Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • Nikkei 225

    37.552,16
    +113,55 (+0,30%)
     
  • Dow Jones 30

    38.496,21
    +256,23 (+0,67%)
     
  • Bitcoin EUR

    62.412,53
    +409,87 (+0,66%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.434,24
    +19,48 (+1,38%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.720,22
    +268,92 (+1,74%)
     
  • S&P 500

    5.072,12
    +61,52 (+1,23%)
     

Der Mann, der sich mit Energieriese RWE anlegt

Peruaner klagt wegen Klimawandel - Der Mann, der sich mit Energieriese RWE anlegt

Zwischen Garzweiler im Rheinland und Huaraz in Peru liegen gut 10.400 Kilometer. In Garzweiler baut der Energiekonzern RWE Braunkohle ab und betreibt in der Nachbarschaft mehrere Kohlekraftwerke. In Huaraz fürchtet man sich wegen einer beschleunigten Gletscherschmelze vor gefährlichen Fluten. Und dafür soll letztlich RWE verantwortlich sein. Zumindest zu einem Teil – das meint der Kleinbauer und Bergführer Saul Luciano Lliuya. Er hat RWE auf Schadenersatz verklagt. Am Donnerstag beginnt vor dem Landgericht Essen die mündliche Verhandlung.

Luciano Lliuya macht die Kohlekraftwerke von RWE mit für den Klimawandel verantwortlich – und der sei wiederum schuld an der Gletscherschmelze. Nach seinen Worten steigt der Pegel des benachbarten Palcacocha-Bergsees stetig. Unterstützt wird der Kleinbauer, der persönlich zur Verhandlung kommen wollte, von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Die großen Verursacher des Klimawandels wie RWE müssen endlich Verantwortung für die Folgen ihrer Emissionen übernehmen“, fordert der 36-jährige Vater dreier Kinder , „wir in Peru haben kaum etwas zum Klimawandel beigetragen, leben aber mit den schlimmsten Konsequenzen“.

RWE sieht die Klage juristisch gelassen. Gegenüber dem Gericht haben der Konzern und seine Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer erklärt, die angebliche Flutgefahr sei nicht ausreichend dargelegt. Außerdem gebe es keine „lineare Ursachenkette“ vom Ausstoß von Kohlendioxid bis zur behaupteten Flutgefahr. Zudem habe RWE durch den europäischen Emissionshandel eine Genehmigung für den Ausstoß vorliegen.

Der Konzern verweist auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts aus den 90er Jahren. Damals sei die Haftung einzelner Anlagenbetreiber für allgemeine Luftverunreinigungen verneint worden. Der Klimawandel sei ein globales Problem. Dieses müsse auf staatlicher und internationaler Ebene gelöst werden. Einzelne Unternehmen könnten dafür nicht in die Verantwortung genommen werden.

WERBUNG


Darum ist der mögliche Imageschaden enorm

Für die Einwohner der Andenstadt Huaraz geht es zwar um eine handfeste Entschädigung, für RWE ist das finanzielle Risiko aber äußert gering. Luciano Lliuya fordert für Schutzmaßnahmen in der Gemeinde 17.000 Euro. Zumindest will er die 6300 Euro ersetzt haben, die er nach eigenen Angaben selbst investiert hat, um sein Haus zu schützen. Er hatte das Gebäude aufgestockt, das in einem besonders gefährdeten Gebiet der 120.000-Einwohner-Gemeinde liegt.

Problematischer ist für RWE allerdings der mögliche Imageschaden. RWE ist Europas größter Emittent des klimaschädlichen Kohlendioxids. Der Konzern betreibt nicht nur viele Kohlekraftwerke, sondern baut eben auch im großen Stil Braunkohle ab. Die Anlagen sind dabei für den Konzern, der tief in der Krise steckt, noch die ertragreichsten.

