Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    18.492,49
    +15,40 (+0,08%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.083,42
    +1,68 (+0,03%)
     
  • Dow Jones 30

    39.807,37
    +47,29 (+0,12%)
     
  • Gold

    2.254,80
    +16,40 (+0,73%)
     
  • EUR/USD

    1,0778
    -0,0015 (-0,14%)
     
  • Bitcoin EUR

    65.191,25
    +563,97 (+0,87%)
     
  • CMC Crypto 200

    885,54
    0,00 (0,00%)
     
  • Öl (Brent)

    83,11
    -0,06 (-0,07%)
     
  • MDAX

    27.043,04
    -48,91 (-0,18%)
     
  • TecDAX

    3.454,38
    -2,98 (-0,09%)
     
  • SDAX

    14.294,62
    -115,51 (-0,80%)
     
  • Nikkei 225

    40.426,08
    +258,01 (+0,64%)
     
  • FTSE 100

    7.952,62
    +20,64 (+0,26%)
     
  • CAC 40

    8.205,81
    +1,00 (+0,01%)
     
  • Nasdaq Compositive

    16.379,46
    -20,06 (-0,12%)
     

Mario Draghi verteidigt Zinsentscheid

Die Anspannung hielt sich in Grenzen: Praktisch alle Analysten hatten im Vorfeld der aktuellen Zinssitzung damit gerechnet, dass Notenbankchef Mario Draghi nichts an der Geldpolitik verändert. Dabei ist es geblieben. Der Anteil an überraschenden Neuigkeiten beim Zinsentscheid beläuft sich auf null Prozent. So hoch liegt auch in Zukunft der Schlüsselzinssatz für die Refinanzierung von Geschäftsbanken. Allerdings dürfte das eiserne Festhalten an der bisherigen Geldpolitik nicht nur auf Zustimmung stoßen: Die Inflation ist in Deutschland wieder angestiegen – auf zwei Prozent, wie das Statistische Bundesamt heute bekanntgab. Auf der Pressekonferenz ab 14:30 Uhr wurden Mario Draghi viele kritische Fragen gestellt. Die Ereignisse des Tages zum Nachlesen.

So hat die Europäische Zentralbank entschieden:

  • Der Leitzins bleibt unverändert bei null Prozent.

  • Das Kaufprogramm für Staatsanleihen bleibt bei monatlich 60 Milliarden Euro bis Dezember 2017.

  • Der Einlagezinssatz für Banken bleibt unverändert bei minus 0,4 Prozent.

  • Die EZB hat angekündigt, der Leitzins werde auch weit über die Zeit des Anleihekauf-Programms hinaus auf dem aktuellen Niveau – oder sogar noch tiefer – verharren.

+++ Wie sieht der Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik aus? +++

Draghi betont, dass die negativen geopolitischen Einflüsse aktuell den größten Einfluss auf die Entwicklung der Euro-Zone hätten. Der Präsident der Europäischen Zentralbank stellt noch einmal klar, dass weiterhin die bekannte Reihenfolge bei einem möglichen zukünftigen Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik gelte: Zuerst würde in diesem Fall das Anleihekaufprogramm zurückgefahren, erst danach könnte über Zinssenkungen nachgedacht werden. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass die aktuelle Niedrigzinsphase bis weit über das Jahresende 2017 hinaus anhält. Im Anschluss bedankt sich Mario Draghi bei den versammelten Journalisten und beendet die Pressekonferenz.

WERBUNG

+++ Möglicher Austritt Frankreichs aus der Euro-Zone +++

Die französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen hat sich für einen Euro-Austritt Frankreichs ausgesprochen. Welchen Einfluss hat dies auf das Treffen des EZB-Rats gehabt, ist eine Frage. Draghi betont, der Rat diskutiere nicht über einzelne politische Entwicklungen. Er halte an seiner Aussage fest, dass sich die zyklische Erholung der Euro-Zone wahrscheinlich fortsetzen werde.

