Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    17.737,36
    -100,04 (-0,56%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.918,09
    -18,48 (-0,37%)
     
  • Dow Jones 30

    37.851,77
    +76,39 (+0,20%)
     
  • Gold

    2.406,00
    +8,00 (+0,33%)
     
  • EUR/USD

    1,0651
    +0,0005 (+0,04%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.865,15
    -67,50 (-0,11%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.378,58
    +65,96 (+5,02%)
     
  • Öl (Brent)

    82,97
    +0,24 (+0,29%)
     
  • MDAX

    25.989,86
    -199,58 (-0,76%)
     
  • TecDAX

    3.187,20
    -23,64 (-0,74%)
     
  • SDAX

    13.932,74
    -99,63 (-0,71%)
     
  • Nikkei 225

    37.068,35
    -1.011,35 (-2,66%)
     
  • FTSE 100

    7.895,85
    +18,80 (+0,24%)
     
  • CAC 40

    8.022,41
    -0,85 (-0,01%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.322,32
    -279,18 (-1,79%)
     

„Mich interessieren ganz neue Datenquellen“

Wagnisfinanzierer Mike Sigal spricht im Interview über den Wettbewerb zwischen dem Silicon Valley und New York im Fintech-Bereich, sein Interesse an Deutschland und die Frage, welche Geschäftsmodelle Erfolg versprechen.

Herr Sigal, zuletzt waren in die Investitionen im Fintech-Bereich gedrückt. Lässt die Euphorie der Geldgeber nach?
Im ersten Quartal sind 2,7 Milliarden Dollar in den Bereich geflossen, das ist ein ähnliches Niveau, wie 2016, wo es insgesamt 13,1 Milliarden waren. Aber gegen Ende 2016 war Zurückhaltung zu spüren. Das passiert in den USA oft rund um eine Wahl, unabhängig von der Person Donald Trump. Und in Europa dürfte der Brexit für Verunsicherung gesorgt haben.

New York versucht, als Fintech-Standort dem Silicon Valley den Rang abzulaufen. Wie sind die Chancen?
Die Leute vergessen oft, dass das Valley schon eine 70-jährige Geschichte hat. Nach dem zweiten Weltkrieg hat die Regierung dort viel in Technik investiert, in den Rüstungsbereich. Die Erfahrung, die sich dort angesammelt hat, ist nicht so leicht aufzuholen. Die Region hatte schon mehrere Zyklen hinter sich, bevor andere versucht haben, ihren Erfolg zu kopieren.

Aber in New York sitzen die großen Kunden, die Banken.
Ja. Wer mit denen Geschäfte machen will, ist dort ganz gut aufgehoben, sollte aber auch Kontakte im Valley haben. Wer Unternehmen aufbaut, die direkt für die Endkunden arbeiten oder wer technisch in die Tiefe gehen will, dem würde ich auf jeden Fall zum Silicon Valley als Standort raten. In New York gibt es sicher mehr Leute, die sich mit Bankregulierung auskennen, aber nicht so viele, die wissen, wie man ein ganzes Ökosystem von Entwicklern aufbaut.

Wie sieht es in Europa mit Fintechs aus?
London hat früh versucht, gute Bedingungen zu schaffen, dabei haben auch die Regierung und die Aufsichtsbehörden mitgezogen. Paris versucht jetzt aufzuholen. Frankfurt sieht sich ebenfalls als Standort für Fintech. Berlin hat eine wirklich aufregende Start-up-Szene, wenn auch nicht so sehr im Finanzbereich. In Asien spielen Singapur und Hongkong eine Rolle.

WERBUNG

Investieren Sie in Deutschland?
Der gesamte deutschsprachige Raum ist schon sehr interessant. Wir sind da bisher unterrepräsentiert.

