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Macrons Rendezvous mit den Tech-Bossen

Die üppigen Kronleuchter und die Goldbrokatvorhänge des Hotel Matignon wirken etwas deplatziert, geht es bei dem Treffen von Uber-Boss Dara Khosrowshahi, SAP-Chef Bill McDermott und 48 weiteren Technologie-CEOs mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron doch darum, wie man Technologie zum Guten für alle Menschen der Welt einsetzen kann. Da würde eine bescheidenere Optik helfen.

So aber stehen die Topmanager nacheinander an einem von Goldreliefs umkränzten Podium im Amtssitz des französischen Premiers, um über die Zukunft der Arbeit und andere Fortschrittsfragen zu sprechen, die sie am Nachmittag in Arbeitsgruppen diskutiert haben.

Macron und sein Premierminister Edouard Philippe haben in den Amtssitz des Letzteren im mondänen Stadtteil Faubourg Saint-Germain zum „Tech for Good“-Forum geladen, am Vortag der Pariser Technologiekonferenz Vivatech.

Die Bosse müssen bei dem Symposium den Spagat schaffen zwischen ihrem Amt als Gewinnmaximierer in Chief und dem verantwortungsbewussten Thought Leader. Das gilt insbesondere für den Uber-Chef, dessen Amtsvorgänger Travis Kalanick gerne das „Enfant terrible“ der Tech-Szene gab – etwa als er die Fahrer auf seiner Taxi-Plattform verspottete für ihre Angst vor dem autonomen Fahren, das sie ihre Jobs kosten könnte.

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Als Khosrowshahi zum Abschluss-Statement ansetzt, klingt er schon ganz anders: „Es ist keine Frage, dass Technologie mehr Jobs schafft als sie vernichtet“, setzt er an, „aber das gilt nicht für alle Arten von Jobs.“

Die gesellschaftlichen Verlierer dürfe man nicht ignorieren oder wegdiskutieren: „Durchschnitte können lügen“, sagt Khosrowshahi. Man müsse deshalb den Sozialstaat der neuen Arbeitswelt anpassen – was aus dem Mund von jemandem, dessen Firma von der Gig Economy profitiert, natürlich etwas wohlfeil klingt.

Doch auch Macron, der am Donnerstag die Eröffnungsrede auf der Vivatech hält, hat schließlich eine doppelte Botschaft: Einerseits ist Frankreich eine „Start-up-Nation“ – ein Land, das Gründer und Technologie-Konzerne fördert. Erst im März hat der Präsident den Anstoß zu einem „nationalen Programm für KI“ (künstliche Intelligenz) gegeben, das im Kern vier bis fünf Institute aus den besten Hochschulen des ganzen Landes umfassen soll.

Andererseits will Macron die Großtechnologen aus dem Silicon Valley auch an ihre Verantwortung für den Datenschutz und den sozialen Zusammenhalt erinnern – nicht zufällig ist der Auftritt von Facebook-Chef Mark Zuckerberg, der nach seinem umstrittenen Auftritt im EU-Parlament nach Paris weiterreiste, das zweite Großereignis auf der Konferenz.

Auch wenn der Facebook-Gründer am Abend nicht mehr zum Sitz des Premiers kommt, auch er hat mit Macron tagsüber gesprochen – über Reizthemen wie die auf seiner Plattform grassierenden Lügennachrichten oder Frankreichs Digitalsteuer.

Auf einer Veranstaltung mit ausgewähltem Publikum schildert Zuckerberg am Mittwochabend dann seine große Hoffnung, die er in die künstliche Intelligenz setze: Sie werde dabei helfen, die Krankenvorsorge zu verbessern, wenn sie zum Beispiel Ärzte dabei helfen würde, Krankheiten schneller zu entdecken.

Sie werde Autos sicherer machen – und natürlich auch Facebook selbst, so der Gründer: „Eines Tages wird sie uns auch gegen Dinge wie Fake-News helfen.“ Damit das auch so kommt, verkündet das Unternehmen eine Erhöhung der Investitionen am Standort Paris, wo das Unternehmen sein größtes Forschungszentrum für künstliche Intelligenz betreibt. Zuckerberg selbst spricht davon, dass man in Paris eine Pipeline für KI-Talente errichten wolle – viel schöner hätte es wohl auch Macron nicht sagen können.

Kein offener Streit

Allzu viel Konflikt zwischen den französischen Gastgebern und den Gästen aus dem Silicon Valley dürfte also nicht zu spüren sein – dafür wird nicht zuletzt Zuckerbergs Interviewer Maurice Levy sorgen. Der langjährige Chef der Werbegruppe Publicis und Grandseigneur der französischen Managerelite ist Initiator der Vivatech, die innerhalb von nur drei Jahren eine der größten Tech-Messen des Kontinents geworden ist.

8000 Start-ups stellen sich vor, viele unter den Fittichen von Großkonzernen wie Siemens, IBM, L’Oréal oder der Luxusriese LVMH. 103 Länder sind vertreten.

Ein besonderer Schwerpunkt gilt diesmal Afrika. „Wir haben den Eindruck, dass die technologischen Brüche in Afrika noch radikaler sind als in den westlichen Gesellschaften“, sagt Vivatech-Chef Maxime Baffert dem Handelsblatt.

Viele Länder kämpften mit Handicaps bei der Infrastruktur, der Finanzierung oder den juristischen Vorschriften. „Das führt aber auch dazu, dass junge Afrikaner eine besonders frugale Technik entwickeln, mit oft frappierenden Lösungen“, begeistert sich Baffert.

Eines der in Paris vertretenen Start-ups aus Afrika habe etwa eine innovative Bezahlfunktion über das Handy verknüpft mit dem Zugang zu Strom aus Photovoltaik. „Es gibt eine Reihe afrikanischer Unternehmen, die auf dem großen Sprung sind“, sagt Baffert.

Wirtschaftliche und menschliche Entwicklung, Wachstum und Ausgleich – das sind die Themen, die die Gespräche in Paris bestimmen sollen.

Die Entwicklung von künstlicher Intelligenz sei ein „historischer Wendepunkt“ in der Menschheitsgeschichte, sagt Premierminister Edouard Philippe, als er für seine Abschlussrede an dem goldumsäumten Podium im Matignon steht und Seneca, Lenin und Descartes zitiert.

Große Macht könne die Menschen einschüchtern und aufbegehren lassen. Es sei an den CEOs im Raum, daran zu denken. „Mit großer Macht kommt große Verantwortung“, sagt er dann, das habe ein weiterer großer Philosoph gesagt: Peter Parker – besser bekannt als Spiderman.