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Merkel: Deutschland kann sich höhere Verschuldung erlauben

Angela Merkel verteidigt in einem Interview den Wiederaufbaufonds und die Neuverschuldung. Auf dem Chefposten der Euro-Gruppe sähe sie gerne eine Frau.

Angesichts der beispiellosen Herausforderung durch die Corona-Pandemie darf Deutschland nach den Worten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Europa nicht nur an sich selbst denken. Man müsse in diesen Zeiten vielmehr zu einem „außergewöhnlichen Akt der Solidarität bereit“ sein, sagte Merkel der „Süddeutschen Zeitung“ und fünf weiteren europäischen Zeitungen unmittelbar vor Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am 1. Juli. Sie rief die EU auf, den „starken europäischen Binnenmarkt zu erhalten und in der Welt geschlossen aufzutreten“.

Merkel verteidigte den von Deutschland und Frankreich angeschobenen Wiederaufbaufonds. In einer solchen Krise müsse man das Notwendige tun, „und das Notwendige ist in diesem Fall etwas Außergewöhnliches“. Deutschland könne sich mit seiner niedrigen Verschuldungsrate eine höhere Verschuldung erlauben.

Es liege im deutschen Interesse, dass der Binnenmarkt stark sei, Europa zusammenwachse und nicht auseinanderfalle. „Was gut für Europa ist, war und ist gut für uns.“ Allerdings sollte man nicht zu oft die Existenzfrage stellen, sondern seine Arbeit tun.

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Die EU-Mitglieder haben hohe Erwartungen an Merkel und die Bundesregierung - insbesondere bei den Verhandlungen über den 750 Milliarden Euro schweren Hilfsfonds und den mittelfristigen Finanzplan von bisher 1,1 Billionen Euro. „Damit Europa bestehen kann, muss auch seine Wirtschaft bestehen.“

Nach der Finanz- und Euro-Krise sowie der Migrationskrise 2015 sei Europa „noch nicht ausreichend krisenresistent“, warnte Merkel. Der Wiederaufbaufonds könne nicht die eigene Wirtschaftsleistung der Mitglieder ersetzen. Die Debatte sollte auch nicht überfrachtet werden, etwa mit dem Wunsch nach Vertragsänderungen oder dem Recht zur Steuerschöpfung.

Merkel für Calvino als Euro-Gruppen-Chefin

Die Kanzlerin sprach sich in dem Interview zudem für Spaniens Wirtschaftsministerin Nadia Calvino als neue Chefin der Euro-Gruppe aus. „Es ist kein Geheimnis, dass Nadia Calvino eine Kandidatin ist, die auch Unterstützung in der deutschen Regierung hat“, sagte Merkel. „Aber die abschließende Entscheidung muss die Euro-Gruppe fällen. Ich freue mich außerdem immer, wenn Frauen eine führende politische Position bekommen. An der Spitze der Euro-Gruppe stand noch keine Frau.“

Neben Calvino sind auch der irische Finanzminister Paschal Donohoe und sein Amtskollege aus Luxemburg, Pierre Gramegna, im Rennen. Der oder die Vorsitzende der Euro-Gruppe organisiert die monatlichen Beratungen der Finanzminister der 19 Euro-Länder und lotet Kompromisse aus.

Die 51-jährige spanische Ökonomin Calvino ist Sozialdemokratin und frühere Generaldirektorin für den Gemeinschaftsetat der EU-Kommission. Sie ist seit Mitte 2018 Wirtschaftsministerin und vertritt ihr Land in der Euro-Gruppe.

Stationierung von US-Soldaten sei auch im Interesse der USA

Merkel äußerte sich auch zum Truppenabzug der US-Truppen aus Deutschland: Die Stationierung von US-Soldaten sei auch im Interesse der USA. „Amerikanische Truppen in Deutschland dienen sowohl dem Schutz Deutschlands und des europäischen Teils der Nato als auch den Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika“, sagte sie.

Zugleich bekräftigte Merkel, dass die Bundesregierung den Verteidigungsetat weiter anheben müsse. „In Deutschland wissen wir, dass wir mehr für die Verteidigung ausgeben müssen, und haben dazu in den letzten Jahren erhebliche Steigerungen erreicht und werden das für unsere militärischen Fähigkeiten weiter betreiben.“

Auch Europa müsse einen größeren Anteil leisten als im Kalten Krieg. „Wir sind aufgewachsen in der Gewissheit, dass die USA Weltmacht sein wollen. Wenn sich die USA nun aus freiem Willen aus der Rolle verabschieden sollten, müssten wir sehr grundsätzlich nachdenken“, sagte sie zum künftigen transatlantischen Verhältnis.

Trump hatte am Montag angekündigt, etwa 9500 Soldaten aus Deutschland abzuziehen und das Truppenkontingent auf 25.000 zu reduzieren. Er warf der Bundesregierung vor, ihren Nato-Verpflichtungen nicht nachzukommen und zu wenig für die Verteidigung auszugeben. Die Demokraten im US-Kongress legten einen Gesetzentwurf vor, um den Truppenabzug zu verhindern.

Die Bundeskanzlerin stellte sich den Fragen des Zeitungsverbundes „Europa“, dem neben der „Süddeutschen Zeitung“ „La Stampa“ (Italien), „La Vanguardia“ (Spanien), „Le Monde“ (Frankreich), „Polityka“ (Polen) und „The Guardian“ (Großbritannien) angehören.

Mehr: Das drittgrößte Euro-Land ist auf die Mittel aus dem neuen EU-Fonds angewiesen. Bisher fehlen jedoch die nötigen Pläne für die Milliarden.