+++ Globale Risiken und der Einfluss des Brexit +++

Mario Draghi soll genauer erklären, was er mit dem Einfluss globaler Risiken gemeint hat. Draghi sagt, die politischen Risiken in der Euro-Zone hätten in den vergangenen Monaten eher abgenommen. Dafür hätten jedoch die geopolitischen Risiken zugenommen. Ein wichtiges europäisches Thema sei der anstehende Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Die Unsicherheit über die Länge der Verhandlungen und die finale Ausgestaltung des Austritts führe schon heute zu negativen ökonomischen Effekten. Draghi ruft dazu auf, nicht zu vergessen, dass die Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und der EU auch in Zukunft bestehen blieben.

+++ Strukturreformen +++

Strukturreformen seien in der Euro-Zone nicht in dem Umfang durchgeführt worden, wie es nötig gewesen wäre. Insbesondere die Innovationsschwäche sei ein europäisches Problem. Zu selten seien Innovationen weitergegeben oder sogar neu entwickelt worden. Strukturreformen könnten die Weitergabe von Innovationen befeuern, etwa durch eine Rückführung der Regulierung. In vielen Ländern sei die Umsetzung entsprechender Reformen jedoch schwierig.

+++ Globalisierung +++

Die Globalisierung habe einen positiven Einfluss auf viele Staaten gehabt, sagt der EZB-Präsident, das sei unbestritten. Jedoch müsse ihr Einfluss sozial abgefedert werden für diejenigen Menschen, die negativ durch die Globalisierung beeinflusst worden seien.

+++ Einfluss einzelner Länder auf die Entscheidungen +++

Draghi betont, dass die Zentralbank ihre Geldpolitik ausschließlich an Durchschnittswerten ausrichte. Die Entwicklung in einzelnen Ländern spiele für die Entscheidungsfindung keine Rolle. Auch die Konjunktur spiele keine Rolle; das eigene Mandat umfasse nur das Ziel der Preisstabilität.

+++ Globale Einflüsse +++

Bezüglich der globalen Unsicherheiten kommt ein Journalist auf die Treffen von Mario Draghi mit Vertretern der neuen US-Administration in Washington zu sprechen. Die wichtigste Schlussfolgerung ist laut Draghi die folgende: Es sei unreif, geldpolitische Beschlüsse auf der Basis aktueller Pläne der US-Regierung zu treffen. In Washington sei zu viel in Bewegung. Jedoch gebe es positive Nachrichten bezüglich der Wahrscheinlichkeit eines handelspolitisch protektionistischen Kurses – Trump könnte, im Klartext, von weiteren Handelsschranken absehen.

+++ Geschwindigkeit von Zinserhöhungen +++

Handelsblatt-Korrespondent Jan Mallien fragt nach den Erfahrungen verschiedener Zentralbanken mit verfrühten Zinserhöhungen. Gerade die EZB habe hier in der Vergangenheit negative Erfahrungen gemacht. Mario Draghi betont, die „biases“, Fehleinschätzungen der Vergangenheit hätten sich vor allem auf die Inflationsrate bezogen, nicht auf die Wachstumsrate. „Wir sind noch nicht soweit“, betont Draghi, eine Neueinschätzung der Wahrscheinlichkeit von Zinserhöhungen vorzunehmen.

+++ Wann steigt die EZB aus der lockeren Geldpolitik aus? +++

Die Gesamtsituation habe sich tatsächlich verbessert. Das Wirtschaftswachstum habe auf breiter und solider Basis angezogen, betont Draghi. Seit 2013 habe die Wirtschaftsentwicklung in der Euro-Zone von einem Quartal zum anderen angezogen. Der Unterschied sei, dass man nun nicht mehr nur von einer soliden, sondern sogar von einer breiten Basis spreche könne: Die positive Entwicklung habe nicht nur in einigen wenigen Staaten, sondern in den meisten angezogen. Insbesondere der Rückgang der Arbeitslosigkeit sei hervorzuheben, auch wenn eine Arbeitslosenquote von neun Prozent oder mehr weiterhin problematisch sei. Die Zuwächse auf dem Arbeitsmarkt hätten einen Teil der Jobverluste der letzten Wirtschaftskrise ausgeglichen. Auch hätten die europäischen Haushalte mehr Geld zum Ausgeben zur Verfügung – allerdings nicht aufgrund von gestiegenen Löhnen, sondern aufgrund einer höheren Beschäftigungsquote.

