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Militär übernimmt die Macht in Myanmar – USA drohen mit Sanktionen

Staatsstreich in Myanmar: Die Streitkräfte nehmen De-facto-Staatschefin Aung San Suu Kyi fest. Der Putsch markiert vorerst das Ende des kurzlebigen demokratischen Aufbruchs des Landes.

Ein Jahrzehnt nach dem Ende der Militärdiktatur in Myanmar haben die Streitkräfte des südostasiatischen Landes wieder die Macht an sich gerissen. Im Streit um das Ergebnis der Parlamentswahl vom November ließen sie an diesem Montag in den frühen Morgenstunden die De-facto-Staatschefin Aung San Suu Kyi sowie ranghohe Vertreter der Regierungspartei und Kabinettsmitglieder festnehmen. Kurz darauf verkündeten die Generäle einen einjährigen Staatsnotstand – und die Machtübernahme von Armeechef Min Aung Hlaing.

Der Putsch markiert vorerst das Ende des kurzlebigen demokratischen Aufbruchs in dem 55-Millionen-Einwohner-Staat, der zwischen Indien und Thailand liegt. Beobachter warnen vor einer möglichen gewaltsamen Eskalation des Konflikts. Auch der wirtschaftlichen Öffnung des international jahrzehntelang isolierten Staates droht ein massiver Rückschlag.

Die ersten Konsequenzen des Machtkampfs bekamen die Einwohner von Yangon, dem wirtschaftlichen Zentrum des Landes, bereits wenige Stunden nach dem Staatsstreich zu spüren. Internetverbindungen wurden gekappt, Banken mussten wegen des Zusammenbruchs der digitalen Infrastruktur landesweit schließen. Wo es noch funktionierende Geldautomaten gab, kam es zu langen Warteschlangen.

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Auch an den Lebensmittelmärkten war der Andrang auf Grundnahrungsmittel größer als üblich – die Menschen in Myanmar stellten sich auf eine Zeit der Unsicherheit ein.

Die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die seit den ersten freien Parlamentswahlen im Jahr 2015 Myanmar als sogenannte Staatsrätin anführte, rief ihre Anhänger zum Widerstand auf. „Das Militär zielt darauf ab, Myanmar wieder zur Diktatur zu machen“, teilte sie laut einem von ihrer Partei NLD verbreiteten Schreiben mit. „Ich fordere die Bürger auf, das nicht zu akzeptieren und von ganzem Herzen gegen diesen Militärputsch zu protestieren.“

Angst vor massiver Gewalt bei möglichen Massenprotesten

Die Aussicht auf mögliche Massenproteste löste die Sorge aus, dass es zu gewaltsamen Zusammenstößen kommen könnte. In der Zeit der fünf Jahrzehnte langen Militärdiktatur hatten Myanmars Generäle Kritiker verfolgt und Proteste mehrfach brutal niedergeschlagen – zuletzt bei der Safran-Revolution 2007. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnte nun mit Blick auf die Erfahrungen der Vergangenheit vor massiver Gewalt und außergerichtlichen Hinrichtungen durch die Streitkräfte.

Myanmars Wirtschaft war seit Suu Kyis Amtsantritt konstant um sechs bis sieben Prozent jährlich gewachsen. Die Coronakrise führte zuletzt aber zu einem deutlichen Konjunktureinbruch. Die Weltbank rechnet damit, dass der Anteil der in Armut lebenden Menschen in dem Land von 22 auf 27 Prozent gestiegen ist. Die politischen Turbulenzen dürften nun der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes weitere Probleme bereiten.

Möglich sind neue internationale Sanktionen. Die US-Regierung drohte mit Maßnahmen gegen die Verantwortlichen des Putsches, sollte dieser nicht zurückgenommen werden.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilte die Machtübernahme des Militärs und forderte: „Die legitime zivile Regierung muss wieder eingesetzt werden.“ Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell teilte mit: „Wir stehen mit unseren internationalen Partnern in Kontakt, um eine koordinierte Reaktion zu gewährleisten.“

Die EU und die USA hatten nach dem Ende der Militärdiktatur im vergangenen Jahrzehnt ihre Sanktionen gegen das Land weitgehend abgebaut und so westlichen Unternehmen Geschäfte in dem Land ermöglicht.

Demokratieaktivisten der Organisation Justice for Myanmar forderten als Reaktion auf den Staatsstreich neue Strafmaßnahmen gegen das Militär und seine Geschäftspartner. In Myanmars Wirtschaft haben die Streitkräfte durch den Besitz großer Firmenkonglomerate erheblichen Einfluss. Zuletzt waren auch deutsche Unternehmen in die Kritik geraten, weil sie mit den Firmen des umstrittenen Militärs Geschäfte machten.

Anklage wegen Völkermords

Myanmars Militär wurde in den vergangenen Jahren wegen eines brutalen Militäreinsatzes gegen die muslimische Minderheit der Rohingya international geächtet. Vor dem Internationalen Gerichtshof muss sich Myanmar im Zusammenhang mit dem Einsatz wegen des Vorwurfs des Völkermords verantworten.

Das Vorgehen gegen die Rohingya brachte auch die bis dahin als Freiheitsikone gefeierte Suu Kyi im Westen ins Abseits. Sie hatte sich nicht von dem Vorgehen des Militärs distanziert und es vor dem Internationalen Gerichtshof sogar verteidigt.

Mit den jüngsten Parlamentswahlen, die Suu Kyis Partei mit einer absoluten Mehrheit und großem Vorsprung gewann, begann im November ein neues Kapitel in dem komplizierten Verhältnis zwischen Suu Kyi und dem Militär. Dessen politischer Arm erlitt bei der Abstimmung eine herbe Niederlage.

Die Streitkräfte weigerten sich jedoch, das Ergebnis anzuerkennen, und beklagten ohne Vorlage von Belegen millionenfache Unregelmäßigkeiten bei den Wählerlisten. Sowohl die Wahlkommission als auch internationale Wahlbeobachter wiesen die Vorwürfe als unbegründet zurück.

Hinter dem Einschreiten des Militärs steht aus Sicht von Beobachtern die Befürchtung der Generäle, dass Suu Kyis wachsende Popularität eine Gefahr für die Privilegien des Militärs darstellt.

Bislang hatte die Armee auch unter der zivilen Regierung noch erheblichen politischen Einfluss: Das Militär konnte laut Verfassung nicht nur ein Viertel der Parlamentsabgeordneten stellen, sondern auch Schlüsselressorts wie die Ministerien für Verteidigung und Innere Sicherheit besetzen.

Suu Kyi befürwortete Verfassungsänderungen, die diese Sonderrechte beschneiden sollten. Dass sie diese Pläne gestärkt in der neuen Legislaturperiode vorantreiben könnte, wollte Armeechef Min Aung Hlaing offenbar nicht riskieren.

Mit der Festsetzung der Anführerin bringt er sein Land nun zurück in eine Zeit der Repression: Während der Militärdiktatur stand Suu Kyi bereits anderthalb Jahrzehnte unter Hausarrest. Nun ist die 75-Jährige erneut eine politische Gefangene.