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Merkel verteidigt geplante Ausgangsbeschränkungen - Heftige Debatte im Bundestag

Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Bild: Sean Gallup/Getty Images)
Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Bild: Sean Gallup/Getty Images) (Sean Gallup via Getty Images)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die in der "Bundes-Notbremse" vorgesehenen Ausgangsbeschränkungen verteidigt. Diese seien keine neue Erfindung, sondern im aktuell geltenden Infektionsschutzgesetz als Maßnahme bereits angelegt und würden in mehreren Bundesländern bereits seit Monaten angewandt, sagte sie am Freitag im Bundestag.

Die Bundeskanzlerin verwies auf andere Staaten wie Portugal oder Großbritannien, die solche Maßnahmen "zum Teil erheblich restriktiver" als in Deutschland geplant praktizierten. "Es geht darum, abendliche Besuchsbewegungen von einem Ort zum anderen - im Übrigen auch unter Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs - zu reduzieren", sagte Merkel. Ausgangsbeschränkungen seien kein Allheilmittel, könnten ihre Wirkung in der Kombination mit anderen Maßnahmen wie strengen Kontaktbeschränkungen entfalten. Die Vorteile dieser Maßnahme überwögen die Nachteile.

Merkel ruft zu Tempo bei Bundes-Notbremse auf

Merkel hat dazu aufgerufen, die geplante bundesweite Notbremse gegen die dritten Corona-Welle schnell auf den Weg zu bringen. «Jeder Tag früher, an dem die Notbremse bundesweit angewandt ist, ist ein gewonnener Tag», sagte Merkel im Bundestag.

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Merkel sagte: «Das Virus verzeiht keine Halbherzigkeiten, sie machen alles nur noch schwerer. Das Virus verzeiht kein Zögern, es dauert alles nur noch länger. Das Virus lässt nicht mit sich verhandeln, es versteht nur eine einzige Sprache, die Sprache der Entschlossenheit. Entschlossenheit jetzt hilft am Ende allen so viel mehr, davon bin ich überzeugt, als wenn wir jetzt wieder zögern und halbherzig vorgehen.»

Das geplante Gesetz solle das Land aus der «furchtbaren Phase» der ständig steigenden Infektionszahlen herausführen und ein immer weiteres Ansteigen bei den Schwerkranken und Intensivpatientinnen und -patienten verhindern. Merkel betonte: «Die Notbremse ist also das Instrument, die drohende Überlastung unseres Gesundheitswesens zu verhindern. Systematisches Testen ist das Mittel bei niedrigeren Inzidenzen, konsequente, nachhaltige Öffnungen zu ermöglichen. Impfen ist der Schlüssel, die Pandemie zu überwinden.»

Mit Blick auf den Frühjahrslockdown 2020 sagte sie: «Wir haben es doch schon einmal geschafft, wir können es jetzt wieder schaffen.» Die Politik mache es den Bürgerinnen und Bürgern nicht leicht. Die übergroße Mehrheit der Menschen in Deutschland helfe aber unverändert mit, durch die Einhaltung der Schutzmaßnahmen dem Virus Einhalt zu gebieten.

Merkel: Dürfen medizinisches Personal nicht alleine lassen

Merkel warnt eindringlich vor einer Überforderung des Gesundheitssystems in der Corona-Pandemie. "Die Lage ist ernst, und zwar sehr ernst", sagte sie am Freitag im Bundestag. "Es führt kein Weg daran vorbei: Wir müssen die dritte Welle der Pandemie bremsen und den rapiden Anstieg der Infektionen stoppen", sagte sie. "Um das endlich zu schaffen, müssen wir die Kräfte von Bund, Ländern und Kommunen besser bündeln als zuletzt."

"Die Intensivmediziner senden einen Hilferuf nach dem anderen - wer sind wir denn, wenn wir diese Notrufe überhören würden?", fragte Merkel. "Wir dürfen Ärzte und Pfleger nicht alleine lassen. Alleine können sie den Kampf gegen das Virus in dieser dritten Welle auch mit bester medizinischer Kunst und dem aufopferungsvollsten Einsatz nicht gewinnen."