+++ Quantitative Easing +++

Das gerade aus Deutschland immer wieder kritisierte Programm der Quantitativen Lockerung verteidigt Mario Draghi auf Nachfrage. Der milliardenschwere Aufkauf von Staatsanleihen der Euro-Zone bei den Geschäftsbanken durch die EZB habe sich positiv auf die Inflationsentwicklung ausgewirkt – und werde daher fortgesetzt.

+++ Inflationsausblick +++

Aus Sicht der EZB gibt es keinen Grund, den Inflationsausblick zu verändern. Man sei weiterhin nicht davon überzeugt, dass die Inflation ohne Hilfe der geldpolitischen Maßnahmen dauerhaft im Rahmen des eigenen Zielbereichs liegen werde. Für einen optimistischeren Ausblick bestünde derzeit keine Veranlassung.

+++ Zukunft des Inflationspfads +++

Mario Draghi betont die Wichtigkeit eines nachhaltigen Inflationspfads. Zwar sei die Preissteigerung im Euro-Raum angezogen, auch aufgrund des Einflusses der Geldpolitik. Jedoch hätten insbesondere die Energiepreise weiter einen großen Einfluss. Draghi zitiert den jüngsten Anstieg der Ölpreise und sagt, die übergeordnete Aufgabe sei und bleibe, eine dauerhaft höhere Inflationsrate zu erreichen.

+++ Kritik von Wolfgang Schäuble +++

Draghi sagt, er kommentiere die Kritik an der Geldpolitik etwa aus dem deutschen Raum grundsätzlich nicht. Gleichzeitig erlaubt er sich aber einen Seitenhieb auf den deutschen Finanzminister: „Es ist doch ironisch, dass ausgerechnet diejenigen die Europäische Zentralbank kritisieren, die in der Vergangenheit immer deren Unabhängigkeit betont haben.“


„Wir machen keine Geldpolitik in Bezug auf politische Wahlen“

+++ Einfluss der Frankreich-Wahl +++

Auf die Frage, welchen Einfluss die französische Präsidentschaftswahl und die anstehende zweite Wahlrunde auf die Entscheidungen der EZB gehabt habe, betont Mario Draghi: „Wir machen keine Geldpolitik in Bezug auf politische Wahlen.“ Der EZB-Präsident gesteht aber ein, dass es im Rat eine Diskussion über die Auswirkungen der Wahl gegeben habe. Jedoch, das betont Draghi, nicht bezüglich der Inflations-, sondern bezüglich der europäischen Wirtschaftsentwicklung.

+++ Forderung nach Reformen +++

Um den Aufschwung der europäischen Wirtschaft zu stützen und weiterzuführen, müssten alle Staaten der Euro-Zone weitere Reformen durchführen, mahnt Mario Draghi. Dies beinhalte Reformen der Finanzverfassung, des Arbeitsmarktes und Strukturreformen. Im Anschluss an sein Plädoyer an die europäischen Staats- und Regierungschefs, im Reformeifer nicht nachzulassen, um die Wirtschaftsentwicklung weiter anzutreiben, öffnet Draghi die Pressekonferenz für die Fragen der anwesenden Journalisten aus dem In- und Ausland.

+++ Anstieg der Kreditvergabe +++

Die EZB hat einen Anstieg der Kreditvergabe in der Euro-Zone verzeichnet. So seien seit Jahresbeginn verstärkt Kredite im Unternehmensbereich und in praktisch allen anderen Bereichen vergeben worden. Die Haushaltsnachfrage nach Krediten bleibe allerdings hinter der Nachfrage aus der Wirtschaft zurück, sagt Draghi.

