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Bundesregierung stellt sozialen Netzwerken Ultimatum

Hasskommentare - Bundesregierung stellt sozialen Netzwerken Ultimatum

In der Debatte über den Umgang mit Hasskommentaren im verstärkt Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) den Druck auf Google, Facebook und Twitter. Falls die Unternehmen bis Anfang kommenden Jahres keine Fortschritte dabei machen, die ihnen gemeldeten und nach deutschem Recht strafbaren Beiträge innerhalb von 24 Stunden zu löschen, „sollten wir darüber nachdenken, ob wir die rechtliche Verantwortung derjenigen stärken müssen, die die Verbreitung dieser Hass-Kommentare technisch ermöglichen und dulden“, sagte Maas bei einer vorläufigen Bilanz zu Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet in Berlin.

Ein sogenannter Monitoring-Prozess von „jugendschutz.net“ zur Überprüfung der Zusagen der sozialen Netzwerke laufe noch bis März nächsten Jahres. „Ich erwarte, dass es bis dahin weitere deutliche Verbesserungen bei der Löschung von strafbaren Hass-Postings gibt“, betonte Maas. Die zahlreichen Gespräche mit den Unternehmen in Rahmen der von ihm initiierten „Task Force“ hätten sich zwar gelohnt. Die Lage sei besser geworden, aber, so Maas, „sie ist noch lange nicht gut“. Daher müsse der Druck auf die Unternehmen aufrechterhalten werden. "Gerade Jugendliche dürfen Hass und Hetze im Netz nicht als Selbstverständlichkeit erleben", mahnte auch Bundesjugendministerin Manuela Schwesig (SPD).

Angesichts der zunehmenden Verbreitung von Hasskriminalität über das Internet hatte Maas im September 2015 die Bildung einer „Task Force“ zum „Umgang mit rechtswidrigen Hassbotschaften im Internet“ gebildet. Mit dabei: Internetanbieter (Google mit der Videoplattform „Youtube“ sowie Facebook und Twitter), zivilgesellschaftliche Organisationen und Einrichtungen der Medienkontrolle. Vereinbart wurden konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassinhalten im Internet. Die Unternehmen haben demnach zugesagt, die ihnen gemeldeten und nach deutschem Recht strafbaren Beiträge innerhalb von 24 Stunden zu löschen.

Die Zusagen wurden nun im Auftrag des Ministeriums von der Organisation „jugendschutz.net“ überprüft. Das Ergebnis ist ernüchternd. Als positiv wertet Maas, dass strafbare Inhalte häufiger und schneller gelöscht würden als noch im Frühjahr. Das habe aber immer nur dann besonders gut funktioniert, wenn „jugendschutz.net“ sich direkt als Institution an die Anbieter gewandt habe.

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Um herauszubekommen, wie die Plattformen reagieren, meldete das länderübergreifende Kompetenzzentrum für Jugendschutz im Internet über 600 strafbare Beiträge - als normaler User und als Organisation. Im ersten Fall löschte oder sperrte Facebook 46 Prozent der gemeldeten strafbaren Inhalte, bei YouTube führte nur eine von zehn Meldungen zur Löschung, bei lediglich eine von hundert.

Das „größte Problem“ liege darin, so Maas, dass die Beschwerden von Nutzern nicht ernstgenommen würden. Bessere Löschquoten waren demnach erst zu verzeichnen, wenn "jugendschutz.net" die strafbaren Inhalte nicht als User, sondern selbst direkt per E-Mail meldete (YouTube 96 Prozent, Facebook 84 Prozent, Twitter 26 Prozent der dann noch verbliebenen strafbaren Inhalte). "Die Zusicherung, die Mehrzahl der gemeldeten rechtswidrigen Hassbotschaften innerhalb von 24 Stunden zu entfernen, wird noch von keinem Unternehmen eingelöst", kritisierten Maas und seine Kabinettskollegin Schwesig.


Maas schließt EU-Vorgehen gegen Facebook & Co. nicht aus

Schwesig kündigte weitere Tests an, um etwaige Mängel aufzudecken. "Wir werden künftig ein systematisches und regelmäßiges Monitoring jugendaffiner Plattform dauerhaft verankern", sagte die SPD-Politikerin. "Bei der Bekämpfung von Hass im Netz können wir auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn wir eine Kultur gemeinsamer Verantwortung entwickeln. Deshalb wollen wir auch künftig mit den Unternehmen bei der Abwehr von rechtswidrigen Hassbotschaften zusammenarbeiten."

