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„Man hat jetzt ein ungutes Gefühl bei Facebook“: Recruiter berichten, dass immer mehr Mitarbeiter den Tech-Riesen aus Angst vor einem schlechten Ruf verlassen wollen

Metas neues Schild wird am Hauptsitz enthüllt.
Metas neues Schild wird am Hauptsitz enthüllt.

Immer mehr Angestellte von Facebook verlassen das Unternehmen und suchen nach neuen Jobs. Laut Recruitern aus der Tech-Branche und internen Facebook-Quellen sind wohl auch die aktuellen Skandale, die dem Ruf des Social-Media-Riesen geschadet haben, der Auslöser dafür. Erst vor Kurzem haben die Aussagen von Whistleblowerin Frances Haugen für große Aufruhr gesorgt. Interne Dokumente, die von ihren Anwälten veröffentlicht wurden, zeigten Facebooks Ignoranz gegenüber seinen Nutzern. Das Unternehmen war sich über die Schäden, die Mitgliedern durch die Plattform zugefügt wurden, häufig bewusst – doch ignorierte die Warnungen der Mitarbeiter.

Die Enthüllungen folgen auf bereits bestehende Probleme wie abnehmendes Nutzerwachstum, behördliche Untersuchungen, Manipulationen der Plattform aus dem Ausland und hohe Geldstrafen. Jetzt reicht es einigen Mitarbeitern offenbar – und sie schauen sich anderweitig im hart umkämpften Jobmarkt der Tech-Branche um. Dort bieten vor allem gut finanzierte Startups und große Konkurrenten von Facebook Jobs an, die potenziell lohnenswerter und weniger umstritten sind.

„Jahrelang wurden E-Mails, Anrufe und Nachrichten, die Recruiter an Facebooks Mitarbeiter geschickt hat, ignoriert“, sagte Greg Selker, Leiter des nordamerikanischen Technologiebereichs bei der Personalberatungsfirma Stanton Chase. „Dieses Jahr antworten sie nicht nur, sondern viele fragen auch von sich aus um Hilfe.“ Selker behauptet, dass er inzwischen wöchentlich mit Facebook-Mitarbeitern in Kontakt sei. Interesse an neuen Jobs hätten mitunter Vizepräsidenten, Teamleiter und andere Führungskräfte. „Wir sehen, dass sich Facebook-Mitarbeiter umorientieren“, so Selker.

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Auch Jose Guardado, Tech-Recruiter und Gründer von Build Talent, beobachtet den wachsenden Unmut der Facebook-Mitarbeiter. „Es war lange Zeit quasi unmöglich, Leute von Facebook wegzubekommen, doch jetzt läuft das Fass über und die Mitarbeiter haben genug“. Andere Recruiter, die aufgrund des sensiblen Themas nicht genannt werden wollten, berichteten Business Insider von ähnlichen Erfahrungen.

Ein Facebook-Unternehmenssprecher sagte auf Anfrage, dass die Zahl der Mitarbeiter im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent gestiegen sei und fügte hinzu, dass das Unternehmen „weiterhin intensiv in den USA und weltweit einstellen will.“ Der Konzern existiert bereits seit 17 Jahren und die meiste Zeit wurde das Unternehmen dafür bejubelt, einer der besten Arbeitgeber der Welt zu sein – mit großzügigen Leistungen, Vergünstigungen und Vergütungen. Social Media war ein Tor, das die Welt verband – und Mitarbeiter haben trotz der hohen Arbeitsbelastung und der gespaltenen Meinung über Mark Zuckerberg gerne dort gearbeitet. In letzter Zeit haben sich die Gefühle gegenüber ihrem Arbeitgeber bei vielen jedoch geändert.

2018 war Facebook noch auf Platz 1 im Glassdoor-Ranking der besten Arbeitgeber in den USA. Dieses Jahr fiel das Unternehmen auf den elften Platz und damit hinter andere Tech-Größen wie Nvidia, Google und Microsoft zurück. Auf Facebooks interner Plattform „Workplace“ haben einige Posts von Mitarbeitern vor allem während der Pandemie für Unruhen gesorgt. Ein Mitarbeiter schrieb im letzten Jahr, dass Zeiten „intensiver Neuausrichtung und Vervielfachung von Produkten, Strategien und Prozessen“ die Auslöser für „Burnouts und bedauerliche Verluste“ sein können.

Auch Facebooks Marke hat dadurch auch einen Rückschlag erlitten. Laut dem jährlichen Ranking von Internetbrands befindet sich Facebook in diesem Jahr auf Platz 15, eine deutliche Verschlechterung von Platz acht vor vier Jahren. In dieser Zeit fiel auch der geschätzte Wert von Facebook von 48 Milliarden auf 36 Milliarden Dollar – Amazons Wert hingegen hat sich fast vervierfacht und liegt jetzt bei 250 Milliarden Dollar. „Man hat jetzt ein ungutes Gefühl bei Facebook, das man vorher nicht hatte“, sagt ein erfahrener Recruiter aus der Tech-Branche.