+++ Inflation +++

Die Inflation sei in der Euro-Zone angestiegen, bis auf den Wert von 1,5 Prozent im März. Dies sei eine positive Entwicklung, betont Mario Draghi. Jedoch solle man die Entwicklung nicht überschätzen: Der Anstieg sei in wesentlichen Teilen auch auf den Anstieg der Energiepreise zurückzuführen. Die Kerninflationsrate liege mit 0,9 Prozent weiterhin zu niedrig. Jedoch habe die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank definitiv einen positiven Einfluss gehabt. Nun gehe es darum, diesen Trend zu verstärken.

+++ Zuwachs an Arbeitsplätzen +++

Der EZB-Chef führt seine positive Einschätzung der europäischen Wirtschaftsaussichten weiter aus. Es habe in Europa einen Anstieg an Arbeitsplätzen gegeben, zum einen aufgrund der guten Wirtschaftsentwicklung, zum anderen aber auch aufgrund vergangener Arbeitsmarktreformen.

+++ Wirtschaftsausblick +++

Mario Draghi betont, dass sich die Wirtschaftsentwicklung in der Euro-Zone auch aufgrund der Politik der EZB verbessert hat. Die Inflationsraten sind in Teilen angestiegen, aber liegen noch nicht auf einem dauerhaft stabilen Niveau. Sollte das Ziel von annähernd zwei Prozent Inflation nicht erreicht werden, stehe die Zentralbank bereit, ihr Anleihekaufprogramm und ihre Geldpolitik sogar noch auszuweiten.

+++ Alles bleibt so, wie es ist +++

Mario Draghi betont, dass alles so bleibt, wie es ist: Die Leitzinsen verharren auf dem aktuellen Niveau, auch das Anleihekaufprogramm wird fortgesetzt. Und das mindestens so lang, bis auf die mittlere Frist eine nachhaltige Inflationsrate erreicht ist. Diese muss annähernd bei zwei Prozent liegen. Draghi bekräftigt zudem, die Schlüsselzinssätze würden weit über die Zeit des Anleihen-Kaufprogramms hinaus auf dem aktuellen Niveau oder sogar noch niedriger liegen. „Ein erhebliches Ausmaß an geldpolitischer Unterstützung ist immer noch nötig“, wiederholte Draghi seine Aussagen der Vergangenheit. Was er nicht wiederholt, ist sein Satz, dass die EZB notfalls „alle verfügbaren Instrumente“ nutzen werde.

+++ Auftritt Mario Draghi +++

Der Chef der Europäischen Zentralbank tritt recht gelöst vor die Presse. Er trägt eine dunkelblaue Krawatte und lächelt in die Kameras.

+++ Der Zinsentscheid ist da +++

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erwartungsgemäß ihre Leitzinsen nicht angetastet. Der Schlüsselsatz für die Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld bleibe bei 0,0 Prozent, teilten die Währungshüter am Donnerstag in Frankfurt mit. Auf diesem Rekordtief liegt er bereits seit März 2016. Auch die Strafzinsen für Banken, wenn diese über Nacht überschüssige Liquidität bei der EZB parken, wurden nicht angetastet. Der sogenannte Einlagensatz bleibt bei minus 0,4 Prozent.

Auch an den insbesondere in Deutschland umstrittenen Anleihekäufen machten die Euro-Wächter keine Abstriche. Sie sollen bis mindestens Ende 2017 laufen und dann ein Volumen von 2,28 Billionen Euro erreichen. Die EZB bekräftigte zudem, die Schlüsselsätze würden weit über die Zeit des Anleihen-Kaufprogramms hinaus auf dem aktuellen Niveau oder sogar noch niedriger liegen.

Zuletzt hatten gestiegene Inflationszahlen in der Euro-Zone, insbesondere in Deutschland, den Druck auf die Notenbanker erhöht, ihre extrem expansive Geldpolitik zurückzufahren. Die Verbraucherpreise waren im Februar in Deutschland um 2,2 Prozent angestiegen. Im März allerdings schwächte sich die Jahresinflationsrate im Euroraum nach Angaben der Statistikbehörde Eurostat auf 1,5 Prozent ab. Im Februar hatte sie getrieben von höheren Energiepreisen noch bei 2,0 Prozent gelegen. Im April könnte sich der Preisanstieg nun wieder beschleunigt haben. Darauf deuten Daten aus Deutschland hin: In Europas größter Volkswirtschaft stieg die jährliche Teuerungsrate auf 2,0 Prozent.