Facebook nannte am Montag erstmals eine eigene Zahl zu entfernten Beiträgen: Innerhalb des vergangenen Monats seien in Deutschland rund 100.000 Inhalte mit Hassrede gelöscht worden, sagte der europäische Politik-Verantwortliche Richard Allan. Das Online-Netzwerk macht allerdings keine Angaben dazu, wie viele Meldungen in dieser Zeit insgesamt erstattet wurden und wie sich die Zahl gelöschter Inhalte in den vergangenen Monaten entwickelte.

Die Grünen fordern nun von der Bundesregierung, Facebook wesentlich stärker als bisher in die Pflicht zu nehmen. „Vor allem brauchen wir klare vom Staat definierte Spielregeln statt windiger Vereinbarungen auf der Basis von Freiwilligkeit“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Dieter Janecek, dem Handelsblatt. „Fakt ist: Unser Rechtsstaat hat vor Facebook kapituliert und sich auf einen Scheindeal freiwilliger Vereinbarungen eingelassen, die schädlich für unser Zusammenleben sind“, kritisierte der Grünen-Politiker.

Janecek, der auch dem Digitalausschuss des Bundestages angehört, warf der Bundesregierung vor, über einen „vagen Begriff namens Hatespeech“ zu debattieren, statt konsequent die Durchsetzung von bestehendem Recht einzufordern. „Unser Rechtsstaat bietet klare Handlungsmöglichkeiten, gegenüber Beleidigungen, Hetze und sonstigen Regelübertretungen konsequent vorzugehen“, betonte er. Janecek räumte aber zugleich ein, dass die Durchsetzung dieser Regeln gegenüber Facebook oftmals nicht erfolgen könne, da das Unternehmen mit Stammsitz Kalifornien versuche, sich deutscher Rechtsetzung zu verweigern. „Das können wir nicht länger hinnehmen.“

Janecek sieht daher auch das Internetunternehmen selbst am Zug. „Facebook muss endlich einen ständigen Ansprechpartner für die Ermittlungsbehörden einrichten sowie zusagen, bei Ermittlungsersuchen umfänglich zu kooperieren“, sagte der Grünen-Politiker. Polizei und Ermittlungsbehörden müssten zeitgleich „ein kräftiges Signal setzen, Anzeigen konsequenter als bisher zu verfolgen“. Schulen müssten überdies den Kindern in hohem Maße „reflektierende und kritische Medienkompetenz“ beibringen. „Das Verblödungspotential sozialer Netz werke ist einfach zu hoch, allein schon deshalb, weil Algorithmen dafür sorgen, dass der User immer das zuerst sieht, was ihm am meisten gefällt“, sagte Janecek. „Kritisches Denken wird so nicht gefördert, gerade hiervon lebt aber eine lebendige Demokratie.“

Maas schließt indes auch nicht aus, dass der Druck auf die Internetkonzerne europaweit erhöht wird. Er wies darauf hin, dass auf EU-Ebene derzeit über eine Richtlinie zu audio-visuellen Medien diskutiert werde. Sie regle die Verantwortung von Medienanbietern für die Inhalte, die sie verbreiten. „Bislang rechnen wir soziale Netzwerke nicht zu den Medienanbietern“, sagte Maas. „Wir sollten uns fragen, ob das auch weiterhin sachgerecht ist oder nicht.“


„Immer größere Gefahr für die demokratische Streitkultur im Netz“

Eines der größten Probleme bleibe zudem die fehlende Transparenz. „Wir sollten daher prüfen, ob wir Soziale Netzwerke verpflichten offenzulegen, wie viele Beschwerden wegen illegaler Hass-Kommentare sie bekommen haben und wie sie damit umgegangen sind.“ Dies könne eine Option sein, um die Unternehmen stärker in die Pflicht zu nehmen.

Maas erinnerte daran, dass Unternehmen, die mit ihren sozialen Netzwerken viel Geld verdienen, auch eine gesellschaftliche Verpflichtung hätten. „Kein Unternehmen sollte zulassen, dass seine Dienste zur Verbreitung von strafbarem Hass, Rassismus, Antisemitismus oder islamistischen Terrorphantasien missbraucht werden.“ Zumal die Verbreitung von Hasskriminalität zu einer „immer größeren Gefahr für die demokratische Streitkultur im Netz“ werde.