Wie wandelt sich die Szene? Wohin fließt jetzt das Geld?
Generell sind zuletzt Angebote für Firmen mehr in den Vordergrund getreten gegenüber dem direkten Geschäft mit den Konsumenten. Anfangs haben reine Bezahldienste eine große Rolle gespielt. Deren Bedeutung ist etwas geschwunden. Allerdings kann dieser Bereich wieder interessant werden, wenn sich ausgereiftere Konzepte durchsetzen.

Es gibt einen großen Hype um die Blockchain, die Technik hinter den Bitcoins. Wie schätzen Sie die Chancen ein?
Ich gehe nicht von der Technik aus, sondern von den Anwendungen. In Unternehmen, die Blockchains für Banken oder andere Dienstleister bauen, würde ich nicht mehr investieren. Da ist schon genug Geld hinein geflossen. Interessanter wäre, wenn jemand ein ausgefallenes Konzept darauf aufbaut – zum Beispiel im Handel. Wenn Sie überlegen, wie viel Papierkram heute noch mit der Lieferung eines Containers verbunden ist, das ließe sich mit der Blockchain vereinfachen, einschließlich einer automatischen Zahlung bei Ankunft.


Wie Sigal künstliche Intelligenz sieht

Was für Anwendungen schweben Ihnen noch vor?
Bisher ist schon viel im Verkauf und im Marketing automatisiert worden, aber wenig im Finanzbereich der Firmen. Es gibt jetzt einen Anbieter mit dem Namen Yaypay, der vereinfacht die Bearbeitung von Forderungen und stellt nebenbei Prognosen auf, wie viel laufende Finanzierung der Kunde braucht.

Also geht es um Rationalisierung?
Ja, darum, die internen Arbeitsabläufe zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Und wie schätzen Sie die Themen künstliche Intelligenz und Daten ein?
Mit künstlicher Intelligenz alleine können Sie nicht viel anfangen. Mich interessieren Firmen, die ganz neue Datenquellen auswerten. Zum Beispiel Zyudly Labs. Die Firma treibt sich mit Bots, also mit künstlicher Intelligenz, im dunklen Internet herum und versucht so mitzubekommen, aus welcher Ecke Cyber-Angriffe zu erwarten sind. Anders gesagt: Sie befasst sich nicht mit technischen Lücken, sondern direkt mit den Kriminellen.

Banken haben ja auch selbst eine Menge Daten, die oft ungenutzt sind.
Ja, Alpharank zum Beispiel baut aus den Zahlungsvorgängen Beziehungsnetze auf, ganz ähnlich wie Facebook das macht. Damit weiß die Bank, welche Kunden besonders wichtig sind, weil sie mit vielen anderen Kunden zusammenarbeiten. Dann gibt es Firmen wie Datatron, die helfen, schneller Querverbindungen zwischen ganz verschiedenen Daten, etwa aus dem Marketing und der Finanzierung, zusammenzuführen und auszuwerten.

Welche Rolle spielen denn große Finanzkonzerne als Investoren?
Eine wachsende. Deren Anteil an Finanzierungen ist seit in einem Jahr von gut einem Fünftel auf rund ein Drittel gewachsen. Da sind auch die Deutschen dabei, etwa Deutsche Bank, Commerzbank und Allianz. Die haben begriffen, dass sich auch die Kultur im Unternehmen ändern muss.

Wie wird sich die Finanzbranche in den nächsten Jahren verändern?
Die Finanzbereiche macht heute 17 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts aus. Dabei werden bisher weniger als ein Prozent der Darlehen online vergeben. Ich glaube, dass das Gewicht der Branche abnimmt. Wahrscheinlich wird es eine Konsolidierung geben, ähnlich wie bei Telekom-Unternehmen und bei Medien.

Welche Konzerne überleben?
Diejenigen, bei denen die Kunden am wenigsten davon mitbekommen, dass sie es mit einer Bank zu tun haben.

Herr Sigal, vielen Dank für das Interview.