Nach Einschätzung der Währungshüter werden die Verbraucherpreise im Euro-Raum weiter deutlich schneller anziehen als zuletzt erwartet. Für das laufende Jahr rechnet die Notenbank nun mit einer Teuerungsrate von 1,7 Prozent. Im Dezember war sie noch von 1,3 Prozent ausgegangen. Auch die mittelfristigen Aussichten für die Konjunktur beurteilt die EZB etwas optimistischer. Die Kerninflation – ohne die schwankenden Energie- und Lebensmittelpreise – ist aus Sicht der Notenbank mit 0,9 Prozent allerdings immer noch zu niedrig.

KONTEXT

Stimmen zur EZB-Entscheidung vom 27. April 2017

LBBW

"Weniger pessimistisch - so könnte man mit zwei Worten die heutige EZB-Entscheidung und anschließende Pressekonferenz zusammenfassen. EZB-Chef Draghi betonte, dass die Abwärtsrisiken etwas abgenommen haben und sich der Aufschwung im Euro-Raum weiter festigt. Zu einer Anpassung des Ausblicks konnte sich der EZB-Rat dann aber doch nicht durchringen, dieser Schritt könnte im Juni anstehen. Dann nämlich stellt die EZB die neuen Projektionen für das Wachstum und die Inflation im Euro-Raum vor." - Uwe Burkert, LBBW

Bankhaus Lampe

"Weniger pessimistisch - so könnte man mit zwei Worten die heutige EZB-Entscheidung und anschließende Pressekonferenz zusammenfassen. EZB-Chef Draghi betonte, dass die Abwärtsrisiken etwas abgenommen haben und sich der Aufschwung im Euro-Raum weiter festigt. Zu einer Anpassung des Ausblicks konnte sich der EZB-Rat dann aber doch nicht durchringen, dieser Schritt könnte im Juni anstehen. Dann nämlich stellt die EZB die neuen Projektionen für das Wachstum und die Inflation im Euro-Raum vor." - Alexander Krüger, Bankhaus Lampe

Nordea

"In der EZB haben die Tauben weiter das Sagen, eine Straffung der Geldpolitik steht fürs Erste nicht an. Die Tür für weitere Zinssenkungen offen zu halten, passt schon länger nicht mehr in die Landschaft. Ich meine auch nicht, dass beim Wachstum immer noch die Abwärtsrisiken überwiegen. Nach dem zweiten Wahlgang in Frankreich wird die EZB optimistischer in die Zukunft schauen und sich endgültig von Zinssenkungen verabschieden. Zinserhöhungen sind aber für lange Zeit kein Thema für die Mehrheit im EZB-Rat." - Holger Sandte, Nordea

ZEW

"Die EZB läuft zunehmend Gefahr, den richtigen Zeitpunkt für eine Änderung ihrer Kommunikation zu verpassen. Das sorgenvolle Wording des monatlichen Kommuniqués passt immer weniger zur stark verbesserten Datenlage. Spätestens nach einer Bestätigung von Emmanuel Macron als französischem Präsidenten muss EZB-Präsident Mario Draghi endlich Farbe bekennen, wann und auf welche Weise der Ausstieg aus der extrem expansiven Geldpolitik beginnen soll. Sonst dürften ihm die EZB-Beobachter bald Starrsinn vorwerfen. Anleihenkäufe und Negativzinsen mögen der Konjunktur zwar helfen, ihre gefährlichen Nebenwirkungen für die Stabilität der Banken nehmen jedoch erkennbar zu. Auch sollte die EZB den Eindruck vermeiden, ihre Geldpolitik zu einseitig an den Interessen wenig reformbereiter Mitgliedsstaaten zu orientieren." - Friedrich Heinemann, ZEW

KONTEXT

Best of Mario Draghi

3.11.2011

"Wir werden von niemandem gedrängt. Wir sind unabhängig. Wir bilden uns unsere eigene Meinung. Das ist es."

