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Merkels Last-Minute-Deal mit China – und seine Folgen

Auf Betreiben von Bundeskanzlerin Angela Merkel gelingt rechtzeitig vor Jahresende der Durchbruch bei dem Investitionsabkommen zwischen der EU und China. Doch die Abmachungen werfen viele Fragen auf.

Noch vor wenigen Wochen waren die Verhandlungen über das Investitionsabkommen zwischen der EU und China so festgefahren, dass Chinas Präsident Xi Jinping offen über den Zeitplan spottete, der einen Abschluss bis zum Jahresende vorsah. Es sei ja nicht geklärt, so Xi, ob das Jahresende nach dem gregorianischen Kalender damit gemeint sei oder das nach dem chinesischen. Denn das hätte den Unterhändlern noch ein paar Wochen mehr Zeit gegeben, weil das chinesische Neujahr erst am 12. Februar nach europäischer Zeitrechnung stattfindet.

Doch nun kommt der Durchbruch nach beiden Zählarten rechtzeitig. Die Unterhändler von EU und China haben sich auf ein Abkommen geeinigt. Am Mittwoch besiegelten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Einigung in einer Video-Schalte mit Chinas Präsident. Für Merkel, die das Abkommen zur Chefsache gemacht hatte, ist das ein großer Triumph am vorletzten Tag der deutschen Ratspräsidentschaft.

Die EU-Kommission preist das Abkommen als großen Durchbruch und lobte die Konzessionen, die China gemacht habe. So sollen europäische Automobilbauer einen besseren Zugang zum chinesischen Markt für elektrische und hybride Fahrzeuge bekommen. Auch bei privaten Krankenhäusern in chinesischen Großstädten soll der Zwang zum Joint Venture abgeschafft werden. China will zudem den Telekom-Markt öffnen und endlich der Verpflichtung der Welthandelsorganisation WTO nachkommen und Subventionen offenlegen. Auch soll der erzwungene Technologietransfer künftig ein Ende haben. Allerdings: Der Deal ist kein Freihandelsabkommen, das noch viel umfassender wäre.

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Die EU-Kommission ist überzeugt, dass sie ein Maximum an Konzession durchgesetzt hat. „Es wird nicht besser, wenn wir länger verhandeln“, heißt es in einer internen Notiz an das Europäische Parlament. „Wenn wir das Abkommen jetzt nicht beschließen, dann würden wir den Wettbewerbsnachteil von europäischen Unternehmen und Investoren in China verlängern – und dies in einer Zeit, in der China mit anderen Partnern Abkommen abschließt.“

Die EU-Kommission muss so offensiv für den Deal werben, weil im Europäischen Parlament – ohne dessen Zustimmung das Abkommen nicht in Kraft treten kann – große Skepsis herrscht. Der Vorsitzende des Handelsausschusses, der Sozialdemokrat Bernd Lange, stimmt zu, dass längere Verhandlungen kein besseres Ergebnis bringen würden. Er dringt, wie sehr viele Abgeordnete aber darauf, dass „wir sicher stellen müssen, dass China die Versprechen zur Ratifizierung der ILO-Konventionen gegen Zwangsarbeit tatsächlich einhält.“

China will sich in dem Abkommen verpflichten, „andauernde und nachhaltige Anstrengungen“ zu unternehmen, um die beiden Konventionen zu unterzeichnen. Viele Kritiker halten das für unzureichend. Der grüne Europa-Abgeordnete Reinhard Bütikofer spricht von einem „oberflächlichen Lippenbekenntnis Chinas“ und fordert, auf einen Zeitplan für die Ratifizierung der ILO-Konventionen zu bestehen, wie dies die EU beispielsweise mit Vietnam gemacht hat.

Wie wenig Versprechen von Handelspartnern wert sind, hat die EU in der Vergangenheit erfahren. Südkorea hatte ebenfalls ein solches Versprechen zum Ende der Zwangsarbeit ausgesprochen, das die EU seit bald zehn Jahren nicht durchsetzen kann.
Kritiker halten zudem den Zeitpunkt des Abkommens für falsch. „Die EU verkauft sich selbst zugunsten der Profite einiger Unternehmen“, moniert Jakub Janda, Direktor des European Values Center for Security Policy in Prag. Es sei falsch, den Deal abzuschließen in einem Jahr, in dem China in Hongkong gegen Völkerrecht verstoßen habe und gegen eine westliche Demokratie wie Australien so aggressiv auftrete.

Kanzlerin Merkel hat das Abkommen entscheidend vorangetrieben, weil sie sich Vorteile für die deutsche Autoindustrie und die Telekombranche erhofft. Macron hat sich hinter sie gestellt, weil Frankreichs Finanzindustrie sich gute Geschäfte in China verspricht. Aus ihrer Sicht stimmt das Timing: China hat in diesem Jahr – trotz Pandemie – als einzige große Volkswirtschaft Wachstum verzeichnet.

Mehr zum Thema: Bei Magnetmetallen wie Neodym ist Europas Industrie vollständig von China abhängig. Das wird zum Problem: Elektroautos und Windkraftanlagen kommen kaum ohne aus.