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Metaverse ist viel mehr als Facebook: Das steckt hinter der digitalen Parallelwelt, in die Konzerne gerade Milliarden investieren

Young woman wearing a VR headset having a virtual reality experience among skyscrapers
Young woman wearing a VR headset having a virtual reality experience among skyscrapers

Wenn in Deutschland über das Metaverse gesprochen wird, denken die meisten zunächst an Facebook. Schließlich bekam das Thema einen mächtigen Schub, als Mark Zuckerberg verkündete, den Facebook-Konzern in Meta umzubenennen. Doch das Metaverse ist mehr, viel mehr. Dahinter steckt die Idee einer kompletten digitalen Parallelwelt, die in der Tech-Szene schon lange kontrovers diskutiert wird.

Überraschungsmeldungen, Goldgräberstimmung und Aktionismus, so kann man das Metaversum-Jahr 2021 zusammenfassen. Da ist die Investorengruppe, die Land „im Metaverse“ kauft. Da ist das 1921 gegründete Modeunternehmen Gucci, das einen Garten auf einer Spieleplattform eröffnet, und Nike gönnt sich einen Director of Metaverse. Stehen wir vor dem „Next Big Thing“? Oder ist das Metaverse nur ein neues schnelllebiges Phänomen wie „Second Life“ oder Clubhouse?

Und was ist das überhaupt, das Metaverse? Wir haben die wichtigsten Fragen für euch beantwortet.

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Warum reden gerade alle über das Metaverse?

Ohne die Umbenennung Facebooks in Meta wäre das Thema sicher nicht so präsent. Dabei wird in Fachkreisen schon sehr lange darüber gesprochen. Beispielsweise sorgte ein neunteiliger Essay des Investor-Mitarbeiters Matthew Ball für Aufsehen. Gleichzeitig setzten die Videogames Roblox und Fortnite ihren gigantischen Siegeszug fort. Sie gelten vielen als erster Ausblick, wie ein Metaverse aussehen könnte. Die weltweite Corona-Pandemie tat ihr Übriges, das Interesse an digitalen Welten zu erhöhen.

Was genau ist das Metaverse? Und wann ist es fertig?

Das Metaverse ist zunächst eine Idee. Sie ist mit einer digitalen Parallelwelt annähernd gut beschrieben. Ganz genau weiß noch niemand, was dieses Metaversum exakt sein soll oder wie es aussehen wird. Auch Experten, die sich bereits lange mit dem Thema beschäftigen, haben keine klare Definition. Es gibt aber zentrale Ideen, wenn es um das Metaverse geht: Interoperabilität, Dezentralisierung, vom Nutzer generierter Content. Schauen wir sie uns genauer an.

Was genau ist Interoperabilität?

Bei dem Begriff sind zwei Themen wichtig. Das erste: Den Zugang zum Metaverse gibt nicht nur das eine Gerät oder die eine App. Es gibt viele verschiedene Wege, Teil des Metaverse zu sein. Das kann über eine Virtual Reality-Brille sein, muss aber nicht. Auch dein Handy, deine Kopfhörer oder dein Fernseher werden wahrscheinlich Teil davon sein, wie neuere Hardware, beispielsweise VR- oder AR-Brillen.

Ein Beispiel: Google präsentierte im Mai eine frühe Studie seines Project Starline, das Googles technischer Direktor Steve Seitz als „eine magische Glasscheibe“ bezeichnet. Dahinter verbergen sich ein neuartiges Lichtfelddisplay, eine fotorealistische 3D-Abbildung und höchste Audioqualität. Damit sollen digitale Begegnungen und Gespräche möglich sein, die sich anfühlen, als säße man im gleichen Raum. Ohne spezielle Brillen oder große Anlagen. In einem Metaverse wäre es denkbar, zunächst mit seinen an vielen Orten verteilten Freunden gemeinsam an der Playstation zu spielen und sich dann am Küchentisch zum Essen zusammenzusetzen – und die Gespräche über Google Starline fortzusetzen.

https://www.youtube.com/watch?v=Q13CishCKXY

Muss man sich dann immer wieder neu bei verschiedenen Diensten und Geräten anmelden?