KONTEXT

Mike Sigal in der Kurz-Vita

Partner beim Marktführer

Mike Sigal ist Partner bei "500 Startups". Einem Wagnisfinanzierer aus dem Silicon Valley, der weltweit in rund 2000 Start-ups im frühen Stadium jeweils 50.000 bis 150.000 Dollar investiert hat - davon 200 im Fintech-Bereich. 150 Leute arbeiten für die Firma, die sich als Marktführer in ihrem Bereich sieht.

Vorgeschichte als Seriengründer

Sigal ist seit 1998 im Geschäft und hat sechs Firmen gegründet und verkauft, darunter mit Cash-Flower eine aus dem Fintech-Bereich.

KONTEXT

Wie Deutsche ihr Vermögen verteilen - und welche Folgen dies hat

Wo steckt das viele Geld?

Sparbuch und Co. werfen wegen der Zinsflaute kaum noch etwas ab, zugleich nagen die Niedrigzinsen an der Rendite von privaten Renten- und Lebensversicherungen. Dennoch liegt das Geld vor allem auf Girokonten, es steckt in Sparbüchern oder Lebensversicherung. Der größte Posten waren der Bundesbank zufolge Ende vergangenen Jahres Bargeld, Geld auf Girokonten oder Spareinlagen mit insgesamt 2.200 Milliarden Euro. Weitere 2.113 Milliarden Euro steckten in Versicherungen und Pensionseinrichtungen. 2016 hatten einer GfK-Umfrage zufolge 40 Prozent der Bundesbürger ihr Geld auf einem Sparbuch angelegt - wohlwissend, dass es sich um eine unattraktive Form der Geldanlage handelt.

Was ist mit Aktien?

Die meisten Menschen in Deutschland meiden Aktien nach wie vor. Die Zahl der Aktienbesitzer in Deutschland sank im vergangenen Jahr sogar wieder unter die Marke von neun Millionen. "Die Deutschen sind eben leider immer noch kein Volk der Anleger, sondern ein Volk der Sparer - daran hat selbst die anhaltende Niedrigzinsphase bis heute nichts ändern können", meint der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler.

Welche Folgen hat das?

Sparer verzichten nicht nur auf Gewinne durch steigende Börsenkurse, sondern auch auf Dividenden. Nach Berechnungen von Aktionärsvertretern schütten allein die 30 Börsenschwergewichte im Leitindex Dax in diesem Jahr die Rekordsumme von 31,6 Milliarden Euro an ihre Anteilseigner aus. Die Gewinnbeteiligung bei 640 untersuchten Aktiengesellschaften steigt im Vergleich zum Vorjahr um rund 9 Prozent auf die Bestmarke von insgesamt 46,3 Milliarden Euro.

Sind Aktien immer eine gute Wahl?

Nicht unbedingt. Zwar gelten die Anteilsscheine langfristig als lukrative Geldanlage. Wer beispielsweise Ende 1995 Aktien kaufte und bis Ende 2010 hielt, habe in diesem Zeitraum im Schnitt 7,8 Prozent Rendite pro Jahr erzielt, rechnet das Deutsche Aktieninstitut (DAI) vor. Doch nicht jede Aktie zahlt sich aus - wie die DSW-Liste der 50 "größten Kapitalvernichter" zeigt. Wer dort investierte, musste herbe Kursverluste hinnehmen, "die durch die Dividendenzahlungen meist nicht ansatzweise kompensiert werden konnten", wie Tüngler erläutert.

Wie ist der Reichtum verteilt?

Darüber gibt die Analyse der Bundesbank keine Auskunft. Der aktuelle Armut- und Reichtumsbericht der Bundesregierung kommt aber zu dem Ergebnis, dass die reichsten zehn Prozent der Haushalte mehr als die Hälfte des gesamten Netto-Vermögens besitzen. "Die untere Hälfte nur ein Prozent", erläuterte Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) jüngst. Von dem seit Jahren anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland profitieren danach vor allem die Reichen. "Die unteren 40 Prozent der Beschäftigten haben 2015 real weniger verdient als Mitte der 90er Jahre", so die Ministerin.