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„Wir sind schockiert“ – Microsoft attackiert Familientrennung in den USA

Die Debatte um die Familientrennung bei versuchter illegaler Einreise in die USA hat nun auch die Technologiebranche mit voller Wucht erreicht. Über das Wochenende hatten in den USA immer neue Enthüllungen über die Behandlung von selbst kleinsten Kindern in Sicherheitslagern für Unmut und Empörung gesorgt.

Am Montag sah sich dann Microsoft als erster großer Tech-Konzern veranlasst, ein Statement herauszugeben, in dem er sich klar gegen die zwangsweise Trennung der Kinder von ihren Eltern aussprach.

Microsoft-Chef Satya Nadella, selbst Sohn von indischen Einwanderern, stellte klar: „Wir als Microsoft sind schockiert von der gewaltsamen Trennung von Kindern von ihren Familien beim Grenzübergang. Familienzusammenführung ist Grundbestandteil amerikanischer Politik seit Ende des zweiten Weltkriegs.“ Die US-Regierung werde aufgefordert, ihre Vorgehensweise zu ändern und der Kongress solle entsprechende Gesetze erlassen, die ein solches Vorgehen verhindern, so Nadella.

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Am Abend in Washington erklärte der texanische Senator und Trump-Kritiker Ted Cruz, er werde einen Notfall-Gesetzesvorschlag einbringen, um die Politik der Familientrennung schnellstmöglich zu beenden. „Ganz Amerika ist zu Recht schockiert über die Bilder von schreienden Kindern, die ihren Vätern und Müttern entrissen werden. Das muss aufhören. Und zwar sofort“, sagte Cruz.

Hintergrund für die heftige Reaktion des Technologiekonzerns ist die Kritik an einer Zusammenarbeit von Microsoft mit der Behörde ICE (Immigration and Customs Enforcement), die für die Durchführung der Einwanderungsbestimmungen und für Abschiebungen zuständig ist. Doch auch andere Tech-Riesen wie Google oder Amazon werden sich erklären müssen: Wie Microsoft kämpfen sie um Milliardenaufträge der Trump-Regierung.

Ein Blogeintrag von Microsoft zu dem Thema war in sozialen Medien verbreitet und kritisiert worden. Darin heißt es, Microsoft sei „stolz“, die Erneuerung der IT-Infrastruktur bei der Behörde zu beschleunigen. Dabei ging es um den Clouddienst Azure. „Azure Government“ ermöglicht Kunden wie der ICE neben der Speicherung von Daten im Internet auch die blitzschnelle Analyse großer Datenmengen mit künstlicher Intelligenz oder Identitätsüberprüfungen in großem Stil praktisch in Echtzeit.

Der Teil des Blogeintrags zum ICE verschwand nach der Kritik urplötzlich, wie „Buzzfeed“ berichtete, und die Diskussion erhitzte sich daraufhin weiter, Boykottaufrufe tauchten auf. Dann war der Beitrag wieder komplett da und die Löschung war angeblich „ein Versehen“. Ob es nach Nadellas Äußerungen Änderungen am Vertrag mit der ICE geben werde, ließ Microsoft indes offen.

Microsoft hat eine lange Historie von juristischen Streitigkeiten mit dem US-Justizministerium, meistens geht um den Schutz von Privatsphäre. Justiziar Brad Smith machte indirekt die US-Regierung für die Verbreitung von Malware verantwortlich. Sie „sammele“ Softwarefehler, um sie selbst auszunutzen, statt sie zu melden und zu schließen.

US-Regierungsbehörden und Ministerien gehören zu den größten IT-Nutzern weltweit

Auch in der Frage des Schutzprogrammes für junge Erwachsene, die als Kleinkinder ohne ihr Wissen oder Zutun in die USA gebracht wurden, hatte Microsoft sich gegen die Regierung gestellt. Die hat das Programm aufgekündigt und bislang gibt es keine Lösung.

Doch jetzt geht es um mehr. US-Regierungsbehörden und Ministerien gehören zu den größten IT-Nutzern weltweit. Seit Jahren werden die IT-Systeme dabei auf Cloud-Computing umgestellt. Amazon, Microsoft, Google und IBM sind die größten Wettbewerber um die langlaufenden Aufträge in Milliardenhöhe. Doch im Gegenzug könnten andere große Kunden aus Industrie, Forschung oder Lehre ihre Verträge kündigen oder zu anderen Anbietern wechseln, wenn sich die Konflikte zunehmend verschärfen.

Amazon musste bereits öffentliche Kritik hinnehmen, weil eine cloudbasierte Bilderkennungssoftware von Regierungsstellen genutzt wird, um Personen zu identifizieren. Google sah sich einer Revolte der eigenen Mitarbeiter gegenüber, als immer mehr Details zu einer Zusammenarbeit zwischen dem Suchriesen und dem US-Verteidigungsministerium bekannt wurden.

Ein IT-Berater hatte am Montag per Twitter verkündet, er habe seinen Beratervertrag mit Microsoft aufgelöst und werde das noch ausstehende Honorar einer Flüchtlingsorganisation spenden. Die drei Gründer von Airbnb forderten ebenfalls per Twitter eine sofortige Beendigung der gängigen Praxis.

Aber der Machtkampf zwischen der Regierung und weiten Teilen der Bevölkerung geht weiter. Auch zahlreiche republikanische Politiker und Kirchenvertreter zeigten sich von dem Vorgehen entsetzt und selbst First Lady Melania Trump mischte sich in einer seltenen Mitteilung in die Diskussion ein. Sie forderte Demokraten und Republikaner auf, das Problem einer „Immigrationsreform“ schnellstens zu lösen.

Das Weiße Haus jedenfalls ist nicht bereit, die Problematik der getrennten Kinder separat zu lösen. Die Sprecherin Sahra Sanders stellte klar, Trump wolle „das ganze Problem“ lösen, also auch den Grenzwall finanziert sehen und schärfere Einwanderungsgesetze durchsetzen.

Das Heimatschutzministerium erklärte, die Trennung von Eltern und Kindern sei unumgänglich. Nach amerikanischem Recht dürften Kinder nicht in Erwachsenengefängnissen untergebracht werden. In den vergangenen sechs Wochen sollen rund 2000 Kinder in spezielle Lager überführt worden sein.