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Management-Methode von Nazigröße: So drangsalierte Aldi seine Mitarbeiter

Aldi genießt in Frankreich kein gutes Ansehen. Erst vor einigen Wochen endete in Toulouse eine jahrelange gerichtliche Auseinandersetzung. Der Discounter wurde schließlich dazu verurteilt, einer früheren Angestellten 32.000 Euro Schadensersatz zu zahlen. Der Grund: Sie war von ihren Vorgesetzten traktiert und später entlassen worden. Das berichtet das Nachrichtenmagazin „Spiegel“.

Aldi sei in Frankreich immer wieder durch Negativschlagzeilen aufgefallen, schreibt das Magazin weiter. Ob Mobbing durch Vorgesetzte oder Burn-out bei Mitarbeitern: Die Arbeitsbedingungen standen dabei immer wieder im Fokus. Inspekteure des französischen Arbeitsministeriums hätten in den Filialen des Lebensmittelhändlers sogar eine „höllische und inhumane“ Arbeitsbelastung und ein Klima der Angst bei den Angestellten vorgefunden, schreibt der „Spiegel“.

In der aktuellen Urteilsbegründung aus Toulouse sei nun insbesondere das hierarchisch geprägte Führungskonzept des Discounters angeprangert worden: das sogenannte „Harzburger Modell“. Gerade diese aus Deutschland stammende Art des Managements habe das Arbeitsklima vergiftet.

Führungsmodell des NS-Rechtstheoretikers Reinhard Höhn

NS-Verwaltungsrechtler und SS-Oberführer Reinhard Höhn.
NS-Verwaltungsrechtler und SS-Oberführer Reinhard Höhn.

Das Modell ist dabei keineswegs neu, sondern mittlerweile 65 Jahre alt. Entwickelt wurde es nach dem Zweiten Weltkrieg vom Naziideologen Reinhard Höhn, der die 1956 gegründete Akademie für Führungskräfte in Bad Harzburg leitete. Namhafte Unternehmen wie Bayer oder BMW, aber auch die Bundeswehr schickten ihr Führungspersonal auf Höhns Akademie — so auch Aldi. Im Handbuch für Führungskräfte des Discounters hätten sich die Harzburger Managementprinzipien noch 2008 finden lassen, schreibt der „Spiegel“. Kern sei die Unterordnung gewesen. Chefs delegieren Aufgaben, Mitarbeiter erfüllen sie und ließen sich dabei kritisch überwachen.

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Höhns Vergangenheit — er war einer der einflussreichsten Rechtstheoretiker der Nazis und ab 1944 SS-Oberführer — habe lange niemanden gestört, heißt es im „Spiegel“ weiter. Das Harzburger Modell habe vielmehr als deutsche Variante des von Peter Drucker in den USA entwickelten „Management by objectives“ gegolten. Wie Johann Chapoutot, Professor für Zeitgeschichte an der Sorbonne in Paris, dem Spiegel sagte, galt das Modell geradezu als modern und habe eine weniger autoritäre Zukunft versprochen.

Der Historiker entdeckt allerdings Kontinuitäten zu Höhns NS-Vergangenheit. Der grundlegende Denkansatz der Schule sei auch schon vor 1945 gepredigt worden: der Betrieb als Keimzelle der Volksgemeinschaft, der den Klassenwiderspruch von Chef und Untergebenen auflöst. Aber jede Freiheit, die das Modell den Mitarbeitern gewähre, sei letztlich eine Freiheit zu gehorchen, so Chapoutot im Gespräch mit dem „Spiegel“ — die Führung definiere die Ziele.

Aldi-Führungskräfte bis in die 90er-Jahre auf Harzburger Akademie

Chapoutot führt die Auseinandersetzungen bei Aldi in Frankreich nun ebenfalls auf das Managementprinzip zurück, das zu zwanghafter Kontrolle führe. Zwar teile der Discounter mit, dass Führungskräfte nur bis Anfang der 90er-Jahre an Veranstaltungen der Bad Harzburger Akademie teilgenommen hätten und dass das Modell seit Jahren nicht mehr angewandt werde. In Frankreich hätten Aldi-Betriebsräte allerdings noch 2018 erklärt, das Harzburger Modell sei Teil der Arbeitsbeschreibung, schreibt der „Spiegel“.

Der Konzern selbst spreche angesichts der Vorkommnisse in Frankreich von bedauerlichen Einzelfällen und teile mit, dass es seit 2011 keine größeren Beanstandungen der Behörden mehr gegeben habe, heißt es im Nachrichtenmagazin weiter. Nazimethoden seien in den Betrieben noch nie eingesetzt worden. Gewerkschafter würden Aldi allerdings vorwerfen ein rigoroses System der Überwachung geschaffen zu haben, das mit Testkäufern und inszenierten Diebstählen ständig auch die Kassierer prüfe.

sb