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Marlboro-Konzern macht Juul-Gründer zu Milliardären

Ein Zimmer im neu eröffneten Hamburger Hotel Tortoise kostet 175 Euro die Nacht. Adam Bowen and James Monsees hatten sich also eine vergleichsweise günstige Unterkunft besorgt, als sie vor einer Woche in Hamburg in einem Handelsblatt-Interview den Deutschland-Start ihrer E-Zigarette Juul ankündigten. Künftig könnten sie theoretisch einfach das legendäre Vier Jahreszeiten an der Alster kaufen. Denn seit Donnerstag sind die beiden die ersten E-Zigaretten-Milliardäre des Planeten.

Stolze 12,8 Milliarden Dollar zahlt der US-Tabakkonzern Altria an die beiden Gründer und ihre Partner für 35 Prozent an dem jungen Unternehmen. Eingepreist ist viel Hoffnung. Zwar hat Juul in den USA einen hohen Marktanteil am Geschäft mit Verdampfern – zuletzt nannte Juul einen Anteil von fast drei Vierteln, in der Mitteilung von Altria ist von einem Drittel die Rede. Doch im Vergleich zum Tabakmarkt ist das in jedem Fall ein Krümel. Und die Auslandexpansion beginnt gerade erst.

Die Verdampfer wecken sehr viel Fantasie bei den Tabak-Managern. Juul behauptet, es sei erstmals gelungen, Nikotin ebenso stark in die Blutbahn der Nutzer zu schießen wie bei einer echten Zigarette. Herkömmliche E-Zigaretten kranken daran, dass starke Raucher nicht immer denselben Kick verspüren wie bei Tabak. Zugleich verspricht die Verdampfer-Technik ein wesentlich geringeres Risiko als bei Tabak-Verbrennung.

Die Tabakindustrie könnte also mit Juul ihre drängenden Probleme loswerden: Ihre Kunden müssten sich nicht mehr vor sich selbst und anderen für ihren schädlichen Konsum rechtfertigen, so zumindest die Werbung der Unternehmer. Zugleich macht Juul genauso abhängig wie die klassische Zigarette.

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„Wir ergreifen signifikante Schritte um uns auf eine Zukunft vorzubereiten, in der Raucher ganz überwiegend nicht-brennbare Produkte gegenüber Zigaretten bevorzugen“, sagte Altria-Chef Howard Williard am Donnerstag. „Mit Juul machen wir die größte Investition in diese Richtung in unserer Unternehmensgeschichte.“

Dafür ist Altria bereit, viel Geld zu zahlen. Der Konzern mit knapp 20 Milliarden Dollar Jahresumsatz ist aus der Aufspaltung von Philip Morris entstanden. In den USA vertreibt er vor allem die Marke Marlboro. Altria hat zudem Zugriff auf den von Philip Morris für viel Geld entwickelten Tabakverdampfer iQos, der in den USA allerdings noch nicht zugelassen ist.

In Europa und Asien vermarktet Philip Morris die Technik mit ähnlichen Versprechen, wie sie Juul macht: Auch bei iQos soll das Nikotin wie gewohnt ins Blut gehen. Weil echter Tabak verdampft – statt wie bei Juul eine Flüssigkeit – soll das Gefühl noch näher an der Zigarette sein. Dafür verströmt iQos jedoch mehr Schadstoffe als eine E-Zigarette – wenngleich auch deutlich weniger als eine klassische Zigarette.

Altria will als Teil des Deals Raucher explizit auffordern, zu Juul zu wechseln. Dazu soll Marlboro-Schachteln demnächst Juul-Werbung beiliegen. Zudem soll Juul das Altria-Vertriebsnetz nutzen, um in mehr Läden zu kommen. Juul wolle mit dem eingenommenen Geld nicht nur Mitarbeiter und Anteilseigner beteiligen, sondern für mit einer Milliarde Dollar die eigene Entwicklung vorantreiben.

Altria sichert zu, seine sonstigen E-Zigaretten-Bemühungen dafür aufzugeben. Der Konzern hatte eigene E-Zigaretten entwickelt. Sechs Jahre bindet sich der Konzern vertraglich zusätzlich zum Investment exklusiv an das junge Unternehmen. Dafür bekommt es ein Vorkaufsrecht, um bei Kapitalerhöhungen, um seine 35 Prozent Anteil zu erhalten. Aufstocken darf der Tabakriese seine Anteile aber nicht. Der finanzstarke Konzern Altria finanziert den Deal über Kredite bei JP Morgan.

Die beiden Juul-Gründer, die sich schon im Studium in Stanford mit Alternativen zum Tabak beschäftigt haben, sind damit in kurzer Zeit schwerreich geworden. Beide arbeiten weiter im Unternehmen. Das ist jetzt mit 38 Milliarden Dollar bewertet – und damit mehr Wert als andere Stars des Silicon Valleys wie Airbnb und Elon Musks Raketenunternehmen Space X. Innerhalb weniger Monate, seit dem letzten Deal mit dem Investor Tiger Global, hat sich der Unternehmenswert mehr als verdoppelt.

In den USA ist Juul jedoch auch Kritik ausgesetzt. Die besonders attraktive Bauform und ein sehr hoher Nikotingehalt habe die E-Zigarette bei jungen Leuten zur Mode gemacht, kritisieren Verbraucherschützer. Damit würden wieder mehr Minderjährige nikotinabhängig.

Weiterer Kritikpunkt: Juul setzt drauf, dass die Nutzer am Nikotin hängenbleiben. Klassische E-Zigaretten mit selbsteinfüllbaren Liquids ermöglichten hingegen schrittweise Reduzierung bis zum Ausstieg. Doch daran, dass die Menschen aufhören, Nikotin zu konsumieren, kann Altria nach dem milliardenteuren Investment kein Interesse haben. „Vielleicht ist es ein Silicon-Valley-Ansatz, aber ich bin überzeugt: Den Leuten gute Alternativen zu bieten, ist viel effektiver als Verbote oder Vorschriften“, sagte Gründer Monsees vergangene Woche im Handelsblatt-Interview. Seine Mission sei die Abschaffung des Tabaks – nicht des Nikotins. Ähnlich äußerte sich am Donnerstag auch Altria-Chef Williard.

Zur Ruhe setzten werden sich die beiden Selfmade-Milliardäre wohl trotz des aktuellen Deals nicht. „ Das Wort Exit ist immer etwas komisch. Unser Unternehmen soll doch noch nicht mit irgendeiner Finanzaktion enden. Wir machen das normale Tagesgeschäft – dazu gehört sicher auch, Mitarbeiter für ihren Erfolg zu belohnen und Investoren der ersten Stunde am Erfolg teilhaben zu lassen. Wir haben noch einen langen Weg vor uns“, sagte Monsees in dem Gespräch. Er wird also auch künftig wenig Zeit haben, um Luxushotels zu genießen.