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Mehr als jeder dritte Großkonzern kürzt die Vorstandsgehälter

27 der 71 größten Konzerne Europas bitten in der Pandemie das Topmanagement zur Kasse, zeigt eine Studie. Oft ist das der Fall, weil die Regierungen Druck machen.

Der Manager hatte 2020 auf eine höhere Vergütung gehofft. Die Corona-Pandemie macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Foto: dpa
Der Manager hatte 2020 auf eine höhere Vergütung gehofft. Die Corona-Pandemie macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Foto: dpa

Um das eigene Einkommen zu sichern, scheute Fritz Joussen Mitte Februar nicht einmal den Groll der Hauptversammlung. Der Tui-Chef verlangte damals von den Aktionären, die Leistungsvorgaben zu senken, nachdem er sie im Vorjahr gründlich verfehlt hatte. Von den vormals 5,5 Millionen Euro war ihm so nur die Grundvergütung von 1,1 Millionen Euro geblieben.

2020 sollte sich das keinesfalls wiederholen, so das Kalkül des Managers. Doch Joussens Volte ging ins Leere. Denn um den Weg frei zu machen für einen 1,8 Milliarden Euro schweren Hilfskredit der KfW, der Tui durch die Coronakrise helfen soll, erklärte der Vorstand im März zunächst einen Verzicht auf 30 Prozent der eigenen Grundvergütung. Kurz darauf folgte das Aus für sämtliche Bonuszahlungen.

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Mit ihnen darf die Tui-Geschäftsleitung erst wieder rechnen, wenn mindestens drei Viertel der 150 Millionen Euro zurückgezahlt sind, die Mitte August vom staatseigenen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) ins Unternehmen flossen.

Nicht nur dem Führungsteam von Deutschlands größtem Urlaubsanbieter geht es ans Portemonnaie, seit Corona tiefe Spuren in den Quartalsabschlüssen hinterlässt. Wie sehr sich der Pandemie-bedingte Gehaltsverzicht in Europas Großkonzernen inzwischen ausweitete, ermittelte jetzt die Vergütungsberatung HKP in Frankfurt.

„Bis zum Stichtag 23. Oktober“, berichtet Geschäftsführer Michael Kramarsch, „verkündeten 38 Prozent von ihnen Einschnitte bei der Vorstandsvergütung.“ Als Grundlage zogen die Berater die 71 Aktiengesellschaften heran, die in den Börsenindizes Stoxx Europe 50 und Euro Stoxx 50 gelistet sind. 27 von ihnen kappen demnach die Gehälter

Deutschlands Großkonzerne liegen dabei noch leicht unter dem Durchschnitt. Von den 15 deutschen Stoxx-Konzernen ist genau ein Drittel betroffen. Den Vorstand des Sportartikelanbieters Adidas traf es am schwersten. Das Führungsteam um Kasper Rorsted hatte gleich zu Beginn der Pandemie einen 2,4 Milliarden Euro schweren KfW-Kredit beantragt (von dem zeitweise 500 Millionen Euro in Anspruch genommen wurden) – und im Gegenzug auf Bonuszahlungen verzichtet, ebenso wie auf die Hälfte der Fixvergütung.

Großbritannien stärker betroffen

Auch in den Chefetagen vier weiterer deutscher Stoxx-Konzerne erklärte man sich zu Einschnitten bereit. Der Daimler-Vorstand verzichtete bis Ende 2020 auf ein Fünftel seiner Grundvergütung, ähnlich wie SAP-Chef Christian Klein, der das Geld als Spende weitergibt. Bei Siemens zahlte Vorstandschef Joe Kaeser eine Million Euro in einen Spendenfonds, der BASF-Vorstand reduzierte sein Fixgehalt im zweiten Quartal um 20 Prozent.

Dieselbe Quote wie in Deutschland gilt auch für die Schweiz, wo unter den sechs Stoxx-Mitgliedern der Industriekonzern ABB und der Bankkonzern UBS einen Teil der Vorstandsvergütung einbehalten. Ähnlich sieht es Frankreich aus. Dort beschnitten die Konzerne Danone, Engie, Kering und Schneider Electric das Grundgehalt ihrer Vorstände, LVMH und L'Oréal strichen einen Teil der Boni.

Die meisten Spitzenmanager in den übrigen Ländern Europas aber stehen weitaus schlechter da. In Spanien hat jedes zweite Stoxx-Unternehmen die Vorstandsgelder reduziert, in Italien sind es zwei von drei. Belgiens einziger Konzern aus dem europäischen Börsenindex, die Brauerei Anheuser-Busch Inbev, ist ebenso betroffen wie 42 Prozent aller Stoxx-Mitglieder Großbritanniens.

„Unternehmen, deren Mitarbeiter Gehaltskürzungen aufgrund von Kurzarbeit hinnehmen müssen“, sagt Ralph Lange von der Frankfurter Personalberatung Korn Ferry, „sind gut beraten, wenn die Führung mit gutem Beispiel vorangeht.“

Doch nicht selten sind es die Regierungen, die solche Einschnitte als Bedingung für finanzielle Hilfspakete anordnen. Neben Tui und zeitweise Adidas wird derzeit die Lufthansa mit neun Milliarden Euro Staatshilfe in der Luft gehalten. Die Inanspruchnahme des Rettungspakets kostet den Vorstand um Carsten Spohr ein Viertel des Grundgehalts. Weil darüber hinaus 5,7 Milliarden Euro aus dem WSF kommen, sind auf absehbare Zeit außerdem Bonuszahlungen tabu.

Die Gehaltsaussichten für Konzernchef Spohr reduzieren sich damit erheblich. Kassierte er im vergangenen Jahr noch 3,9 Millionen Euro an Gesamtbezügen, bleiben ihm für dieses Jahr voraussichtlich kaum 1,3 Millionen übrig.

Bei der Beratungsfirma HKP ist man sich sicher: „Bedingt durch derartige Verzichte und Vergütungsdeckelungen im Ergebnis staatlicher Unterstützungsmaßnahmen werden die Vergütungen der europäischen Topmanager 2020 deutlich sinken.“ Hinzu kämen im aktuellen Geschäftsjahr oftmals Ergebnisrückgänge, die bei vielen Spitzenmanagern die variablen Bezüge ohnehin schmälern.

„Tropfen auf den heißen Stein“

Dabei ging es schon 2019 mit den Vorstandsvergütungen längst nicht mehr so steil nach oben wie zuvor. Auf sechs Millionen Euro bezifferte HKP im vergangenen Jahr die durchschnittliche CEO-Direktvergütung eines in den Stoxx-Indizes gelisteten Unternehmens. Das entspricht lediglich einem Anstieg von 0,5 Prozent zum Vorjahr.

Lag der Spitzenwert 2018 noch bei 32,7 Millionen Euro, die der CEO von Anheuser-Busch Inbev kassierte, sank er 2019 auf 16,5 Millionen Euro – diesmal für Linde-Chef Steve Angel.

„Kürzungen bei Vergütungen des Topmanagements sind ökonomisch ein Tropfen auf den heißen Stein“, weiß HKP-Geschäftsführer Kramarsch. So bringt der Vergütungsverzicht im Lufthansa-Vorstand lediglich eine Entlastung von knapp zehn Millionen Euro – was einem Promille der Hilfssumme entspricht.

Der Corporate-Governance-Experte verteidigt die Kürzungen trotzdem. „Sie signalisieren: In dieser Krise sitzen wir alle im selben Boot.“