(Draghi bei seiner ersten Pressekonferenz nach seinem Amtsantritt am 3.11.2011 in Frankfurt)

26.7.2012

"Die EZB ist bereit, im Rahmen ihres Mandats alles zu tun, was nötig ist, um den Euro zu retten. Und glauben Sie mir: Es wird genug sein."

(Draghi am 26.7.2012 in London)

3.4.2014

"Der EZB-Rat ist sich einig, dass die EZB gegebenenfalls auch weitere unkonventionelle Maßnahmen im Rahmen ihres Mandats einsetzen wird, um die Risiken einer zu langen Periode niedriger Inflationsraten in den Griff zu bekommen."

(Draghi nach der Sitzung des EZB-Rates am 3.4.2014 in Frankfurt)

26.5.2014

"Wir werden nicht zulassen, dass die Inflation zu lange auf zu niedrigem Niveau bleibt."

(Draghi am 26.5.2014 bei einer EZB-Konferenz im portugiesischen Sintra)

5.6.2014

"Das ist ein bedeutendes Maßnahmenpaket. Sind wir schon am Ende? Nein. Wir sind hiermit nicht am Ende, solange wir uns im Rahmen unseres Mandates bewegen."

(Draghi am 5.6.2014 in Frankfurt nachdem die Notenbank ein ganzes Bündel von Maßnahmen gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche im Euroraum beschlossen hat)

4.9.2014

"Wir mussten etwas tun, das ist unsere Pflicht."

(Draghi am 4.9.2014 in Frankfurt zum EZB-Beschluss, Kreditverbriefungen und Pfandbriefe zu kaufen)

22.1.2015

"Ich könnte ein paar Witze dazu erzählen. Aber ich lese einfach noch mal das Eingangsstatement vor. Denn das ist alles, was wir heute sagen können. Und ich vermeide Witze in dieser Sache lieber."

(Draghi am 22.1.2015 auf die Frage eines Journalisten: "War's das jetzt? War's das - oder können die Leute erwarten, dass die Geldpolitik demnächst noch verschärft wird?")

3.9.2015

"Wir haben den Willen und die Fähigkeit zu reagieren, falls dies notwendig ist."

(Draghi am 3.9.2015 zu einer möglichen Ausweitung des Anleihenkaufprogramms)

9.3.2017

"Unsere Geldpolitik war erfolgreich."

(Draghi am 9.3.2017 zum Anstieg der Inflation auf zwei Prozent)

9.3.2017

"Es gibt nicht mehr das Gefühl, dass das Risiko einer Deflation drängend ist."

(Draghi am 9.3.2017 zum Erfolg seiner expansiven Geldpolitik)

KONTEXT

Fragen und Antworten zur EZB

Sind Vorwürfe gegen die EZB berechtigt?

Die Finanzkrise und ihre Folgen haben Europas Währungshüter kreativ werden lassen. Eine Rückkehr zu einer Standard-Geldpolitik ist bislang nicht in Sicht. Vielstimmig ist auch der Chor der Kritiker.

Quelle: Friederike Marx und Jörn Bender, dpa

Kritik an den Währungshütern kommt aus den unterschiedlichsten Richtungen

Nullzins, Strafzins, Anleihekäufe - mit ihrem expansiven geldpolitischen Kurs hat sich die Europäische Zentralbank in den vergangenen Jahren nicht nur Freunde gemacht.

AUSSAGE: Die EZB-hält den Euro-Kurs künstlich niedrig, davon profitiert vor allem der deutsche Export (Quelle: US-Regierung).

BEWERTUNG: Falsch.

