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Marcus Wassenberg: Wie der Manager Heidelberger Druck umbaut

Der Finanzchef von Heidelberger Druckmaschinen muss nicht nur die angespannte Bilanz richten, er muss zugleich Spielraum für Innovationen schaffen.

Es ist die Rolle, die er am liebsten mag: Chefumbauer vom Dienst. Aus dem Mund von Marcus Wassenberg klingt das etwas geschmeidiger. „Ich bin der Transformationsmanager“, sagt der Finanzvorstand von Heidelberger Druckmaschinen über sich selbst.

Wassenberg steht vor einer gewaltigen Aufgabe. Seit September vergangenen Jahres ist er bei dem Maschinenbauunternehmen auf dem CFO-Posten. Erst ein Teil der langen Wegstrecke bis zur Sicherung des Unternehmens ist bewältigt. Die Bilanz ist zwar noch nicht in der Verfassung, wie sich Wassenberg das wünscht. Die Eigenkapitalquote war Ende des letzten Geschäftsjahres (per Ende März 2020) mit acht Prozent noch viel zu weit weg vom Zielwert 20 Prozent.

Beim Thema Liquidität und Verschuldung sieht es aber wieder besser aus. Die Mittel des Pensionsfonds (Contractual Trust Arrangement, CTA), mit dem die Betriebsrenten finanziert werden sollten, wurden auf das Unternehmen zurückübertragen. So flossen 380 Millionen Euro in die Kasse, die Nettoverschuldung sank von 250 Millionen auf 43 Millionen Euro. Dafür muss die Altersvorsorge nun wieder aus dem operativen Geschäft erwirtschaftet werden. Doch für Wassenberg gab es keine Alternative: „Wir können mit den Mitteln die Transformation stemmen und auch den High-Yield-Bond ablösen, was wir in diesem Jahr noch machen werden.“

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Der 53-Jährige hat es geschafft, sich dafür die Unterstützung der Arbeitnehmervertreter zu sichern. „Natürlich muss das Unternehmen die Pensionsansprüche nun aus dem operativen Geschäft finanzieren. Aber wir greifen damit ja nicht in die Besitzstände ein“, sagt Mirko Geiger, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Heidelberg. Die Übertragung des CTA führe dazu, dass das Unternehmen nun über Liquidität verfüge, um den Mitarbeitern Altersteilzeit anzubieten.

1600 Stellen will Heideldruck abbauen. Sozialverträglich, so weit wie möglich, verspricht Wassenberg, der auch Arbeitsdirektor ist. Auch dabei hat er die Rückendeckung des Tarifpartners. „Wir können nicht das ganze Unternehmen gefährden. Das Kerngeschäft ist ja profitabel“, sagt Geiger von der IG Metall.

Restrukturierung ist die letzte Chance

Wassenberg hilft, dass mittlerweile jeder weiß, wie ernst es um das Traditionsunternehmen steht. In vielen Bereichen hat das Internet gedruckte Produkte verdrängt. Der Rückgang des Druckvolumens hat eine Konsolidierung ausgelöst. Kleinere Druckereien sind verschwunden, die größeren lasten ihre Anlagen effizienter aus und brauchen weniger Druckwerke. Mit denen verdient Heidelberger aber das Geld.

Hinzu kommt: Über Jahre hat die Unternehmensspitze Geschäftsbereiche mitgeschleppt, die keine oder eine nicht ausreichende Rendite erzielen. Zudem lähmten Machtkämpfe im Vorstand, im Aufsichtsrat und auch zwischen beiden Gremien das Unternehmen. Das hat Heidelberger Druckmaschinen in eine tiefe Krise gestürzt.

Wassenberg hat die Situation nüchtern analysiert. Das Ergebnis: Die Verwaltung muss schrumpfen, die unprofitablen Geschäftsbereiche werden abgestoßen, die Bilanz muss saniert werden, und dann sollen im verbleibenden Kerngeschäft auch wieder Innovationen den Umsatz antreiben. „Das Unternehmen muss sich fundamental neu aufstellen. Innovation und Kostenbewusstsein müssen in eine Balance gebracht werden“, beschreibt Wassenberg seine Aufgabe. Und schafft Fakten. Vor wenigen Tagen verkaufte das Unternehmen den Etikettendruck-Spezialisten Gallus für 120 Millionen Euro an den Schweizer Verpackungskonzern Benpac Holding.

