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Mahnen, Motzen, Mieten einfrieren: Deutschland hat keine Ideen für mehr Wohnraum

Die Politik versagt bei einer wichtigen Herausforderung unserer Zeit: Die GroKo schafft es nicht, effektive Pläne für mehr Wohnraum zu entwickeln.

Ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen ist eine der großen sozialen Herausforderungen. Damit begründet Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) gern, warum eine Wohnungsbauoffensive in Deutschland notwendig ist. Auch die Kanzlerin betont gern, bezahlbarer Wohnraum habe Priorität für ihre Regierung, zuletzt beim Deutschen Mietertag in Köln. Vor allem in den großen Ballungsräumen fehlen Wohnungen – und angesichts eines anhaltenden Zuzugs in die Städte verknappt sich das Angebot tendenziell immer weiter, und die Preise steigen.

Auch in der Nacht zum Montag hat die GroKo keine konkreten Durchbrüche dazu parat. Bis Ende August wurde ein Paket angekündigt, dass mehr bezahlbaren und zusätzlichen Wohnraum schaffen soll. Doch Details dazu blieben zunächst noch offen.

Bislang ist vor allem die Versuchung groß, vermeintliches Heil in der Regulierung zu suchen. Nachdem das Land Berlin vorgeprescht ist und der Senat am Dienstag über einen Mietendeckel in der Hauptstadt beschließen will, werden nun auch die Forderungen nach einem bundesweiten Mietendeckel lauter. In der SPD sprach sich der kommissarische Parteichef Thorsten Schäfer-Gümbel dafür aus, Mieten in gefragten Wohngegenden für fünf Jahre weitgehend einzufrieren.

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Schäfer-Gümbel zufolge geht es um eine Atempause. Es werde damit Zeit gewonnen, „um zu bauen, zu bauen und noch einmal zu bauen“, sagte Schäfer-Gümbel dem Berliner „Tagesspiegel“. Neue Stadtteile müssten entstehen und zudem Wege gesucht werden, „wie wir Arbeit zurück aufs Land bekommen, damit Leute überhaupt nicht in die Situation kommen, in Ballungsräume ziehen zu müssen“.

Ob der Ausruf einer Wohnbauoffensive oder die Forderung „bauen, bauen, bauen“ – in Wahrheit kommt die Politik bei diesem Thema seit Jahren nicht voran. Und zwar nicht nur die Bundespolitik. Landes- und Kommunalpolitik stehen ebenfalls auf der Bremse.

In dieser Woche melden sich erneut Mahner und Beschwichtiger zu Wort. Für Montag um 10 Uhr hat der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) zu seiner Jahrespressekonferenz geladen. „Die Diskussionen sind hochemotional“, heißt es in der Einladung. Obwohl die eigentlich notwendigen Lösungen lange bekannt seien, dauere ihre Umsetzung durch die Politik weiter an. „Die Wohnungswirtschaft“, so die Kritik, rücke immer stärker ins Spannungsfeld von Investitionswillen und politischem Regulierungsdruck“.

Am Dienstag folgt der Tag der Bauindustrie 2019, zu dem auch Bundesbauminister Seehofer geladen ist. Gerade von ihm erhofft man sich klare Worte zu den Bestrebungen, nicht nur in Berlin, sondern möglicherweise bundesweit einen Mietendeckel einzuführen. Auch die fehlende Dynamik in der Wohnungsbaupolitik wird Thema sein.

Eine Million Wohnungen werden gebraucht

Erst am Wochenende legte ein Bericht des Bundesbauministeriums offen, dass der soziale Wohnungsbau in Deutschland trotz Milliardenförderung des Bundes auf niedrigem Niveau verharrt. Nach diesem Bericht, über den die Deutsche Presse-Agentur schreibt, wurden im vergangenen Jahr bundesweit nur 27.040 Sozialwohnungen neu gebaut. Das sind nur 809 Wohnungen mehr als 2017. Nach Einschätzung des Mieterbundes wären aber jährlich rund 80.000 zusätzliche Sozialwohnungen notwendig, um den Bedarf zu decken.

Was folgte, war die übliche Suche nach einem Schuldigen. Seehofer nahm die Länder in die Pflicht. Die Verantwortung für die soziale Wohnraumförderung liege ausschließlich bei diesen, so der CSU-Politiker. Er rechne deswegen fest damit, „dass die Länder die Förderung durch den Bund aus den eigenen Haushaltskassen deutlich aufstocken und in den sozialen Wohnungsbau investieren“.

Die Kanzlerin war in ihrer Rede beim Deutschen Mietertag am Freitag weder auf die Pläne des Berliner Senats eingegangen, die Erhöhung der Mieten für fünf Jahre zu verbieten noch auf die Enteignungsforderungen in der Hauptstadt. Die Bürgerinitiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ hatte am Freitag mehr als 77.000 Unterschriften vorgelegt, um ein Volksbegehren zur Enteignung privater Wohnungskonzerne zu erzwingen.

Die Kanzlerin betonte in Köln stattdessen, dass der Wohnungsbau entscheidend sei, um die soziale Frage des Wohnens zu entschärfen. Die Bundesregierung halte deswegen an dem Ziel fest, dass 350.000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen sollten. Eigentlich hatte die Koalition zu Beginn der Legislaturperiode sogar das Ziel formuliert, in den vier Jahren für 1,5 Millionen neue Wohnungen zu sorgen. Das wären 375.000 pro Jahr. 2018 wurden indes lediglich 285.900 neue Wohnungen fertiggestellt, 1100 Wohnungen mehr als ein Jahr zuvor.

Für 2019 wird bestenfalls mit bis zu 320.000 Wohnungen gerechnet. Die Zahl fehlender Wohnungen wird damit immer größer. Schätzungen zufolge sind es inzwischen mindestens eine Million Wohnungen, die fehlen – vor allem in Ballungsgebieten.

Der Frust über hohe Mieten ist in vielen deutschen Städten groß. Und eine konzertierte Aktion von Politik und Wirtschaft, gemeinsam mehr Wohnraum zu schaffen, ist nicht in Sicht. Es müsste mehr Bauland bereitgestellt und Baurecht schneller umgesetzt werden. Dazu gehört auch, für eine Entrümpelung von Bauvorschriften, Normen und Auflagen und eine Harmonisierung der unterschiedlichen Bauordnungen zu sorgen.

Überfällig sind steuerliche Verbesserungen, über die die Politik zwar diskutiert, aber nicht beschließt. Sein Heil in der Regulierung zu suchen wird die Wohnungsknappheit in Deutschland nicht beseitigen. Es wird nur den Unmut über die Regierung verschärfen.