FAKTEN: Der Wechselkurs ist ausdrücklich kein Ziel der EZB-Politik. "Wir sind keine Währungsmanipulatoren", betont EZB-Präsident Mario Draghi. Getrieben wird die Entwicklung an den Devisenmärkten unter anderem von der unterschiedlichen Zinsentwicklung in den USA und im Euroraum. Angesichts steigender Zinsen in den Vereinigten Staaten ist es für Investoren lukrativer, Geld in Dollar anzulegen als in Euro. Das stärkt den Greenback und schwächt die europäische Gemeinschaftswährung. Zudem hoffen viele Anleger, dass US-Präsident Donald Trump wie angekündigt Steuern senken und Milliarden in die Infrastruktur stecken wird. Die Aussicht auf neuen Schwung für die US-Wirtschaft stärkte seit Trumps Wahl den Dollar. Trump räumte zuletzt ein, er sei teilweise selbst Schuld an der Dollar-Stärke, die Leute hätten Vertrauen in ihn. Direkt am Devisenmarkt hatte die EZB zuletzt gemeinsam mit anderen großen Notenbanken im März 2011 interveniert, um den Höhenflug des japanischen Yen zu bremsen.

AUSSAGE: Mit einem Zinstief enteignet die EZB die Sparer (Quelle: u.a. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU)).

BEWERTUNG: Teilweise richtig.

FAKTEN: Sparbuch und Co. werfen wegen der Niedrigzinsen kaum noch etwas ab. Solange die Teuerungsrate nahe der Nulllinie dümpelte, glich sich das in etwa aus. Doch zuletzt zog die Inflation wieder an, sodass Sparer sogar Geld verlieren können. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann macht sich dennoch für eine ausgewogene Sicht stark: "Wir alle sind nicht nur Sparer, sondern auch Arbeitnehmer, Häuslebauer, Steuerzahler und Unternehmer - und aus dieser Perspektive erscheinen die niedrigen Zinsen nicht nur negativ."

AUSSAGE: Die EZB wird von den südeuropäischen Staaten dominiert (Quelle: AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel).

BEWERTUNG: Falsch.

FAKTEN: Im obersten Entscheidungsgremium der Notenbank, dem EZB-Rat, haben alle 19 Euroländer eine gleichwertige Stimme - unabhängig vom Gewicht der jeweiligen Volkswirtschaften. Insgesamt hat das Gremium 25 Mitglieder: Die 19 Chefs der nationalen Notenbanken plus die 6 Mitglieder des Direktoriums um EZB-Präsident Draghi. 8 der 25 Mitglieder im EZB-Rat kommen aus Südeuropa. Entscheidungen trifft das Gremium in der Regel mit einfacher Mehrheit. Die EZB ist nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank politisch unabhängig. Ihr vorrangiges Ziel ist es, Preisstabilität im gemeinsamen Währungsraum zu gewährleisten - das bedeutet nach ihrem eigenen Verständnis eine jährliche Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent.

AUSSAGE: Mit ihren milliardenschweren Anleihekäufen finanziert die EZB verbotenerweise klamme Staaten (Quelle: deutsche Volkswirte).

BEWERTUNG: Unklar.

FAKTEN: Die EZB darf nach ihren Statuten bereits im Umlauf befindliche Staatsanleihen erwerben - also etwa von Banken oder anderen Investoren wie Versicherungen oder Hedgefonds. Seit März 2015 kauft die Notenbank im Kampf gegen Konjunkturschwäche und geringe Inflation jeden Monat für Milliarden solche Wertpapiere. Um nicht in den Verdacht der Staatsfinanzierung zu geraten, hat sich die EZB auferlegt, höchstens 33 Prozent der Staatsanleihen eines Eurolandes bzw. eines einzelnen Wertpapiers zu kaufen. Das besänftigt die Kritiker jedoch nicht. Die Notenbanken der Eurostaaten, über die die EZB-Käufe abgewickelt werden, seien durch die laufenden Anleihekäufe zum größten Gläubiger der Staaten des Eurosystems geworden, warnte Bundesbank-Präsident Weidmann schon Anfang 2016. Das mindere den Reformdruck in den Regierungszentralen. "Notenbankhandeln wird als Lösung für alle möglichen Probleme gesehen, die weit über die Geldpolitik hinausgehen", sagte Weidmann in einem Interview.

