rund 15-mal Ebitda für die von Bayer erworbenen Saatgut- und Pflanzenschutzaktivitäten –, errechnet sich auch für Bayer Crop Science ein Wert von 60 bis 70 Milliarden Euro.

Das heißt: Aus branchentypischen Konditionen lässt sich für die Bayer-Sparten ohne Weiteres ein Unternehmenswert von insgesamt 140 bis 150 Milliarden Euro ableiten. Abzüglich der Nettofinanzverschuldung von rund 35 Milliarden Euro verbleibt ein Wert von 105 bis 115 Milliarden Euro. Das wiederum vergleicht sich mit der aktuellen Marktkapitalisierung von etwa 63 Milliarden Euro.

Vor dem Hintergrund der enormen Unsicherheit im Zusammenhang mit den Glyphosat-Verfahren sind das alles zwar theoretische Kalkulationen. Aber sie geben einen Hinweis darauf, wie viel Risiko bereits im Aktienkurs des Leverkusener Konzerns eingepreist ist. Die aktuelle Bewertung unterstellt im Prinzip, dass Bayer mit der Monsanto-Übernahme 40 Milliarden Euro oder sogar deutlich mehr verloren hat.

Analysten geben sich durchaus optimistisch

Das ist selbst aus Sicht skeptischer Analysten zu viel. Im Schnitt bewegt sich das Kursziel der Analysten laut Bloomberg bei 89 Euro, also rund 30 Prozent über dem aktuellen Kurs. Einzelne Optimisten wie Markus Mayer von Baader Helvea, der den fairen Wert der Bayer-Aktie bei 123 Euro sieht, gehen sogar davon aus, dass der Markt die Agrosparte von Bayer derzeit praktisch mit null bewertet.

Wie groß die Belastung durch die Glyphosat-Klagewelle am Ende tatsächlich ausfällt, werden erst die weiteren Verfahren im Laufe dieses Jahres und der kommenden Jahre zeigen. Tendenziell dürfte sich die Position von Bayer hier etwas verbessert haben. Denn die Kläger werden im nächsten Prozess zuerst nachweisen müssen, dass Glyphosat kausal für die Krebserkrankung des Klägers verantwortlich ist, was nicht leicht sein wird.

Immerhin hat die bisher größte Analyse möglicher Glyphosat-Risiken, eine von den US-Institutes of Health (NIH) finanzierte Studie, einen Zusammenhang nahezu komplett verneint.

Das alles spricht dafür, dass die Chancen für eine höhere Bewertung von Bayer weitaus größer sind als das Risiko eines weiteren Absturzes.