Corona ist ‘nicht gekannte’ Belastung; Gericht kippt Demo-Verbot

(Bloomberg) -- Die Zahl der Neuinfektionen mit dem neuartigen Coronavirus ist in Deutschland erneut gestiegen, die Bundeskanzlerin betont den Ernst der Lage, und Großbritannien verschärft die Quarantäne-Überwachung.

Für die deutschen Staatsfinanzen ist die Corona-Krise eine “nicht gekannte Belastung”, sagte Angela Merkel auf ihrer traditionellen Sommer-Pressekonferenz. Es sei richtig, wenn Deutschland sich jetzt hoch verschulde. Die Regierung beabsichtige, während der Krise das “Wirtschaftsleben soweit wie möglich am Laufen zu halten”, erklärte sie. “Es ist ernst, unverändert ernst, und nehmen Sie es auch weiter ernst”, so Merkel weiter. Der jüngste Anstieg der Infektionszahlen bereite ihr Sorgen, und in den nächsten Monaten werde manches “noch schwieriger” als jetzt im Sommer.

Ein Berliner Gericht hat das zuvor ausgesprochene Verbot einer Demonstration gegen die Corona-Politik in der Hauptstadt gekippt. Zu der für Samstag geplanten Kundgebung werden 22.500 Menschen erwartet. Die Teilnehmer müssten Abstandsregeln befolgen, sagte ein Gerichtssprecher.

Nach Kritik, die britische Überwachung der Einhaltung von Quarantänemaßnahmen sei zu lax, verschärft die Regierung die Kontrollen. Etwa 4.200 Personen seien der Polizei wegen möglicher Verstöße gemeldet worden, sagte Verkehrsminister Grant Shapps dem Sender TalkRadio. Wer glaube, er könne sich ohne Risiko über Anweisungen hinwegsetzen, irre sich, erklärte er. “Es gibt nicht nur Bußgelder, wenn man sich aus der Quarantäne entfernt, man kann auch einen Eintrag ins Strafregister bekommen.”

Derweil verbesserte sich das Wirtschaftsvertrauen in Europa weiter. Der Stimmungsindex der EU-Kommission stieg im August auf 87,7 und übertraf damit die meisten Schätzungen aus einer Bloomberg-Umfrage. Nachhaltige Verbesserungen gab es in der Industrie, im Einzelhandel und im Dienstleistungssektor. Jedoch hat sich die Stimmung noch immer nicht vollständig erholt; bis jetzt hat der Index erst 60% der Verluste wieder aufgeholt, die er im März und April erlitten hatte.

Weltweit ist die Zahl der Corona-Infektionen über 24,5 Millionen gestiegen, die Zahl der Todesfälle überschritt die Marke von 832.000. Peru hat Belgien als das Land mit den meisten Corona-Toten im Verhältnis zur Bevölkerungszahl abgelöst. In dem südamerikanischen Land liegt die Zahl liegt bei 86,2 Toten je 100.000 Einwohner.

In Deutschland wurden nach Angaben der Johns Hopkins Universität vom Freitagmorgen in den zurückliegenden 24 Stunden 1.561 Neuansteckungen registriert, verglichen mit 1.431 am Vortag. Die bisherigen Höchstwerte bei den Neuinfektionen in Deutschland hatten Ende März an manchen Tagen bei knapp 7.000 gelegen.

Seit Beginn der Pandemie haben sich in der Bundesrepublik insgesamt 240.571 Personen mit dem Virus angesteckt. Deutschland liegt damit auf dem 20. Platz weltweit.

Es wurden fünf weitere Todesfälle im Zusammenhang mit einer Covid-19-Infektion gemeldet. Die Gesamtzahl der Todesfälle stieg damit auf 9.290.

Laut Robert Koch Institut am Vorabend fiel die Reproduktionszahl, der sogenannte 4-Tage-R-Wert, auf 0,83, von 0,85 am Tag zuvor. Der 7-Tage-R-Wert, der Schwankungen stärker ausgleicht, wurde mit 0,94 angegeben.

Das R-Maß gibt an, wie viele weitere Menschen ein Infizierter im Durchschnitt ansteckt; die Zahl sollte unter 1,0 liegen, um eine exponentielle Ausbreitung zu verhindern, die das Gesundheitssystem überfordern könnte.

(Ergänzt um weitere Merkel-Kommentare, Demo gegen Coronapolitik, weltweite Zahlen)

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