Bundesweite Corona-Notbremse

Der Bundestag debattierte am Freitag erstmals über den vom Kabinett am Dienstag verabschiedeten Entwurf für eine bundesweite Corona-Notbremse, für die auch Merkel warb. Sie sieht schärfere Regelungen vor: Überschreitet die Zahl der Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen in einer Stadt oder einem Landkreis den Wert von 100 an drei aufeinander folgenden Tagen, müssen etwa Geschäfte geschlossen werden und es greifen Ausgangsbeschränkungen ab 21 Uhr. Schulen sollen ab einem Wert von 200 mit Ausnahmen keinen Präsenzunterricht mehr anbieten dürfen. Bisher lagen solche Maßnahmen in der Verantwortung der Länder. Die erneute Änderung des Infektionsschutzgesetzes hatte die Bundesregierung in Folge des Scheiterns der sogenannten Osterruhe auf den Weg gebracht.

Die Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag ist für Mittwoch vorgesehen. Danach muss es noch den Bundesrat passieren.

Heftige Debatte im Bundestag über Bundes-Notbremse

Im Bundestag lieferten sich Regierungsparteien und Opposition am Freitag einen heftigen Schlagabtausch in der ersten Beratung über entsprechende Änderungen des Infektionsschutzgesetzes. Die Opposition kritisierte vor allem die darin geplanten nächtlichen Ausgangsbeschränkungen und forderte Änderungen am Gesetzentwurf. Die FDP drohte mit einer Verfassungsbeschwerde.

Scharfe Kritik kam von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel. Sie nannte den Gesetzentwurf ein "alarmierendes Dokument obrigkeitsstaatlichen Denkens". Der Impuls dazu gehe vom Kanzleramt und insbesondere von Kanzlerin Merkel aus. "Sie misstrauen den Bürgern, deshalb wollen Sie sie tagsüber gängeln und nachts einsperren", sagte Weidel. Die Regierung lege zudem die Axt an den Föderalismus. "Ausgangssperren sind unverhältnismäßig und verfassungswidrig."

FDP-Partei- und Fraktionschef Christian Lindner drohte der Bundesregierung mit einer Verfassungsbeschwerde. "Es ist richtig, dass nun bundeseinheitlich gehandelt wird", sagte er. Die geplanten Regelungen zu nächtlichen Ausgangsbeschränkungen nannte er aber verfassungsrechtlich "hochproblematisch". Man werde Vorschläge machen, dieses Gesetz verfassungsfest zu machen und sagte an die Koalitionsfraktionen gerichtet, die FDP-Fraktion werde sich gezwungen sehen, "den Weg nach Karlsruhe im Wege von Verfassungsbeschwerden zu gehen", wenn auf die Bedenken nicht eingegangen werde.

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Grüne und Linke warfen der Regierung vor, das Wirtschaftsleben in dem Gesetz nicht ausreichend zu berücksichtigen. In der Wirtschaft gebe es faktisch null Beschränkung, sagte der Linken-Politiker Klaus Ernst. Im Gesetz stehe etwa nicht, dass man testen müsse, bevor man sich am Arbeitsplatz aufhalte. "Warum schreiben sie das nicht rein? (...) Weil sie den Unternehmerverbänden im Hintern hängen!" Linksfraktionschef Dietmar Bartsch bezeichnete die geplante Bundes-Notbremse als "Abrissbirne des Parlamentarismus". Das Vorhaben mit seinen Eingriffen in Grundrechte und Ausgangsbeschränkungen sei nicht die Lösung.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte, dass "dringend nachgebessert" werden müsse. "Und da geht es zuallererst für mich um die Kontakte in der Arbeitswelt, die müssen maximal rechtsverbindlich runter und der Schutz muss hoch." Göring-Eckardt kritisierte zudem den geplanten Grenzwert für Schulschließungen, der im Gesetz bei 200 festgelegt wird. Erst ab dieser Inzidenz zu handeln, sei zu spät, sagte sie.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warb in der Debatte eindringlich für eine schnelle Umsetzung der geplanten Ausgangsbeschränkungen am Abend gegen die dritte Corona-Welle. "Es wird alleine nicht reichen, aber in keinem Land ist es gelungen, eine Welle mit Variante B.1.1.7 noch einmal in den Griff zu bekommen, ohne dass man nicht auch das Instrument der Ausgangsbeschränkung, und nicht -sperre, genutzt hätte", sagte er.

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