AUSSAGE: Mit ihre ultralockeren Geldpolitik gräbt die EZB den Banken das Wasser ab (Quelle: diverse Banken).

BEWERTUNG: Teilweise richtig.

FAKTEN: Lange verdienten Banken gut daran, dass sie mehr Zinsen für Kredite kassierten, als sie Sparkunden zahlten. Doch die Differenz aus beidem, der Zinsüberschuss, schrumpft wegen der Zinsflaute. Die Folge: Banken und Sparkassen brechen die Erträge weg. Zudem müssen sie Strafzinsen von 0,4 Prozent zahlen, wenn sie Geld über Nacht bei der EZB parken. Zugleich unterstützt die EZB allerdings Banken mit Langfristkrediten zu Mini-Zinsen. Von Juni 2016 bis März 2017 legte die Notenbank ein neues Programm mit vierjährigen Krediten auf. "Niedrige oder negative Zinssätze können nicht per se für niedrige Profitabilität verantwortlich gemacht werden", argumentiert EZB-Vizepräsident VÁ­tor ConstÁ¢ncio. Europas Banken müssten ihre Geschäftsmodelle anpassen, um ihre Geschäftsaussichten zu verbessern.

KONTEXT

Der Werkzeugkasten der EZB

Leitzins

Das wichtigste Instrument ist der Leitzins, also der Zins, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Notenbank Geld ausleihen können, um es dann zum Beispiel als Kredit an Unternehmen und Verbraucher weiterzugeben. Im August 2016 liegt der EZB-Zins bei historisch niedrigen 0,0 Prozent. Niedrige Zinsen können die Konjunktur ankurbeln.

Einlagezins

In normalen Zeiten bekommen Geschäftsbanken von der EZB Zinsen für überschüssiges Geld, das sie bei der Zentralbank parken. Im Juni 2014 senkten die Währungshüter den Zins unter die Nullgrenze. Aktuell müssen die Kreditinstitute einen Strafzins von 0,4 Prozent zahlen. Das Ziel ist eine Schwächung des Euro und ein Abbau der Einlagen der Banken bei der EZB.

Geldspritzen

Ende 2011/Anfang 2012 unterstützte die EZB Banken mit Notkrediten (LTRO) im Volumen von einer Billion Euro. Die Kredite wurden zu Mini-Zinsen und für drei Jahre gewährt. 2014 folgten weitere Notkredite, allerdings diesmal in deutlich geringerem Umfang.

Kauf von Kreditpaketen

Seit Herbst 2014 kauft die EZB Pfandbriefe (Covered Bonds) und gebündelte Kreditverbriefungen (ABS). Das soll Geschäftsbanken Freiräume zur Vergabe von Krediten verschaffen.

Staatsanleihen Käufe

Im Mai 2010 begann die EZB erstmals mit dem Kauf von Staatsanleihen. Das "Securities Markets Programme" (SMP) sollte den Anstieg der Renditen von Anleihen angeschlagener Euro-Länder bremsen. Bis Anfang 2012 kaufte die EZB Staatspapiere für rund 220 Milliarden Euro, zumeist italienische Anleihen. Im September 2012 ersetzte das Programm "Outright Monetary Transactions" (OMT) diese Maßnahme: Die EZB erklärt sich dabei bereit, notfalls unbegrenzt Anleihen von Krisenstaaten zu erwerben. Gekauft wurde in diesem Rahmen bisher keine Anleihe.

Quantitative Lockerung

Für die sogenannte Quantitative Lockerung druckt sich die Zentralbank quasi selbst Geld und kauft damit in großem Stil Anleihen - Staatsanleihen und andere Papiere wie Unternehmensanleihen. Das tut die EZB seit März 2015. Bis mindestens Ende März 2017 wollen die Währungshüter auf diese Weise 1,74 Billionen Euro in den Markt pumpen. Das soll die Konjunktur ankurbeln und die anhaltend niedrige Inflation wieder in Richtung der EZB-Zielmarke von knapp unter 2,0 Prozent befördern.