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Merkel und Macron: Einigung bei Rüstung, Annäherung bei EU-Erweiterung

Vor Inkrafttreten der Strafzölle gegen Airbus besuchen die Regierungschefs gemeinsam den Flugzeugbauer und einigen sich auf Rüstungsexport-Regeln.

Der deutsch-französische Ministerrat in Toulouse ist zum Tag voller Gemeinsamkeiten und abgestimmter Botschaften der Einigkeit geworden, an dessen Ende doch noch eine kleine Differenz steht. Deutsche und Franzosen wehren sich gemeinsam gegen handelspolitische Zumutungen der Amerikaner und kommen sich in der Rüstungspolitik näher. Auch den Aachener Vertrag beginnen sie mit Leben zu füllen. Sogar beim Brexit glauben sie „an eine Einigung zwischen der EU und Großbritannien“, Bundeskanzlerin Angela Merkel wie Staatspräsident Emmanuel Macron.

Doch was die Erweiterung der EU um Mazedonien und Albanien angeht, ist man unterschiedlicher Ansicht: Merkel hebt hervor, dass beide Länder „eine Beitrittsperspektive haben“, auch wenn man das Verfahren reformieren müsse.

Macron wirkt an diesem Punkt etwas angefasst. „Wir machen in Europa teils bizarre Dinge: Wir haben die Visumfreiheit für beide Länder eingeführt noch vor der Eröffnung der Beitrittsverhandlungen, heute haben wir Tausende Albaner, die Asyl beantragen, da kann ich doch nicht meinen Bürgern erklären, in dem Land stehe alles so gut, dass man die Verhandlungen eröffnen könnte!“ Von den Deutschen habe er gelernt, sagte Macron nicht ohne Ironie, dass man immer in der richtigen Ordnung vorgehen müsse, „und an diesem Punkt bin ich es, der sagt: da brauche ich noch etwas Zeit.“

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Beim EU-Gipfel Donnerstag und Freitag soll auch über die Beitrittsfrage gesprochen werden, doch Frankreichs will davon nichts wissen, so lange das Verfahren nicht reformiert ist. Künftig müsse es möglich sein, in Verhandlungen notfalls auch einen Schritt zurück zu gehen und sie nicht nur einzufrieren. Auch Merkel ist zu einer Reform bereit, beide Länder wollen weiter über diese Frage sprechen und nach einer Einigung suchen.

Gefunden haben sie die bereits bei einem Thema, das sehr lange strittig war, den gemeinsamen Exportregeln für Rüstungsgüter. „Wir haben ein rechtlich verbindliches Abkommen vereinbart“, sagte Macron auf der gemeinsamen Pressekonferenz. Die deutsche Seite sieht zwar nur eine Paraphierung, das heißt: Einigung über den Text, aber noch keine Rechtsverbindlichkeit. Aber die Kanzlerin sieht keine Hürden mehr: „Das Auswärtige Amt war führend an den Verhandlungen beteiligt, das wird bekanntlich von einem SPD-Mitglied geleitet.“

Künftig soll die Ausfuhr von Gütern, die auf staatliche Programme wie den Eurofighter zurückgehen, nicht mehr behindert werden. Sollte ein Teilnehmer Bedenken geltend machen, müsste er nachweisen, dass tatsächlich seine elementaren Sicherheitsinteressen berührt sind. Für Zulieferungen wird eine Mindestschwelle von voraussichtlich 20 Prozent verabredet. Liegt der nationale Anteil der Zulieferung darunter, können Exporte des fertigen Produkts nicht gebremst werden.

Fragen nach heiklen Ländern wie Saudi-Arabien umschiffte Merkel: Über einzelne Staaten habe man nicht gesprochen, das sei ein Abkommen für viele Jahre. Macron ergänzte, dass der gemeinsame Exportstopp für Waffen in die Türkei ja zeige, dass man sich einig sei. Bei Saudi-Arabien habe Frankreich Garantien dafür, dass nicht in den Jemen geliefert werde. Allerdings sind gerade dort französische Waffen aufgefunden worden.

Minimale Ergebnisse bei Rüstungsprogrammen

Angela Merkel wie Emmanuel Macron warnten die Türkei wegen deren Offensive in Syrien gegen die Kurden: „Wir waren sehr weit im Kampf gegen den Islamischen Staat, nun besteht die Gefahr, dass er wiedererstarkt.“ Es gebe berechtigte Sicherheitsinteressen der Türkei, die müssten aber „auf dem Verhandlungsweg verfolgt werden, nicht durch die Vertreibung sehr vieler Menschen.“ Von neuen Sanktionen sprachen aber weder die Kanzlerin noch der Präsident, sie erinnerten lediglich an das Waffenembargo.

Nur das Minimum lieferten Merkel und Macron bei den gemeinsamen Rüstungsprogrammen. Merkel stellte zwar in Aussicht, dass es beim künftigen Panzer oder dem Kampfflugzeug der Zukunft um „historische Vorhaben“ gehe, aus denen sogar so etwas wie ein neuer Airbus entstehen könne.

