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„Manches Produkt wird uns ausgehen“ – Diese Strategie fährt der Outdoor-Konzern VF

Die Kunden kehren zurück in die Läden der VF Corp. Die Umsätze des Adidas-Konkurrenten liegen zum Teil über Vorjahr. Corona hinterlässt trotzdem Spuren.

Timberland, The North Face, Vans: Das sind weltbekannte Namen. Von der VF Corp., dem Eigentümer der Labels, haben die meisten Konsumenten dagegen nie gehört. Dabei ist VF einer der mächtigsten Sport-Lifestyle-Konzerne der Welt.

Wenn es bei VF aufwärtsgeht, dann kann auch der Rest der Branche aufatmen. Und genau danach sieht es momentan aus. Das Geschäft erhole sich schneller als erwartet, sagte Europachef Martino Scabbia Guerrini dem Handelsblatt. Inzwischen seien die Läden der Gruppe überall in Europa wieder geöffnet. Mancherorts lägen die Umsätze über Vorjahr.

Am beliebtesten seien momentan die Fabrikverkäufe: „Die Umsätze in den Outlets kommen schneller zurück als in den Geschäften“, so der Manager. Angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheit sei das kein Wunder: „Die Kunden wollen die beste Qualität zum besten Preis.“

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Das US-Unternehmen unterhält 350 Läden in Europa, davon 48 in Deutschland. Sie waren wegen Corona wochenlang dicht. Mit Großbritannien habe Mitte Juni nun das letzte Land die Schließungen aufgehoben. Jetzt laufe das Geschäft vor allem in den Mittelstädten wieder ordentlich, erläuterte Scabbia Guerrini. Den großen Flagship-Stores in den Metropolen dagegen fehlten noch die Touristen, die normalerweise einen Großteil der Kundschaft ausmachten. Weltweit betreibt VF knapp 1400 Shops.

19 Marken vereint der Konzern unter einem Dach. Im vergangenen Geschäftsjahr, das am 28. März endete, kam das Unternehmen auf einen Umsatz von 10,5 Milliarden Dollar, rund neun Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der fränkische Sportkonzern Puma erzielte 2019 Erlöse von 5,5 Milliarden Euro.

VF richtet sich an Outdoor-Begeisterte mit Labels wie dem Bergsportausrüster The North Face, der Schuhmarke Timberland und dem Merinospezialisten Icebreaker. Napapijri, Vans oder Kipling sind dagegen eher für jugendliche Trendsetter. Zudem vertreibt die Firma Arbeitskleidung.

VF, das stand einst für Vanity Fair. Nach der Gründung 1899 produzierte die Firma erst Handschuhe, bis in die 1960er-Jahre Damenunterwäsche. Die Dessous flogen aus dem Programm, stattdessen stieg das Unternehmen aus North Carolina mit „Lee“ ins Jeansgeschäft ein. Und aus Vanity Fair wurde die VF Corporation. Anfang des neuen Jahrtausends der nächste Schwenk: Mit The North Face engagierte sich der Konzern erstmals im Outdoor-Business. Inzwischen ist VF aus den Sportgeschäften nicht mehr wegzudenken, die Jeans hingegen wurden wieder abgestoßen.

Das Internet wird dauerhaft wichtiger

VF konkurriert zwar auf vielen Feldern mit Adidas und Nike, unterscheidet sich mit seinen vielen Labels aber gewaltig von den beiden weltweit führenden Sportkonzernen. Die verdienen ihr Geld praktisch komplett mit ihren Kernmarken.

Die großen Sportkonzerne eint jedoch, dass sie auf dem Höhepunkt der Coronakrise im März und April praktisch nur online verkauft haben. Der Anteil des Internetgeschäfts ist damit kräftig gestiegen – und daran wird sich wohl auch nichts mehr ändern. Es werde langfristig vermutlich die Hälfte aller Umsätze ausmachen, glaubt Scabbia Guerrini.

Deshalb sei es enorm wichtig, mit Online-Marktplätzen wie Asos, Otto oder Zalando eng zusammenzuarbeiten. So hat VF ein eigenes Team beim Internet-Modehaus Zalando in Berlin vor Ort. Zudem lege VF immer mehr Wert darauf, Internetshopping und eigene Läden so weit es geht zu verzahnen. Die Geschäfte könnten zum Beispiel online georderte Ware versenden oder auch dazu herhalten, Internetbestellungen bereitzustellen, das sogenannte Click-and-Collect.

An den eigenen Läden will VF festhalten, trotz des Aufschwungs im Internethandel. Allerdings rechnet der Konzern damit, dass weitere Filialisten und Fachgeschäfte verschwinden werden. Eine Entwicklung, die sich durch Corona noch beschleunigt. Die stationären Händler „müssten neue Wege finden, um eine Daseinsberechtigung zu haben“, meint Manager Scabbia Guerrini.

Zuletzt hat in Deutschland die Sportkette Runners Point ihren Rückzug angekündigt. Die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hat sich ins Schutzschirmverfahren geflüchtet und wird wohl 20 Standorte von Karstadt Sports schließen.

Die Kunden kaufen zielgerichtet

Wer die Läden von VF in diesen Tagen besuche, der kaufe größtenteils auch etwas ein, hat Scabbia Guerrini festgestellt. Die Konsumenten seien sehr zielgerichtet. Eine Beobachtung, von der auch Konkurrent Adidas aus China jüngst berichtete. Dort sind die Geschäfte schon länger wieder zugänglich. Das niedrigere Kundenaufkommen sei durch höhere Konversionsraten mehr als kompensiert worden, teilte der Dax-Konzern mit.

So sieht das auch Asics, der größte Laufschuhproduzent der Welt. „Wir haben weniger Leute in den Läden, die geben aber mehr aus“, sagte Gerry Raucher, der Markenchef von Asics für Europa, dem Handelsblatt.

Das überrascht Experten nicht. Denn mit den vielerorts vorgeschriebenen Gesichtsmasken sei es alles andere als angenehm, sich länger in einem Shop aufzuhalten, meint Timo Renz von der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner in München. Das viel beschworene Einkaufserlebnis gehe damit verloren. Das begünstige letztlich den Onlinehandel.

Selbst wenn die Kunden jetzt aber auch in die Shops zurückkehren und herzhaft zugreifen: Aufholen wird VF die entgangenen Einnahmen aus dem Lockdown nicht. Bei der Präsentation der Jahreszahlen im Mai teilte der Konzern mit, dass der Umsatz im laufenden Quartal um mindestens die Hälfte fallen wird. Für das gesamte Geschäftsjahr verweigerte Vorstandschef Steve Rendle eine Prognose, zu unsicher sei die Lage.

Für Europa habe er für die kommenden Monate die Ware bewusst knapp geordert, so Regionalchef Scabbia Guerrini. „Manches Produkt wird uns ausgehen“, sagt er daher voraus. Das ist dem Manager aber immer noch lieber als eine Preisschlacht, wie sie momentan im Modehandel tobt.

Dass die Sportbranche vergleichsweise glimpflich durch die Coronaflaute kommt, daran glaubt indes nicht nur VF. „Krisen haben den Sport in der Vergangenheit immer beflügelt“, meint Stefan Herzog, Generalsekretär des Verbands Deutscher Sportfachhandel. Es sieht so aus, als sei das auch diesmal so.