Die Grenzen der Meinungsfreiheit seien klar definiert, betonte Maas. Diese Grenzen müssten auch in sozialen Netzwerken gelten. „Beleidigungen, Bedrohungen, Volksverhetzung und Gewaltaufrufe sind Straftaten und dürfen auch im nicht akzeptiert werden“, stellte der Minister klar. Dabei seien Justiz, Zivilgesellschaft und Unternehmen gleichermaßen gefordert.

KONTEXT

Facebook in Zahlen

Tägliche Nutzer

Im Dezember 2015 griffen jeden Tag 1,04 Milliarden Nutzer auf den Facebook-Dienst zu, davon 934 Millionen von mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets.

Quelle: das Unternehmen.

Monatliche Nutzer

Pro Monat waren es im Dezember 2015 1,59 Milliarden Nutzer bei Facebook aktiv, 14 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Videos

Täglich werden über vier Milliarden Videos auf der Facebook-Plattform abgerufen.

Kurznachrichten

Nutzer von Facebook-Apps verschicken täglich 45 Milliarden Kurzmitteilungen. Dem Konzern gehört neben dem Facebook Messenger auch der Dienst WhatsApp.

Instagram

Die Foto-Plattform Instagram wird jeden Monat von 400 Millionen Nutzern besucht.

KONTEXT

Der Nazi-Jargon der AfD

Auffällige Nazi-Rhetorik bei einzelnen AfD-Politikern

Der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Sprache, Peter Schlobinski, betont zwar, dass man nicht die gesamte (Alternative für Deutschland) AfD über einen Kamm scheren dürfe. "Doch einzelne Mitglieder pflegen eine auffällige Nazi-Rhetorik. Der Rhythmus, das sprachliche Diktum, die Emotionalisierung - es gibt einiges, was stark an die NSDAP-Sprache angelehnt ist." Und der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke sei ja schon "fanatisch in seiner Sprache". Es folgen einige Beispiele.Quelle: "Stern", eigene Recherche.

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef

"3000 Jahre Europa! 1000 Jahre Deutschland!"

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef (2)

"Erfurt ist "¦ schön "¦ deutsch! Und schön deutsch soll Erfurt bleiben!"

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef (3)

"Das Boot ist übervoll und wird kentern."

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef (4)

In einem Vortrag stellte Höcke das Bevölkerungswachstum Afrikas in einen Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise, was weithin als biologischer Rassismus bewertet wurde. Er sprach von einem "Bevölkerungsüberschuss Afrikas" und erklärte, der "lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp" treffe in Europa auf den "selbstverneinenden europäischen Platzhaltertyp". Dann schlussfolgerte er: "Solange wir bereit sind, diesen Bevölkerungsüberschuss aufzunehmen, wird sich am Reproduktionsverhalten der Afrikaner nichts ändern."

André Poggenburg, Chef der AfD in Sachsen-Anhalt

In ihrem auf Facebook verbreiteten Weihnachtsgruß vom 24.12.2015 sprach die AfD Sachsen-Anhalt unter anderem davon, in der Weihnachzeit über die "Verantwortung für die Volksgemeinschaft und nächste Generation" nachzudenken. Der verwendete Begriff "Volksgemeinschaft" löste daraufhin eine Diskussion aus. Denn, so der Politikwissenschaftler Samuel Salzborn von der Universität Göttingen bei "tagesschau.de", der Begriff der Volksgemeinschaft sei historisch "eindeutig durch den Nationalsozialismus belegt". Der Begriff sei in einer Demokratie unhaltbar, so der Professor, selbst wenn man sich auf den Standpunkt historischer Naivität zurückziehen würde. Die Idee einer Volksgemeinschaft sei generell nicht mit den Vorstellungen von Demokratie vereinbar.

Alexander Gauland, Brandenburg-AfD-Chef

"Es wird Zeit, dass wir das Schicksal des deutschen Volkes, damit es ein deutsches Volk bleibt, aus den Händen dieser Bundeskanzlerin nehmen."

Alexander Gauland, Brandenburg-AfD-Chef (2)

"Das Boot ist voll. Auch um der Flüchtlinge willen muss Deutschland jetzt die Notbremse ziehen."

Frauke Petry, AfD-Bundesvorsitzende

"Die deutsche Politik hat eine Eigenverantwortung, das Überleben des eigenen Volkes, der eigenen Nation sicherzustellen."

Markus Frohnmaier, Bundesvorsitzender der Jungen Alternative (JA)

"Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht - denn wir sind das Volk, liebe Freunde."