Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 8 Stunden 2 Minuten
  • Nikkei 225

    37.552,16
    +113,55 (+0,30%)
     
  • Dow Jones 30

    38.503,69
    +263,71 (+0,69%)
     
  • Bitcoin EUR

    61.994,95
    -781,94 (-1,25%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.429,74
    +14,98 (+1,06%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.696,64
    +245,33 (+1,59%)
     
  • S&P 500

    5.070,55
    +59,95 (+1,20%)
     

Microsoft und Google – Showdown der Tech-Giganten

Microsoft-Chef Satya Nadella eröffnete die konzerneigene Entwicklerkonferenz „Build“ mit einer Referenz auf seinen Gründer. „Heute habe ich Bill Gates über Aktien reden gehört“, sagte der CEO auf der Bühne in Seattle. Gates hatte zuvor einem TV-Sender ein Interview gegeben.

„Seit 30 Jahren habe ich Bill nicht über Aktien reden hören. Und nun hat er über Apple-Aktien gesprochen“, sagte Nadella über Gates’ Äußerungen. Dieser lobte die herausragende Wettbewerbsposition, in der sich Apple befinde. Fast scheine es, als wäre für Gates Apple das neue Microsoft – der jahrelange Wettkampf zwischen den beiden Softwareriesen entschieden.

Doch Microsoft hat den einstigen Ruf als Hassobjekt der Technologie-Branche abgelegt und ist in guter Verfassung. Der Konzern hat eine bemerkenswerte Transformation hinter sich. Der Unterschied von Nadellas Ansprache an die über 6000 Software-Entwickler konnte größer nicht sein als zu den gigantischen und legendären Verkaufsshows seines Vorgängers Steve Ballmer.

Ballmer jagte auf der Bühne schon mal wie ein Irrwisch mit verschwitztem Hemd, hochrotem Kopf und heiserer Stimme von einer Seite zur anderen und brüllte „Developer, Developer, Developer“, bis der ganze Saal mehr oder weniger freiwillig einstimmte. Es gab Microsoft und sonst nichts.

WERBUNG

Die Branche und viele Verbraucher sagten schlicht, sie „hassten“ den übermächtigen Giganten, der zu seinen Top-Zeiten die PC-Industrie praktisch zu 100 Prozent beherrschte und seine Bedingungen diktierte.

Heute sagt Nadella Sätze wie „Privatsphäre ist ein Menschenrecht“ und „Wir brauchen eine künstliche Intelligenz mit Ethik“ – das sind komplett neue Töne. Deshalb gilt Nadella auch als derjenige, der die verrosteten Tore der Festung Microsoft aufgestoßen und frische Luft reingelassen hat.

Der dramatische Wandel zur Offenheit war kein Selbstzweck

Microsoft ist heute zum Beispiel der größte einzelne Zulieferer zum Open-Sorce-Softwareportal Github. Open Source, als „quelloffene Software“, war für den jungen Bill Gates noch „unamerikanisch“. Ja, ein „Krebsgeschwür“ in einer Branche, die, wie Microsoft, jede Zeile ihres Softwarecodes mit Zähnen, Klauen und Heerscharen von Anwälten verteidigte. Heute kann jedermann auf Github Microsofts Software kostenlos nutzen und sogar verändern, solange er sich an die Regeln hält.

Früher war Google pauschal gut und Microsoft böse, heute müssen beide beweisen, was sie für die Gemeinschaft leisten. Googles Entwicklerkonferenz I/O beginnt am heutigen Dienstag im Silicon Valley.

Der dramatische Wandel zur Offenheit war also kein Selbstzweck. Nadella hat den 1975 gegründeten Konzern radikal fit gemacht für die neue IT-Welt, in der Microsoft im Vergleich mit dem wilden Newcomer Google und Superstar Apple zahm und lahm erschien.

Ein paar Zahlen gefällig? Vor gut vier Jahren, am 7. Mai 2014, dümpelte der Microsoft-Aktienkurs bei 39,22 Dollar. Zum Börsenschluss am Montag waren es 96,22 Dollar. Google notierte vor vier Jahren bei 523,25 Dollar, am Montag waren es 1059,46 Dollar. Ein Plus von 145 Prozent gegen 102 Prozent.

