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Merkel fordert „sehr schnelles Handeln“ und zieht Treffen mit Länderchefs vor

Die Ausbreitung der Virusmutation und inkonsequentes Verhalten der Bürger alarmieren das RKI und die Kanzlerin. Merkel will schon bald über das weitere Vorgehen beraten.

Einen Termin für die nächste Runde mit den Regierungschefs der Länder nannte die Bundeskanzlerin nicht. Foto: dpa
Einen Termin für die nächste Runde mit den Regierungschefs der Länder nannte die Bundeskanzlerin nicht. Foto: dpa

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will schon am kommenden Dienstag und nicht erst wie geplant am 25. Januar mit den Ministerpräsidenten der Länder über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie beraten. Das gab Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag bekannt.

Am Donnerstagabend hatte bereits die Deutsche-Presse-Agentur unter Berufung auf Teilnehmer einer Onlinesitzung des CDU-Präsidiums zur Vorbereitung des Wahlparteitags der CDU am Freitag und Samstag über Merkels Pläne berichtet. Nach Handelsblatt-Informationen aus Länderkreisen hing die Entscheidung von der Frage ab, ob eine Einigung auf weitere Maßnahmen realistisch sei.

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In der kommenden Woche solle die Entwicklung der Pandemie zudem auf europäischer Ebene mit allen EU-Staats- und Regierungschefs diskutiert werden, sagte die Kanzlerin nach diesen Angaben weiter.

Derzeit gebe es einfach keinen Spielraum für Öffnungen. Die in Großbritannien aufgetauchte Variante des Coronavirus verbreite sich viel schneller als die ursprüngliche Form, Wissenschaftler seien in großer Sorge. Die Mutation des Virus sei nach Ansicht aller sehr aggressiv, deren Verbreitung müsse verlangsamt werden. Gefragt sei „sehr schnelles Handeln“.

Zudem ist das Verhalten der Bundesbürger im zweiten Corona-Lockdown nach einer Analyse des Robert Koch-Instituts weiterhin zu inkonsequent, um die Pandemie zeitnah in den Griff zu bekommen. Auch die bisherigen Pandemieregeln gehen dem Bundesinstitut nicht weit genug.

„Diese Maßnahmen, die wir jetzt machen – für mich ist das kein vollständiger Lockdown“, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Donnerstag. „Es gibt immer noch zu viele Ausnahmen, und es wird nicht stringent durchgeführt.“ Mit Blick auf ansteckendere Mutationen des Coronavirus ergänzte er: „Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Lage noch verschlimmert.“

Treffen schon Montag oder Dienstag

Einen Bericht der „Bild“-Zeitung, wonach im Kanzleramt über die Einstellung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs nachgedacht werde, wies Merkel nach Angaben mehrerer Teilnehmer zurück.

Gesundheitsminister Jens Spahn sagte nach diesen Angaben in der Sitzung, man sei in der schwersten Phase der Pandemie. Auch im Ausland sehe man, dass auch Corona-Impfungen einen Lockdown nicht verhindert hätten. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus lobte in der Sitzung, dass die Bundeswehr 10.000 weitere Soldaten zum Kampf gegen die Corona-Pandemie einsetze.

Mehr als 22.000 neue Corona-Fälle

Bisher ist es nach der RKI-Statistik nicht gelungen, die Infektionsraten in Deutschland massiv zu drücken. Mehr als 22.000 neue Covid-Fälle meldete das Institut am Freitag. Damit bleibt es trotz kleiner Lichtblicke, die noch keinen Trend belegen, bei einem viel zu hohen Plateau.

Die Quittung für die seit Wochen hohen Infektionszahlen gibt es jeden Tag in Alten- und Pflegeheimen, auf den Intensivstationen und beim Blick auf Todesfallzahlen. Am Donnerstag meldete das RKI einen Höchststand mit 1244 Toten, auch am Freitag wurden mehr als 1000 Verstorbene gemeldet.

Das RKI hält deshalb auf der Basis von Rechenmodellen einen strengeren Lockdown für sinnvoll. Regeln, die zu weniger Kontakten führten, müssten verschärft werden, sagte Epidemiologe Dirk Brockmann. „Alle Modelle sind sich einig, dass das massiver und effektiver passieren muss.“ Deutschland müsse in eine Phase kommen, in der die Inzidenz substanziell und schnell heruntergehe. So wie im Frühjahr.

Kretschmann für „weitere und schärfere Maßnahmen“

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will sich bereits für „weitere und schärfere Maßnahmen“ einsetzen, kündigte er am Donnerstag an.

„Der Aspekt mit den Toten bedrückt mich enorm“, sagte RKI-Präsident Wieler. „Sehr viele finden wir in Pflege- und Altenheimen.“ Die Einrichtungen müssten besser geschützt werden. Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, findet deutlichere Worte. „Die vielen Infektionen und hohen Todesraten unter den 900.000 Pflegeheimbewohnern sind vor allem auf mangelnde Hygiene zurückzuführen“, kritisierte er.

Es gebe kaum noch externe Kontrollen durch die Gesundheitsämter und weiterhin keine verpflichtenden Tests vor jedem Dienstbeginn und Besuch. „Das ist die toxische Mischung.“ Bisher versagten Bund, Länder, Gemeinden und auch die Einrichtungen vor Ort bei dieser lebensentscheidenden Aufgabe.

Sonntagsausflüge nahmen im Dezember kaum ab

Inkonsequenz beim Befolgen der Pandemieregeln in Deutschland kann für Wieler viele Gesichter haben: Firmen zum Beispiel, die gute Hygienekonzepte für ihre Büros haben – doch dann treffen sich große Gruppen von Kollegen zum Mittagessen in der Kantine. „Es braucht mehr verantwortungsvolle Arbeitgeber“, mahnte er. Und Homeoffice, wo es geht.

Es braucht aber wohl auch mehr verantwortungsvolle Bürger. Die Sonntagsausflüge im Dezember nahmen nach der RKI-Mobilitätsanalyse zum Beispiel kaum ab – ganz anders als beim ersten Lockdown im Frühjahr. Weihnachten gab es weniger weite Reisen, doch insgesamt ging die Mobilität nach Brockmanns Analyse im Vergleich zum Vorjahr nur um zehn bis 15 Prozent zurück. Das reiche nicht.

„In allen Bereichen gibt es Luft nach oben“, bilanzierte Wieler. Er zeichnet ein Bild für das Verhalten im Land: „Das ist, als ob Sie im Regen stehen, den Schirm nicht aufspannen und dann hinterher sagen, der Schirm funktioniert nicht.“

Mutationssituation in Deutschland noch nicht abschätzbar

Im Moment ist zudem laut Wieler die Mutationssituation in Deutschland noch nicht abschätzbar. Doch klar sei: Die ansteckenderen Virusvarianten hätten Reisende aus Großbritannien und Südafrika mitgebracht. Bislang gebe es rund 20 Belege in Deutschland. Deshalb Wielers Appell: Bitte, wenn möglich, nicht reisen!

Zum Schutz aller geht es darüber hinaus um Regeln, die der RKI-Chef seit Wochen gebetsmühlenartig wiederholt: möglichst wenige Menschen treffen und wenn, dann am besten draußen. Abstand halten, Masken tragen, Händewaschen. Zu Hause bleiben und zu Hause arbeiten, wo und wann immer das möglich ist.

Das Impfen als Weg aus der Pandemie wird dauern. Mit 840.000 Menschen sei nun rund ein Prozent der Bevölkerung geimpft, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Damit habe der Weg heraus aus der Pandemie begonnen.