Genau dies soll im Metaverse nicht mehr kompliziert sein. Die Interoperabilität soll es ermöglichen, dass verschiedenste Geräte eine einheitliche und lückenlose Erfahrung bieten. Donnie Dinch, ein Vordenker des Metaverse, beschreibt es in einem Podcast so: „Das Metaverse muss kein dreidimensionaler Ort sein, das wird sicher ein Teil davon sein. Es ist mehr eine Verbindung zwischen Services, die wir teilweise heute schon nutzen. Es ist das verbindende Element.“

Ähnlich wie das Internet ab Mitte der 90er-Jahre ist das Metaversum also die nahtlose Verbindung zwischen verschiedensten Angeboten und schafft damit eine völlig neue Welt von Möglichkeiten. So wie vor dreißig Jahren nicht vorstellbar war, wie das Bestellen aus einem Katalog, das Fernsehen und die Kommunikation mit Freunden in einem Internetbrowser zusammenfassbar sein sollen, so vage erscheint uns heute der Ausblick auf ein Metaverse. Es soll möglich sein, zusammen zu Konzerten gehen, digitale Immobilien zu kaufen, oder etwas schräge Meetings mit einer VR-Brille abzuhalten. Und das alles, ohne wie jetzt von App zu App zu springen. Ob das aber so möglich sein wird, bleibt aber abzuwarten: Denn einen sehr zentralen Unterschied zum Internet gibt es bereits zu Beginn: Schon die Grundlagen werden nicht von Universitäten und staatlichen Akteuren definiert, dieses Mal treiben gewinnorientierte Unternehmen die Entwicklung von Beginn an.

Sie treibt die FOMO – die Angst, etwas zu verpassen („fear of missing out“). Ein aus 2018 stammendes Zitat lässt aufhorchen: "Das erste Metaverse, das wirklich an Fahrt gewinnt, wird wahrscheinlich das letzte sein." Das schrieb Jason Rubin, Manager bei dem von Facebook übernommenen Virtual Reality-Unternehmen Oculus in einer Mail an Mitglieder des Facebook-Vorstands.

Die Aussage der Unternehmen ist klar: Vorherrschaft oder nichts. The Winner takes it all. Würde beispielsweise Meta/Facebook andere Virtual Reality-Anwendungen als die eigenen zulassen? Dagegen spricht, dass Facebook alles daran setzt, schon den Begriff „Meta“ zu beherrschen. Firmen, die bereits „Meta“ hießen oder das Wort im Namen führten, wurden nach ihren Aussagen von Facebook verklagt.

Aber hieß es nicht, das Metaverse sei dezentral?

So ist es gedacht. Nur interessiert das große Unternehmen im Moment wenig. Sie liefern sich bereits einen Wettkampf, wer als Erstes eine Metaverse-ähnliche Plattform an den Start bringt. Sie alle wollen davon profitieren, dass nicht nur Verbraucher ihre Plattform benutzen, sondern auch Entwickler, Werbekunden und Händler. Um das zu erreichen, müssen sie eine kritische Masse an Nutzern aufbauen. Das nennt man den Netzwerkeffekt. Je mehr Nutzer eine Plattform nutzen, desto höher die Anziehungskraft für neue Nutzer. Für ein Metaversum bedeutet das: Wer als erster genügend Nutzer hat, bekommt auch die Entwickler, Werbekunden und Händler. Und: bestimmt den Eintrittspreis, den diese zum Metaverse bezahlen. Das will kein Tech-Gigant verpassen.

Und darauf freuen sich die Tech-Visionäre?

Nein, es widerspricht sogar ziemlich allem, was sie sich von einem Metaversum versprechen. Denn für sie ist es ein Platz, an dem jeder das anbieten kann, was er möchte. So wie das auch in der echten Welt möglich ist. Für sie gilt der Grundsatz: Das Metaverse darf kein Platz sein, an dem eine Person, ein Unternehmen oder ein Staat einfach den Stecker ziehen kann. Denn dies würde die Idee eines digitalen Paralleluniversums ad absurdum führen.

