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MAN-Betriebsratsaffäre weitet sich aus: Nach Compliance-Ermittlungen stellte die VW-Tochter eine führende Personalmanagerin frei und versiegelte ihre Bürotür

Nicht einmal ein Jahr ist es her, da hat der vom US-Justizministerium entsandte Compliance-Monitor, Larry D. Thompson, dem Volkswagen-Konzern ein blitzblankes Zeugnis ausgestellt. "Die vorhandenen Strukturen und Prozesse sowie die Verpflichtungen auf allen Ebenen des Unternehmens sowie die Kontrolle durch den Aufsichtsrat können Volkswagen zu einem langfristigen und nachhaltigen Erfolg in Bezug auf Ethik, Integrität und Compliance verhelfen", sagte Thompson. Nach Korruptionsaffären und einem epischen Dieselskandal sei der größte Autobauer der Welt nun auf dem richtigen Weg.

Nun scheint es aber so, dass es immer noch Ecken und Winkel im riesigen VW-Konzern gibt, in die der Kulturwandel noch nicht vorgedrungen ist. Wie Business Insider vergangene Woche enthüllte, erschüttert eine neue Compliance-Affäre das VW-Tochterunternehmen MAN. Beim angeschlagenen Münchner Lkw-Hersteller soll der langjährige Betriebsratschef Athanasios Stimoniaris finanzielle und materielle Vorteile vom Unternehmen erhalten haben, die womöglich gegen das Betriebsverfassungsgesetz verstoßen. Unter anderem habe Stimoniaris, intern auch "Saki" genannt, einen Betriebsratskollegen als Chauffeur genutzt, heißt es aus Unternehmenskreisen. In einer Presseerklärung teilte das Unternehmen Ende August lediglich mit, dass Stimoniaris MAN aus "persönlichen Gründen" und "mit sofortiger Wirkung" verlässt.

Weitere Recherchen zeigen nun, wie sich die Affäre hinter den Kulissen längst ausgeweitet hat – und womöglich in Kürze den Konzern erreicht. Dem Vernehmen nach stellte MAN bereits Ende Juli die leitende Personalmanagerin und MAN-Aufsichtsrätin Karin J. frei. Im Unternehmen wurde damals verbreitet, es habe Beschwerden über ihren Führungsstil gegeben. Fotoaufnahmen belegen aber, wie der Werksschutz noch am selben Tag ihr Büro zur Beweissicherung versiegelte und stündlich kontrollierte, ob jemand versucht hatte, die Tür zu öffnen. Mitarbeiter berichten zudem, dass die Managerin einige Tage später ihre persönlichen Gegenstände abholen durfte – unter Begleitung der Compliance-Abteilung und mehrerer Sicherheitskräfte.

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Es scheint ganz so, als wäre J. ein weiteres Puzzleteil in einer bislang undurchsichtigen Affäre. "Sie war der verlängerte Arm des Betriebsratschefs", sagt eine mit dem Vorgang vertraute Person. Beispielsweise habe der Arbeitnehmerführer Vorstellungsgespräche mit Bewerbern für Führungspositionen im Unternehmen geführt. "War Saki überzeugt, leitete er den Kandidaten an J. weiter, die sich um die Formalitäten kümmerte." Nach Informationen von Business Insider gelang es Stimoniaris sogar, trotz Einstellungsstop seine Favoriten an Bord zu holen. Eine abenteuerliche Praxis für gewöhnliche Unternehmen – im VW-Konzern gehörte es viele Jahre zum System.

Dem Vernehmen nach ist J. aber nicht die einzige Personal-Managerin, die in der Affäre um Privilegien für den MAN-Betriebsrat eine Rolle spielen könnte. Demnach richtet sich der Blick der Ermittler auf die ehemaligen Arbeitsdirektoren des Lkw-Herstellers. Zwischen 2012 und 2015 war Jochen Schumm Personalvorstand bei MAN, ging anschließend in den Ruhestand. Derzeit steht er wegen Untreueverdacht vor Gericht. Laut Anklage soll er als VW-Personalleiter überhöhte Gehälter für Betriebsräte ermöglicht haben und damit gegen das Betriebsverfassungsgesetz verstoßen haben. Sein Nachfolger bei MAN, Josef Schelchshorn, blieb nur kurz Personalchef bei MAN, besitzt laut seines LinkedIn-Profils seit mehr als vier Jahren ein "ruhendes Arbeitsverhältnis" mit der Volkswagen AG. Daher könne er sich zu den Vorgängen auch nicht äußern, sagte er auf Anfrage.

Auf Schelchshorn folgte Carsten Intra, der bis Mitte 2020 das Personalressort bei MAN führte und aktuell Vorstandsvorsitzender von Volkswagen Nutzfahrzeuge ist. Hat er in seiner Zeit als Arbeitsdirektor bei MAN dem Betriebsratschef finanzielle oder materielle Vorteile gewährt, die gegen das Betriebsverfassungsgesetz verstoßen könnten? Auf Anfrage wollte Intra keine Fragen beantworten. Ein Sprecher erklärte: "Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu Spekulationen grundsätzlich nicht äußern." Intra galt in seiner Zeit in München als enger Vertrauter von Stimoniaris. Dem Vernehmen nach setzte sich "Saki" sogar bis zu seinem Ausscheiden Ende August dafür ein, Intra als Ersatz für MAN-Chef Andreas Tostmann zurückzuholen.

Vor einem Jahr hatte der Konzern den berüchtigten VW-Sanierer Tostmann zu MAN geschickt, um dringende Sparmaßnahmen durchzusetzen. Betriebsratschef Stimoniaris spielte mit, wohl auch, weil zeitgleich sein Generalsekretär, Martin Rabe, zum Personalvorstand aufstieg. Mittlerweile ist das Trio heillos zerstritten. So soll es auch Tostmann gewesen sein, der die internen Ermittlungen gegen "Saki" und seine Vertrauten vorangetrieben hat. Ein MAN-Sprecher wollte zu "Spekulationen" keine Stellung nehmen.

Noch ist in der Compliance-Affäre um den ehemaligen Arbeiterführer einiges im Unklaren. Aber nicht wenige im Konzern sind sicher: Der abrupt abgetretene Stimoniaris wird noch weitere Manager in Bedrängnis oder gar zu Fall bringen. Und in der Wolfsburger Chefetage geht die Angst vor dem nächsten peinlichen Skandal um.