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Was der Mietendeckel-Kompromiss bedeutet

Der Berliner Senat hat sich auf ein Konzept geeinigt. Kompromisse wurden bei Mietsenkungen gemacht, doch juristisch gibt es weiter Unklarheiten.

Für die Mieten in der Hauptstadt sollen künftig Obergrenzen gelten. Foto: dpa
Für die Mieten in der Hauptstadt sollen künftig Obergrenzen gelten. Foto: dpa

„Es ist vollbracht“, twitterte Kathrin Lompscher (Linke), Berlins Senatorin für Stadtentwicklung, am späten Freitagabend. Gemeint war der Mietendeckel. Vollbracht waren zu diesem Zeitpunkt allerdings erst die Koalitionsverhandlungen.

Die Eckpunkte wurden auf einem einseitigen Papier festgehalten, das dem Handelsblatt vorliegt. Der Gesetzentwurf soll erst zu Beginn der Woche stehen. Doch was bedeutet der Koalitionskompromiss nun für Mieter und Vermieter?

Bestehen bleiben im Vergleich zum letzten Vorschlag die Obergrenzen. Sie spannen sich über zwölf Kategorien von 3,92 Euro bis 9,80 Euro pro Quadratmeter. Maßgeblich bleibt vor allem das Baujahr.

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Allein die Frage, ob eine Sammelheizung existiert oder die Wohnung ein eigenes Bad besitzt, ist noch ausschlaggebend für die Kategorisierung der Wohnung.

Der Mietendeckel wurde an einigen Stellen entschärft. So dürfen Mieten in bestehenden Mietverhältnissen nur noch dann abgesenkt werden, wenn sie mehr als 20 Prozent über den festgelegten Werten liegen. Diese „Wuchermieten“, von denen die Koalition in dem Papier spricht, sollen dann auf maximal 20 Prozent über dem festgelegten Wert gekappt werden.

Zu- und Abschläge für einfache (-28 Cent pro Quadratmeter), mittlere (-9 Cent) und gute Lagen (+74 Cent) sollen berücksichtigt werden. Wie viele Haushalte davon betroffen sind, ist unklar. Zuletzt war vorgesehen, dass alle Mieter, deren Mietbelastung über 30 Prozent des Haushaltseinkommens lag, ein Recht auf Mietsenkung hätten. Dies ist im aktuellen Papier nicht enthalten.

Neues Personal für Verwaltung nötig

Diese neue Regelung zur Mietsenkung soll allerdings erst neun Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes angewandt werden, offenbar, um dem bürokratischen Aufwand gerecht zu werden. Laut dem Papier wird neues Personal notwendig sein, das zentral durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen rekrutiert werden soll.

Generell gilt, dass Mieten bei Neuvermietung nicht angehoben werden dürfen. Mieten, die jenseits der Obergrenzen liegen, sollen bei Neuvermietungen auf diese abgesenkt werden. Eine weitere Ausnahme gibt es für besonders niedrige Mieten unter fünf Euro pro Quadratmeter. Sie dürfen bei Wiedervermietung um bis zu einen Euro auf maximal fünf Euro pro Quadratmeter angehoben werden.

Ursprünglich sollten Modernisierungen maximal bis zu einer Mieterhöhung von 50 Cent pro Quadratmeter erlaubt sein. Nun sind Modernisierungen bis zu einer Grenze von einem Euro pro Quadratmeter nicht genehmigungspflichtig. Angezeigt werden müssen sie trotzdem. Für Maßnahmen, die darüber hinaus gehen, sollen Förderprogramme genutzt werden.

Der Mietendeckel könnte schon ab Anfang 2020 greifen. Er ist vorerst auf fünf Jahre befristet. Vermietern räumt er zumindest ab 2022 die Möglichkeit eines Inflationsausgleiches ein. Mieten dürfen ab diesem Zeitpunkt um 1,3 Prozent pro Jahr erhöht werden.

Der Berliner Mietverein begrüßt die Pläne. „Dies ist eine historisch einmalige Chance für ein besseres Mietensystem, das die Defizite der ortsüblichen Vergleichsmiete vermeidet und Mietern am Ende auch leichter zu ihrem Recht verhelfen wird“, erklärte der Geschäftsführer Reiner Wild.

Als historisch ordnet auch der Immobilienverband IVD das Vorhaben ein – wenn auch mit einer gänzlich anderen Wertung. „Die Berliner Landesregierung kehrt zurück zur sozialistischen Wohnungspolitik“, sagte IVD-Präsident Jürgen Michael Schick. Infolge des Mietendeckels würden private Vermieter um ihre Altersvorsorge gebracht.

Anleger strafen große Vermieter ab

Außerdem täusche die Landesregierung Eigentümer, wenn sie behauptet, die Vormiete sei geschützt. „Vermieter müssen nun beim nächsten Mieterwechsel auf Mietspiegelwerte von 2013 absenken und damit erhebliche Verluste hinnehmen“, sagte Schick.

Obgleich der Mietendeckel zwar noch keine Realität ist, wird vor allem ein großer Vermieter schon abgestraft: die Deutsche Wohnen. Knapp 70 Prozent der 160.000 Wohnungen im Portfolio des Unternehmens liegen in der Hauptstadt.

Die Aktie rutsche am Montagmorgen um mehr als zwei Prozent ins Minus. Seit Jahresbeginn hat sie 14 Prozent an Wert verloren. Zum Vergleich: Der Mittelwerteindex MDAX, in dem Deutsche Wohnen gelistet ist, hat im gleichen Zeitraum um 20 Prozent zugelegt.

Einbußen bekam auch der Dax-Konzern Vonovia zu spüren, der rund elf Prozent seines Wohnungsportfolios in Berlin hält. Die Aktie rutschte am Montagmorgen 1,4 Prozent ins Minus.

Der Analyst Kai Klose von der Berenberg-Bank schätzt den neuen Entwurf des Mietendeckels insgesamt als deutlich flexibler ein als die Vorgängerkonzepte. Das liegt vor allem daran, dass nun nicht mehr alle Neuvermietungs-Mieten abgesenkt werden müssen. Die Folgen aus Mietsenkungen seien für die börsennotierten Konzerne marginal, was wiederum für stabile Immobilienwerte spräche.

Nichtsdestotrotz rechnet auch er mit weiterem juristischen Klärungsbedarf rund um das Gesetz. Die Opposition im Berliner Parlament – CDU und FDP – hat bereits mehrfach eine Normenkontrollklage angekündigt. Dann müsste letztlich das Verfassungsgericht klären, ob Berlin die Gesetzgebungskompetenz im Mietrecht – und der Mietendeckel Bestand hat.