Oder in Marktkapitalisierung ausgedrückt: Microsoft hat in diesem Bereich am Montag im Top mit 739,3 Milliarden Dollar laut Yahoo-Finance Google mit 734 Milliarden Dollar abgelöst und den zweiten Platz hinter Apple erobert – vor Amazon und Facebook.
Nadellas Ansprache passte genau in diese Entwicklung: eine wohlmeinende Rede, ausbalanciert zwischen Visionen, Produkten und dem Verständnis für Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Microsoft will der moralische Anführer der Branche werden

„Frage nicht, was ein Computer machen kann, frage dich, was er machen sollte“, gibt er die Richtung vor, in die sich die künstliche Intelligenz bewegen sollte. So hat er bei Microsoft eine eigene Arbeitsgruppe für Computer-Ethik besetzt. Nadella will Microsoft zu nicht weniger machen als den moralischen Anführer einer Branche, die zutiefst in Verruf geraten ist. Nicht zuletzt wegen Facebook und auch Google.

Eine ethische künstliche Intelligenz in der Cloud, Cyber-Sicherheit und Privatsphäre – diese Themen ziehen sich als roter Faden durch alle strategischen Überlegungen, die Nadella und seine Mitstreiter am Montag präsentierten. Sie sollen in der ein oder anderen Form in jedem Microsoft-Produkt, in jeder Kooperation Einzug halten, von der Analysesoftware bis zur Textverarbeitung oder im Betriebssystem und der Cloud. Alleine für Cyber-Sicherheit steht pro Jahr ein Budget von einer Milliarde Dollar zur Verfügung, hieß es.

Welche Chancen in der künstlichen Intelligenz stecken, zeigt das Modell eines Konferenzraums der Zukunft. Die sprachgesteuerten digitalen Assistenten mit Kameras und Mikrofonen erkennen die Teilnehmer, sobald sie den Raum betreten, führen Protokoll und erkennen die Sprecher aus dem Stimmengewirr heraus. Sie sortieren Folien und setzen automatisch Folge-Treffen an, weil sie die Kalender der Teilnehmer abgleichen können.

In einer anderen Demonstration überfliegen Drohnen Rohleitungen und erkennen potenzielle Problemstellen, schreiben einen Bericht für das Wartungsteam am Boden und senden ihn direkt an die Leitstelle.
Mit der Cloud und geschätzt bis zu 30 Milliarden Objekten von der Drohne über vernetzte Autos bis zu Toastern und Verkehrsampeln wird laut Nadella in den kommenden Jahren die „Welt zum Computer“.

Neue Funktion bei Windows 10

Und Microsoft will nicht mehr wie noch in den 1980er-Jahren „einen Microsoft-PC auf jedem Schreibtisch“ haben. Nadella will mehr: Er lädt jedermann ein, mit ihm zusammen die Software, das Netzwerk und die Intelligenz für die Computerwelt zu bauen. Zukunftsvisionen Marke Microsoft.

Einen kleinen Eindruck von der neuen Microsoft-Welt bekommen Nutzer bereits dieses Woche. Dann wird mit dem „April-Update“ von Windows 10 unter anderem die Funktion „Timeline“ eingeführt. Damit lassen sich alle Aktivitäten der vergangenen 30 Tage in chronologischer Reihenfolge anzeigen. Das erleichtert den Zugriff auf ältere Dokumente oder Webseiten. Wer auf allen Geräten mit seinem Microsoft-Account angemeldet ist, sieht selbst das, was er auf einem iOS- oder Android-Gerät gemacht hat. Auch das ist Teil der neuen Offenheit.

Mit „Focus Assist“ ist es zum Beispiel möglich, störende Meldungen oder Mitteilungen zu blockieren, um konzentrierter arbeiten zu können. Besonders wichtige Kontakte lassen sich aussparen und werden immer durchgeleitet. Nach Abschalten der Funktion wird eine Zusammenfassung der eingegangenen Meldungen präsentiert.

Daneben konzentrieren sich die meisten Neuerungen auf den Webbrowser Edge, wo teilweise zusätzliche Funktionen und mehr Komfort geboten wird. Auch der Bereich virtuelle Realität bekommt Updates – auf jeden Fall ein Windows-Update mit einem kleine Guckloch in die Zukunft der Produktivität.