Doch die Zusage für die nötigen Finanzmittel, auf die Frankreich und die Industrie gehofft hatten, die gab es nicht. 220 Millionen Euro wünschen sich die beteiligten Unternehmen für die nächsten drei Jahre, für die ersten Schritte zur Entwicklung so genannter Demonstratoren. Deutschland aber will erst, dass sich alle beteiligten Firmen einigen. Bei den Motoren für das Kampfflugzeug streiten sich aber noch die deutsche MTU und die französische Safran um die jeweiligen Anteile am Projekt.

Ein politisches Statement gaben die beiden Spitzenpolitiker mit ihrem Besuch bei Airbus ab. Am Freitag sollen amerikanische Strafzölle auf Flugzeuge von Airbus und eine Vielzahl weiterer europäischer Produkte in Kraft treten. 7,5 Milliarden Dollar (6,8 Milliarden Euro) ist das Volumen.

„Wir wollen Airbus zur Seite stehen, um unser Vertrauen in das Unternehmen auszudrücken angesichts all dessen, was auf es zukommt“, sagte Macron bei einem Treffen mit jungen Auszubildenden des Flugzeugbauers, das in einem A350 stattfand. Merkel pflichtete ihm bei: „Wir sind beide stolz auf dieses Unternehmen von Weltrang und wollen alles dafür tun, damit es in den kommenden Jahren Erfolg hat.“ 50 Jahre besteht Airbus jetzt, „in dieser Zeit ist eine enge Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern entstanden“, erläuterte die Kanzlerin.

Was Macron und Merkel formulieren, kann man als Beistandspakt verstehen: Wer Airbus angreift, wendet sich gegen Frankreich und Deutschland. Auch wenn die Welthandelsorganisation WTO die USA ermächtigt hat, Strafzölle wegen vergangener Airbus-Subventionen zu verhängen: Die Europäer verstehen das als eine unnötige Verschärfung der transatlantischen Handelsspannungen und warnen die Amerikaner davor, nicht über die Stränge zu schlagen.

Beim Besuch ist der gesamte Airbus-Vorstand angetreten und wird von CEO Guillaume Faury vorgestellt. Mit dabei ist René Obermann, Mitglied des Verwaltungsrats, der „planmäßig nach der nächsten Hauptversammlung 2020 den Vorsitz des Verwaltungsrats übernehmen“ wird, wie er dem Handelsblatt bestätigt.

Warten auf die WTO

Die Bundesminister Olaf Scholz und Peter Altmaier, Merkels Wirtschaftsberater Lars-Hendrik Röller und ihre französischen Kollegen Bruno Le Maire und Clément Beaune, Macrons Monsieur Europe, besprechen im Hintergrund die gemeinsame Agenda.

Ganz oben steht die Reaktion auf die bevorstehenden US-Sanktionen. „Es geht ja nicht allein um die Strafzölle“, richtet sich Scholz an Le Maire und Obermann, es gehe auch um den transatlantischen Handel insgesamt.

Beide Regierungen sind sich einig: Wenn die Amerikaner die handelspolitischen Feindseligkeiten eröffnen, wird Europa antworten. Aber nicht sofort, sondern erst dann, wenn die Welthandelsorganisation Anfang kommenden Jahres den Europäern das Recht gibt, selbst Strafzölle auf US-Waren zu verhängen wegen der illegalen Subventionen für Boeing.

„Wir sind für die WTO, deshalb akzeptieren wir auch, dass sie die USA jetzt zu diesen Zusatzzöllen ermächtigt hat“, wendet sich Scholz an Le Maire. Man solle nicht zu emotional reagieren. „Die Strafzölle sind aber wirtschaftlich und politisch völlig unsinnig und höchst schädlich“, antwortet der französische Minister.

„Ich habe in den nächsten Tagen ein Treffen mit (dem US-Handelsbeauftragten) Robert Lighthizer“, informiert Le Maire seinen Kollegen Scholz. Da wolle er noch mal versuchen, die Amerikaner für eine einvernehmliche Lösung zu gewinnen.

Paris hat noch eine leichte Hoffnung, dass Washington am Freitag nicht gleich den vollen Rahmen von 7,5 Milliarden Dollar ausschöpfen wird, sondern nur einen Teil. „Das beinhaltet eine doppelte Botschaft: ‚Wir wollen euch nicht zu hart treffen und wollen reden‘ ist die eine, die andere aber ist: ‚Wenn ihr nicht spurt, kommt es noch härter‘“, sagen Regierungskreise.

Europa werde zunächst abwarten, bis die nächste WTO-Entscheidung erfolgt, heißt es in der Umgebung von Macron. Sollten die USA aber sehr aggressiv werden, dann könne man bereits vorher reagieren. Die WTO hat die EU bereits vor Jahren ermächtigt, Strafzölle in Höhe von vier Milliarden Dollar (3,6 Milliarden Euro) wegen illegaler US-Steuersubventionen anzuwenden.

Die EU hat darauf verzichtet. „Sie könnte diese ältere Entscheidung aber unmittelbar in Kraft setzen, die Option liegt auf dem Tisch“, sagen Macrons Leute.