Grafik: Andy Kiersz/Insider
Grafik: Andy Kiersz/Insider

Die Bezahlung sei zwar gut, doch Mitarbeiter ließen sich trotzdem weglocken oder würden darüber nachdenken, das Unternehmen zu verlassen – ihre Sorge, ihr Ansehen zu verlieren, wenn sie weiter bei Facebook blieben, sei zu groß. Andere werden von den Versprechen einer neuen, innovativen, aufregenden Arbeit anderswo angezogen, sagen Recruiter. „Die Klienten von uns, die eine klare Mission haben und eindeutige Ziele verfolgen, werden beliebter“, so Jose Guardado zu Business Insider. „Immer mehr Menschen wollen bei ihrer Arbeit ein gutes Gefühl haben und ich denke, dass die Entscheidungen von Facebooks Management das derzeit schwierig machen.“

Ein ehemaliger Entwickler bei Facebook verriet im Gespräch mit Business Insider, dass er von der Arbeit gelangweilt war: „Facebook ist veraltet.“ Zusätzlich führe die politische und öffentliche Stimmung dazu, dass manche besorgt um Facebooks Ruf seien – und damit um ihre eigene zukünftige Karriere.

Ein weiterer Entwickler machte seinen Ärger Luft auf Blind, einem anonymen sozialen Netzwerk für Arbeitnehmer. Dort muss man sich mit einer Unternehmens-Mailadresse verifizieren. Er erstellte eine Umfrage und lies die anderen Mitglieder darüber abstimmen, ob er ein Angebot von Netflix oder Stripe annehmen sollte. „Mir macht meine Arbeit bei Facebook keinen Spaß mehr und deswegen will ich gehen“, schrieb er. Bei über 1.100 Stimmen riet ihm die Mehrheit zu Netflix. Er meinte, der Streaming-Riese hätte ihm ein jährliches Gehalt von 580.000 Dollar angeboten.

„Wir glauben, dass wir derzeit jeden aus Facebooks Entwicklerteam abgreifen können“, sagte Andy Price, Tech-Recruiter und Gründer von Artisanal Talent. „Die Entwickler verlassen Facebook in Scharen. Und warum sollten sie das nicht tun? Man verdient bei Facebook zwar ein bisschen mehr Geld, aber die, die zu uns kommen, wollen lieber neue Unternehmen aufbauen. Alle sagen das Gleiche: Anfangs hätten sie für Facebook an tollen Sachen gearbeitet - jetzt gehe es nur noch um Werbung.“ Auch viele Top-Level-Mitarbeiter haben kürzlich das Unternehmen verlassen, etwa App-Chefin Fidji Simo, Anzeigen-Leiterin Carolyn Everson, Entwicklungs-Vize Jay Parikh und Chief Revenue Officer David Fischer. Im September kündigte sogar der langjährige Technik-Chef Mike Schroepfer an, das Unternehmen zu verlassen.

Fidji Simo ist jetzt CEO von Instacart.
Fidji Simo ist jetzt CEO von Instacart.

Schon vor Frances Haugens Aussagen im Oktober hatte Facebook Schwierigkeiten, neue Mitarbeiter zu finden – interne Dokumente von Haugen deuteten darauf hin, dass der flüchtige Arbeitsmarkt ein Grund dafür sei. „Wir leiden gerade unter Wachstumsschwierigkeiten“, schrieb ein Geschäftsführer dieses Jahr in einer Memo. Im ersten Viertel des Jahres wurde nur die Hälfte der Jobangebote, die Facebook für Stellen in der Bay Area gemacht hat, angenommen – ein Rückgang von 15 Prozent gegenüber 2020.

Samidh Chakrabarti, ein ehemaliger Manager, verließ Facebook im September und spricht seitdem offen über die Arbeit bei dem Social-Media-Riesen. In einem Twitter-Thread analysierte er Facebooks Pläne für das Metaverse und kritisierte den konstanten Druck, der mit der „Wachstum um jeden Preis“-Mentalität einherging. „Die Mitarbeiter müssen hier gewissenhaft handeln“, schrieb er in einem Tweet. „Lasst Facebook nicht mit der bisherigen Ignoranz von seinem Einfluss auf die mentale Gesundheit der Nutzer davonkommen. Ihr solltet euer Geld verdienen, ohne andere zu Schaden kommen zu lassen.“

Trotzdem glaubt Chakrabarti, dass Facebooks neuer Fokus auf Virtual und Augmented Reality dem Unternehmen jetzt die Chance gibt, nachhaltigere Produkte zu entwickeln. „Ich hoffe, dass sich etwas ändert. Doch dafür muss die ganze Arbeitskultur umgekrempelt werden“, schrieb er. Die Umbenennung zu Meta könnte die Bewerberzahlen anheben. Laut Chakrabarti könnten etwa Entwickler von den neuen Metaverse-Projekten angezogen werden, weil sie dann nicht weiter an bereits existierenden Algorithmen herumspielen müssten.

Eine Studie von Blind zeigt, dass 84 Prozent von fast 1.200 Mitarbeitern die Umbenennung zu Meta unterstützen, viele Angestellte sind vom Metaverse überzeugt. Zwar wird die Unterstützung der Mitarbeiter „die Kritiker nicht umstimmen, könnte aber bei der Rekrutierung neuer Leute enorm helfen“, schrieb Chakrabarti. „Und das ist das eigentliche Ziel.“