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Marken für Millennials: Weltkonzerne müssen massiv ins Marketing investieren

Kleine Unternehmen werden für große Marken wie Heinz, Nivea oder Milka zur Gefahr. Die Branche investiert plötzlich kräftig – zulasten der Margen.

Sparen zugunsten der Rendite – so lautete jahrzehntelang ein Glaubenssatz großer Markenartikler. Doch dieses Paradigma gilt nicht mehr. „Es gab einige, die in den letzten fünf, sechs Jahren dachten, sie hätten ein neues Modell für die Konsumgüterbranche gefunden“, sagt Dirk Van de Put, Vorstandschef des US-Süßwarenkonzerns Mondelez, dem Handelsblatt. „Die Margen sind gestiegen, indem wir extrem stark auf Kosten geschaut haben. Irgendwann aber schädigt das die Unternehmen – deshalb steuern fast alle um, auch wir.“

So hat Mondelez unter anderem eine Initiative namens „Snack Futures“ gestartet. Ihre Mission, so Van de Put: „Neue Marken zu erfinden, alte zu überarbeiten und externen Gründern Risikokapital zu geben.“ Zu dem US-Konzern gehören Marken wie Milka, Oreo und Cadbury.

Auch andere Teile der Marken-Welt investieren kräftig: Binnen weniger Monate haben gleich mehrere Konzerne angekündigt, zusätzliches Geld in Marketing und Innovation zu stecken – darunter Kraft-Heinz, Beiersdorf und Henkel.

Allein die beiden Marken-Werte im Dax kündigten Mehrausgaben von 80 Millionen Euro (Beiersdorf), beziehungsweise 300 Millionen Euro (Henkel) an. Kraft-Heinz schrieb auf seine Marken gar Milliarden ab. „Das sehen wir durch die Bank“, sagt Thomas Harms, Partner bei der Beratung EY. Marge sei nicht mehr die Top-Priorität, sondern Wachstum.

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Marken halten Sparprogramme aus

Kurzfristig ausgerichtete Anleger dürfte der Paradigmenwechsel weniger freuen: Schließlich sinken zunächst die Margen, der Spielraum für Dividendenerhöhungen sinkt. Doch mittelfristig könnten die Mehrausgaben verhindern, dass die Marken an Wert verlieren.

In den vergangenen Jahren hatte die Konsumgüterbranche auf die sinkende Wachstumsdynamik in den Schwellenländern und den zunehmenden Preisdruck in Europa und Nordamerika mit Sparmaßnahmen reagiert. Wenn nicht durch Mehrumsatz, so sollte der Gewinn eben durch mehr Effizienz steigen. Dazu kamen Großfusionen und Zerschlagungen, die den Aktionären Geld brachten. So ist etwa Mondelez 2012 durch die Abspaltung von Kraft entstanden.

Klaus-Dieter Koch, Gründer der Markenagentur Brand-Trust sagt: „Marken sind sehr zähe Gebilde. Sie halten Sparprogramme eine ganze Zeit aus“ – aber eben nicht ewig. Handel und Konsumenten verlören den Glauben an die Kraft großer Weltmarken und schwenkten zu kleineren, liebevoller gepflegten Marken um.

Die Konzerne strichen hingegen Marketingbudgets zusammen und stellten kleine Marken ein. In der Folge stiegen die Margen scheinbar unaufhörlich. Doch die Strategie kommt an ihre Grenzen: Newcomer und lokale Wettbewerber nutzen die Schwächen der Großen gnadenlos aus. Weltweit gewinnen laut Marktforschern kleinere Unternehmen Marktanteile, die die Weltmarken abgeben.

Edeka-Chef Markus Mosa nahm kurz vor Ostern kein Blatt vor den Mund: Er sehe nicht ein, dass Handel und Verbraucher für die Börsenfantasien von Markenartiklern zahlen sollten, sagte er in einer Journalistenrunde.

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Bei Worten belässt er es nicht. Edeka lässt inzwischen seine eigene Ketchup-Marke produzieren, um dem Weltkonzern Kraft-Heinz zu zeigen: Wir können auch ohne euch.

Die Sparerei übertrieben

Das Osterfest dürfte für Kraft-Heinz-Chef Bernardo Hees auch so kein wirklich schönes gewesen sein. Am Montag gab der Konzern bekannt, sich zu Ende Juni von seinem CEO zu trennen. Hees‘ Posten wird Miguel Patricio übernehmen, der lange beim Biergiganten Anheuser-Busch InBev tätig war.

Die Renditejagd, für die Hees wie kaum ein anderer stand, scheint damit endgültig am Ende. „Der ein oder andere hat es mit der Sparerei übertrieben“, sagt EY-Partner Thomas Harms. „Diese Unternehmen leiden nun unter rückläufigen Marktanteilen.“

Nicht nur der US-Konzern Kraft-Heinz spürt den Effekt. In Deutschland schwächelt etwa Henkels Kosmetikmarke Schwarzkopf. Beide Konzerne galten in den vergangenen Jahren in ihrer jeweiligen Heimat als Vorbilder für effizientes Wirtschaften.

Die Konsumgüterriesen schwenken nun um – spät, aber energisch. Beiersdorf-Chef Stefan De Loecker verteidigte kürzlich seine Entscheidung, im Jahr 80 Millionen Euro zusätzlich auszugeben. „Die Verbrauchererwartungen ändern sich rasend schnell“, warnte er. Innerhalb weniger Jahre hätten kleine, spezialisierte Marken 40 Prozent des europäischen Hautpflege-Massenmarkts erobert. Eine Bedrohung für Weltmarken wie Nivea.

„Social Media bietet keinen finanziellen Vorteil mehr"

Der Strategieschwenk sei dringend nötig, meint Markenexperte Koch. Er sieht die gesamte Branche vor einem „Kommunikationsbruch“. Gerade junge Konsumenten wollen mit den Herstellern direkt kommunizieren. Die Konzerne müssen nun eigene Abteilungen aufbauen, die Ressourcen und Kompetenzen haben, etwa über Social Media für das Unternehmen zu sprechen.

„Das kostet natürlich Geld“, sagt Koch. Anders als in den Anfangstagen sei Kundenkontakt über Facebook oder Instagram nicht mehr kostenlos zu haben. „Social Media bietet keinen finanziellen Vorteil mehr, sondern ist so teuer wie andere Werbung auch.“

Als Vorbild gilt nun nicht mehr Sparweltmeister Kraft-Heinz, sondern L‘Oréal. Die Franzosen wachsen, indem sie bei Millennials beliebte lokale Nischenmarken wie Urban Decay und Essie aufkaufen und mit viel Geld weltweit systematisch groß machen – besonders über Onlinemarketing.