Die Kohlekraftwerke, speziell die Braunkohle, steht aber massiv in der Kritik. Spätestens seit im vergangenen Jahr auf dem Weltklimagipfel in Paris ein verschärfter Klimaschutz beschlossen wurde, ist der Druck auf einen beschleunigten Ausstieg aus der Kohle stark. Bei den Hauptversammlungen des Konzerns treten alljährlich viele Umweltschützer auf und fordern von RWE nach dem Ausstieg aus der Atomenergie jetzt auch den Ausstieg aus der Kohle.

„Dies ist ein Präzedenzfall, der bei einem Erfolg weltweit weitere Klagen gegen Mitverursacher des Klimawandels nach sich ziehen könnte“, sagt Luciano Lliuyas Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen. „Um den rechtlichen Anspruch zu belegen, müssen wir dem Gericht im Detail beweisen, dass RWE sehr wohl eine Mitverantwortung trägt für die Gefährdung des Eigentums meines Mandanten – und das werden wir auch tun.“

Das dürfte freilich schwierig sein. In der Vergangenheit sind schon mehrfach ähnliche Klage wegen des Klimawandels gescheitert, weil die Kläger den Unternehmen nicht ihren Beitrag für konkrete Schäden nachweisen konnten.

KONTEXT

Die Börsengänge der Töchter von Eon und RWE

Energiewende sorgt für Veränderungen

Die von der Energiewende gebeutelten Energieriesen Eon und RWE treiben ihre Konzernumbauten voran. Eon hat die Kraftwerkstochter Uniper im September an die Börse gebracht, RWE brachte das Ökostromgeschäft Innogy im Oktober an den Aktienmarkt.

Die Unternehmen

Die Eon-Tochter Uniper hat ihren Sitz in Düsseldorf, beschäftigt knapp 14.000 Mitarbeiter und erzielte nach Konzernangaben 2015 auf Pro-Forma-Basis ein Ebit von 0,8 Milliarden Euro und einen Nettoverlust von rund vier Milliarden Euro. Chef ist der ehemalige Eon-Finanzvorstand Klaus Schäfer.

Die RWE-Tochter Innogy hat ihren Sitz in Essen, beschäftigt knapp 40.000 Mitarbeiter und erzielte rein rechnerisch nach RWE-Angaben 2015 einen operativen Gewinn (Ebitda) von 4,5 Milliarden Euro und einen Nettoergebnis von 1,6 Milliarden Euro. Geführt wird das Unternehmen von RWE-Chef Peter Terium, der nach dem Börsengang den Chefposten des Mutterkonzerns abgegeben hat.

Das Geschäft

Uniper betreibt Kohle- und Gaskraftwerke in Europa und Russland mit rund 40 Gigawattt. Hinzu kommen Wasser- und Atomkraftwerke in Schweden sowie der Energiehandel.

RWE Innogy bündelt das Geschäft mit Ökostrom, Strom- und Gasnetzen sowie den Vertrieb von Strom und Gas.

Die Börsengänge

Eon hat im Zuge eines Spin-Offs 53 Prozent der Uniper-Anteile an die Börse gebracht und sie den eigenen Aktionären ins Depot gelegt. Einnahmen erzielt der Konzern dabei zunächst nicht. Eon will allerdings mittelfristig die restlichen Aktien versilbern, allerdings nicht vor 2018.

RWE und die neue Tochter Innogy brachten zunächst 23 Prozent der Anteile an die Börse. Später könnten weitere Anteile verkauft werden, RWE will aber die Mehrheit behalten.

Ausblick

Uniper und Innogy könnten bereits für 2016 eine Dividende ausschütten. Uniper steht von Beginn unter Druck. Der Konzern will bis 2018 Beteiligungen im Wert von mindestens zwei Milliarden Euro verkaufen und die Personalkosten senken.

Innogy erwartet stabile Geschäfte, da der größte Teil der Einnahmen, etwa für den Betrieb der Strom- und Gasnetze staatlich reguliert ist. Das Unternehmen peilt eine Dividende von 70 bis 80 Prozent des bereinigten Nettogewinns an, der 2016 in der Größenordnung von 1,1 Milliarden Euro liegen soll.