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Messen fordern Neustart im September – „Haben Erfahrung im Steuern von Besucherströmen“

Der Messeverband wehrt sich, in der Frage nach Lockerungen mit Oktoberfest und Fußball gleichgesetzt zu werden. Für die Wiederbelebung der Wirtschaft seien Messen essenziell.

Viele Messen wollen die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen. Foto: dpa
Viele Messen wollen die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen. Foto: dpa

Die Bundesregierung hat alle Großveranstaltungen bis Ende August untersagt. Selbst das Oktoberfest wurde abgesagt, die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus sei zu hoch. Nun wehrt sich die Messewirtschaft vehement dagegen, mit Volksfesten, Open-Air-Festivals oder Fußballspielen auf eine Stufe gestellt zu werden. „Messen sind Business-Plattformen und essenziell, um die Wirtschaft zügig und nachhaltig wieder in Gang zu bringen“, betont Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Messewirtschaft (Auma).

Die Branchenvertretung fordert in einem Schreiben, das dem Handelsblatt vorab vorlag, den Messebetrieb ab September wieder aufzunehmen. Messen sollten bei künftigen Entscheidungen von Bund und Ländern als separater Veranstaltungstyp differenziert betrachtet werden. „Wir fordern einen Zeitplan für den Neustart, der berücksichtigt, dass Messen eine Vorlaufzeit von zwei bis drei Monaten haben“, so Holtmeier.

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Messen könnten schließlich wichtige Impulse geben, die Einkaufsbereitschaft der schwer getroffenen Händler wieder zu stimulieren und die führende Position der deutschen Exportwirtschaft zu sichern, so die Argumentation des Auma.

Die Veranstalter sehen sich durchaus in der Lage, die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts zu Hygiene und Abstandsregeln zu erfüllen. Sie hätten zudem „große Erfahrung im Steuern von Besucherströmen“. Vor allem bei Fachmessen sei die Dichte der Teilnehmer pro Quadratmeter weitaus geringer als bei den meisten anderen Veranstaltungsformaten.

2500 Messen weltweit abgesagt

Weltweit wurden wegen der Pandemie bisher 2 497 Messen und Ausstellungen abgesagt oder verschoben, das hat das Fachmagazin „M+A“ am Freitag ermittelt. Allein in Deutschland, dem Mutterland der Messen, sind 463 Messen betroffen.

Sie sind jedoch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: Absagen von Messen in Deutschland könnten zu Verlusten von 9,3 Milliarden Euro für die Gesamtwirtschaft führen. Das hat das Institut der Deutschen Messewirtschaft des Auma Mitte April berechnet. Zudem entgingen dem Fiskus 1,5 Milliarden Euro an Steuern.

Die Verunsicherung in der Messebranche ist groß. Die Gelände stehen meist leer. In Berlin wird in Halle 26 gerade eine Notklinik für 500 Corona-Infizierte eingerichtet. In den Düsseldorfer Messehallen sollen möglicherweise Uniklausuren geschrieben werden, die leeren Messeparkplätze sind zum Autokino umfunktioniert.

Die Messeveranstalter kommen immer mehr in finanzielle Bedrängnis. Der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) erwartet durch die Absage von Veranstaltungen wie der Tourismusschau ITB und der Verkehrstechnikmesse Innotrans einen operativen Verlust für die Berliner Messe von rund 105 Millionen Euro bis ins nächste Jahr hinein. Allerdings sind die meisten großen Messegesellschaften in öffentlicher Trägerschaft.

Private Messeveranstalter hingegen sind oft in ihrer Existenz bedroht. Die Kinold-Ausstellungsgesellschaft etwa ist nach dem Aus der Trendmesse in Fulda und der Frühlingsmesse in Passau insolvent. „Es ist schon eine unfassbare Situation. Auf behördliche Anordnung hin wird ein Messeprojekt kurz vor dem Start gestoppt. Eine passende Entschädigungskulisse gibt es nicht“, ärgern sich die Geschäftsführer Birgit und Peter Kinold. Das Familienunternehmen aus Lindau wurde 1952 gegründet.

Chancen für Fachmessen

Wegen unklarer Ansagen der Politik sagen einige Veranstalter bereits vorsichtshalber Termine im Herbst ab. Am Donnerstag teilte die Messe München mit, dass die für September geplante weltgrößte Umweltmesse IFAT ausfällt. Die Start-up-Konferenz Bits & Pretzels, die sonst parallel zum Oktoberfest in den Messehallen abgehalten wird, findet nur virtuell statt.

Die Kölnmesse dagegen will bald wieder loslegen. „Es ist unser erklärtes Ziel, ab September 2020 wieder Fachmessen auf dem Kölner Messegelände durchzuführen. Deshalb werden wir unsere Veranstaltungen weiter mit Augenmaß vorbereiten“, sagt Gerald Böse, Chef der Kölnmesse. Die Messewirtschaft arbeitet an eigenen Hygienekriterien. Anders als Volksfeste oder Konzerte hätten Messen professionelle Teilnehmer, die sich entsprechend professionell verhielten. Die Gelände seien flexibel und groß, es gebe etwa die Möglichkeit der Vollregistrierung und digitale Leitsysteme, unterstreicht Böse.

Andere Branchenvertreter halten eine baldige Wiederaufnahme von Messen für unwahrscheinlich: „Wir gehen in unserer Planung davon aus, dass erst ab Frühjahr 2021 Messen und Großevents in Deutschland wieder stattfinden können“, meint Christian Zimmermann, Chef der Kölner Messe- und Markenagentur Uniplan. „Verschiebungen in diesen Sommer oder Herbst sind unrealistisch.“

Das Land Berlin hat am Dienstag Großveranstaltungen sogar bis zum 24. Oktober verboten – allerdings ab 5 000 Teilnehmern. Deshalb kann die Internationale Funkausstellung (IFA) mit zuletzt 238 000 Besuchern im September nicht stattfinden.

Kleinere und mittlere Messe- und Kongressveranstalter hingegen sehen die Berliner Anweisung als Signal für den Exit aus dem Corona-Lockdown. Schon einen Tag nach dem Entscheid des Senats verkündete der Bundesverband der Personalmanager die Verlegung seines Personalmanagementkongresses vom Juni auf Mitte September. Zuletzt kamen rund 1 500 Experten zum größten deutschen Branchentreff nach Berlin.
Ob dann auch die Bundesregierung Zusammenkünfte von mehr als 1 000 Teilnehmern erlauben wird, lässt sich heute noch nicht absehen.