Stellen wir uns ein Metaversum vor, das ein digitales Abbild unserer Welt ist. Man kauft dort ein Grundstück, mitten im noch dünn besiedelten Digital-New York. Einige Jahre später möchte ein großer Konzern in der echten Welt genau auf diesem Fleck den weltgrößten Wolkenkratzer bauen. Da er ein großer Werbekunde des Betreibers des Metaversums ist, möchte er, dass sein Wolkenkratzer auch dort auftaucht. Nur dumm, dass das Grundstück dort nicht dem Konzern, sondern dem Teilnehmer des Metaverse gehört.

In einem dezentralen Metaverse würden sich die beiden Welten voneinander entfernen, da sie unter anderen Bedingungen existieren. Für den Konzern gäbe es keine Möglichkeit, den Metaverse-Teilnehmer zu zwingen, dort den gleichen Wolkenkratzer zu bauen. In einem zentralisierten Metaverse hätte der Betreiber die Möglichkeit, das Metaversum zu updaten – ohne dass es (technische) Hürden gäbe. Dann besäße der Teilnehmer noch immer sein Grundstück – nur eben mit einem Wolkenkratzer.

Das klingt deprimierend. Hieß es nicht, im Metaverse gehe es um vom Nutzer geschaffene Inhalte?

Was die Firmen sich von einem Metaverse erhoffen, ist sehr unterschiedlich. Wie hoch ihr Einfluss auf die wie auch immer geartete Umgebung sein wird, auch. Das zeigt beispielsweise der aussichtsreiche Kandidat „Epic Games“. Die Videospielentwickler sind in einer idealen Ausgangslage – wesentlich besser als Meta/Facebook. Sie besitzen bereits eine Metaverse-ähnliche Plattform, auf der sich monatlich 270 Millionen Nutzer tummeln: Fortnite, ein vor allem bei Jugendlichen beliebter Multiplayer-Shooter, bei dem bis zu 100 Spieler gegeneinander antreten können. Und: Sie stellen es sich etwas anders vor, als Mark Zuckerberg es tut.

Denn Epic Games ist Besitzer einer Technologie, die ein sich immer weiterentwickelndes Metaverse möglich machen könnte. Ihre „Unreal Engine“, eine Entwicklungsplattform für digitale Visualisierungen, zählt für Spielentwickler, Filmemacher und Architekten bereits jetzt zum Standard. So wurde beispielsweise die Hälfte aller visuellen Effekte der Disney-Serie „The Mandalorian“ in der Unreal-Engine erstellt.

Für Epic Games wäre eine Metaverse-Plattform, die Nutzer selbst weiterentwickeln, eine interessante Aussicht. Sie könnten ihre Tools damit beliebter machen und gleichzeitig über ein immer größer werdendes Betätigungsfeld verfügen – das die Nutzer selbst weiterentwickeln.

Das klingt spannend. Wann kann ich das ganze jetzt?

Vielleicht schon jetzt. Vielleicht aber auch erst in 15 Jahren. Das kommt ganz darauf an, wie man das Metaverse definieren möchte. Denn ähnlich wie beim Übergang von normalen Mobiltelefonen zu Smartphones und der damit einhergehenden Geburt des Internet 2.0 gibt es keine Stunde Null. Schon Jahre vor dem ersten iPhone gab es sogenannte Communicators mit Touchscreen. Und das erste iPhone hatte noch keinen Zugang zum mobilen Internet, der zum Beispiel das Ansehen von Videos ermöglicht hätte. Ab wann man also von einem Web 2.0 spricht, kommt auf den Betrachter an.

Wer auf das Metaverse wartet, sollte aber die Augen offenhalten. Denn es könnte der Moment kommen, an dem es sich anfühlt, als hätte es nie eine Zeit ohne es gegeben.