„Er hat die Analyse gemacht. Wir haben gesagt, das können wir mitgehen, auch wenn wir wussten, dass es harte Maßnahmen geben wird“, sagt Geiger von der IG Metall: „Er ist hart in der Sache. Aber er legt die Karten auf den Tisch, kommuniziert transparent. So etwas hilft immer auch der anderen Seite.“

„Es gibt keine Grabenkämpfe mehr, das sehen die Mitarbeiter“, sagt Wassenberg. Es sei wichtig gewesen, den Vorstand zu verkleinern, dafür das Mittelmanagement stärker einzubinden und den Managern mehr Verantwortung, aber auch mehr Freiheiten zu geben. „Man muss die Treppe von oben kehren, dann bleibt auch mehr hängen.“

Viel Erfahrung bei anderen Firmen gesammelt

Der 53-Jährige, der in Grevenbroich geboren wurde, profitiert von seinen Erfahrungen bei seinen Jobs, die er vorher hatte. Wassenberg kommt von Rolls-Royce Power Systems, einem Spezialisten für große Antriebssysteme. Zuvor war er Finanzchef bei dem Windanlagenbauer Senvion. Dort hatte Wassenberg wichtige Refinanzierungsprogramme zur Sicherung des Unternehmens realisiert. Einige Jahre nach seinem Weggang musste das Unternehmen gleichwohl Insolvenz anmelden.

Bei Rolls-Royce begleitete Wassenberg gleich zwei Transformationsprogramme. Das erste war ein umfangreiches Modernisierungsprogramm, das zweite umfasste eine Standort- und Beschäftigungssicherung. Dort sei das sehr ähnlich gewesen wie jetzt in Heidelberg, erinnert sich Wassenberg. Es habe einen engen Verbund mit dem Betriebsrat und der IG Metall gegeben. „Ich mache das zum dritten Mal, und das Erfreuliche ist: Alle ziehen mit“, berichtet er.

Nicht auf der Agenda des Umbaus hatte der CFO allerdings die Corona-Pandemie. Die wirft das Unternehmen wie alle zurück. Doch Wassenberg ist sich sicher: Ohne die eingeleiteten Maßnahmen würde der Druckmaschinen-Anbieter noch weitaus schlechter dastehen. „Was vor der Krise richtig ist, ist es in der Krise erst recht. Wir werden die Maßnahmen noch beschleunigen.“

Die ursprüngliche Planung, nach der ab 2023 eine Ergebnisrendite (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von zehn Prozent erreicht werden soll, wackelt aber wegen Corona. „Wir monitoren die Liquidität sehr eng, sind hier sehr stabil unterwegs. Auch weil wir umfangreiche Programme im Working Capital und gute Partnerschaft mit Lieferanten haben“, sagt Wassenberg. Es habe sich als richtig erwiesen, dass man sehr schnell eine Corona-Taskforce gebildet habe.

Hoffnung macht mittlerweile wieder der wichtige Markt in China. Dort habe das Produktionsniveau fast 90 Prozent erreicht. „Aber Amerika macht uns derzeit große Sorgen“, räumt Wassenberg ein. Dennoch ist er zuversichtlich, dass das Unternehmen durch die Krise kommen wird. „Die Weichen werden jetzt gestellt. Wenn die Konjunktur wieder anspringt, werden wir profitabler sein als vorher.“

Dann könnte Wassenberg, der verheiratet und Vater eines neunjährigen Sohnes ist, auch wieder mehr Zeit für seine Hobbys haben. Der 53-Jährige spielt E-Gitarre – von Jazz bis Blues. Irgendwann würde der Manager auch gerne wieder in einer Band mitspielen.

Zudem ist Wassenberg politisch interessiert. So ist er im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und engagiert sich bei der British Chamber of Commerce in Germany. „Ich suche den Austausch“, sagt er.

Eine Leidenschaft hat er ungeachtet des Stresses der vergangenen Monate weiter gepflegt: den Sport. „Dreimal in der Woche mache ich Sport – mit einem Fitnesscoach.“