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Rettungsplan nimmt letzte Hürde: Aktionäre der Lufthansa stimmen Staatseinstieg zu

„Wir haben kein Geld mehr“, machte Aufsichtsratschef Kley (vordere Reihe, Mitte) gleich zu Beginn deutlich. Foto: dpa

Die Lufthansa kann mit Staatshilfe weiterfliegen: Die Aktionäre haben auf einer außerordentlichen Hauptversammlung grünes Licht für das milliardenschwere Rettungspaket gegeben.

Über sechs Stunden dauerte die virtuelle Hauptversammlung der Lufthansa. Mehr als 600 Fragen waren vorab eingereicht worden. Doch um 18.10 Uhr stand fest: Das Rettungspaket bekommt die notwendige Zweidrittelmehrheit der anwesenden Anteilseigner. 98,04 Prozent stimmten schließlich der Rettung der Airline-Gruppe zu.

Die Lufthansa-Aktie baute nach der Abstimmung ihre Kursgewinne im Späthandel aus und stieg um 9,1 Prozent auf 10,47 Euro. Den Xetra-Handel hatte die Lufthansa-Aktie noch bei 9,59 Euro beendet.

Zuvor übten die Aktionäre jedoch massive Kritik am Rettungspaket für die Fluggesellschaft. „Warum darf der Staat an der Lufthansa-Rettung Geld verdienen, während die Altaktionäre bluten müssen?“, fragte etwa Patrick Schuchter, Portfoliomanager bei Union Investment.

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Vor allem der Einstieg des Staates mit 20 Prozent zu einem Vorzugspreis von 2,56 Euro stört die Anteilseigner, allen voran Großaktionär Heinz Hermann Thiele. Hinzu kommt Kritik an der Verzinsung der geplanten stillen Einlage im Volumen von 5,7 Milliarden Euro, die nach 2027 auf 9,5 Prozent steigen soll.

Die Bundesregierung hat sich erleichtert gezeigt. Nun habe der Konzern eine Perspektive „die gegenwärtig schwerste Herausforderung ihrer Geschichte zu bestehen zu und zu überstehen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Donnerstag in Berlin. Die Lufthansa habe eine Chance, daraus gestärkt hervorzugehen. Die Beteiligung werde „keinen Tag länger“ bestehen als notwendig. Der Bund mische sich nicht ins operative Geschäft ein. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sieht in der umfassenden Finanzierung durch den Bund die Chance für die Lufthansa, wieder dynamisch durchstarten zu können. Dobrindt sagte: „Ziel bleibt, dass der Bund sich möglichst schnell wieder aus dem Unternehmen zurückzieht, wenn die Krise überwunden ist.“

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte, das sei eine gute Nachricht für das Unternehmen selbst, die Beschäftigten und den Wirtschaftsstandort Deutschland. „Mit den Finanzhilfen stabilisiert die Bundesregierung ein großes deutsches Unternehmen, das kerngesund war und durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie in schwere Turbulenzen geraten ist.“

Auf der Hauptversammlung ging dabei es um nicht weniger als die Zukunft der deutschen Airline-Gruppe, die durch Corona in eine Schieflage geraten ist. Neun Milliarden Euro vom Staat werden gebraucht, die nun fließen können.

„Wir haben kein Geld mehr“, machte Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley denn auch gleich zu Beginn deutlich. Und appellierte an die Aktionäre: „Der Aufsichtsrat hat trotz großer Bedenken im Einzelnen der Beschlussvorlage zugestimmt. Bitte tun das auch Sie, liebe Aktionäre.“

Die Anspannung war den wenigen Anwesenden anzumerken. Neben Vorstandschef Carsten Spohr und Aufsichtsratschef Kley hatte sich am Mittwoch nur eine Handvoll Manager und Kontrolleure in der Lufthansa-Konzernzentrale eingefunden.

Die gute Nachricht erreichte die Runde schon vor Beginn der außerordentlichen und virtuell abgehaltenen Hauptversammlung: Großaktionär Heinz Hermann Thiele hatte gerade noch rechtzeitig vor dem Aktionärstreffen dem staatlichen Rettungspaket seinen Segen gegeben.

Bis zum Mittwochabend hatte Thiele sein Abstimmungsverhalten offengelassen. Der Münchener Unternehmer hält 15,52 Prozent an Lufthansa. Laut den Bedingungen des Stabilisierungspakets müssen bei einer Präsenz von unter 50 Prozent zwei Drittel der anwesenden Aktionäre zustimmen. Am Donnerstag lag die Präsenz aber nur bei 39,32 Prozent.

Mit seiner Beteiligung hätte Thiele also die Kapitalerhöhung blockieren können, die notwendig ist, damit der Staat für 300 Millionen Euro mit 20 Prozent bei der Airline einsteigen kann. Ohne Beteiligung des Staates wiederum würden auch die anderen Gelder nicht fließen – ein KfW-Kredit über drei Milliarden Euro sowie eine stille Einlage über insgesamt 5,7 Milliarden Euro.

Der Unternehmer stört sich neben dem niedrigen Bezugspreis für den Bund von 2,56 Euro je Aktie etwa an der hohen Staatsbeteiligung und fürchtet, dass damit eine harte Sanierung erschwert werden könnte. Die Aktie kostet derzeit etwas weniger als zehn Euro. Thiele hatte deshalb Nachbesserungen verlangt.

Ein Gespräch mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Lufthansa-Chef Spohr am Montag in Berlin brachte aber keine Klärung. Lufthansa und auch der Bund hatten sich deshalb auf ein Scheitern vorbereitet.

Doch dann hatte Thiele zur Überraschung aller am Mittwochabend gegenüber der „FAZ“ erklärt, der Beschlussvorlage zustimmen zu wollen. „Es gibt nach wie vor unterschiedliche Positionen mit den Regierungsvertretern“, so Thiele. Es sei klar, dass er als Ankeraktionär künftig im Risiko stehe. „Deshalb werde ich auch in Zukunft Einfluss nehmen auf die Entwicklung der Lufthansa.“

Thiele hatte viele Fragen

Thiele, der sich nach Aussagen von Spohr bei der Hauptversammlung anwaltlich vertreten ließ, bombardierte das Management mit unzähligen Fragen. Die beantwortete das Management en bloc, nicht thematisch gebündelt wie bei den anderen Anteilseignern. Die Konzernspitze wollte wohl keinen Ansatzpunkt für mögliche Anfechtungs- oder andere Klagen liefern.

Unter anderem wollte der Unternehmer wissen, ob anders als in den Vorgaben des zuständigen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) nicht das Bundeswirtschaftsministerium, sondern das Finanzministerium die Federführung der Verhandlungen übernommen habe. Spohr verneinte. Aus Sicht der Lufthansa habe das Finanzministerium zu keinem Zeitpunkt die Federführung gehabt.

Mit seinen kritischen Fragen steht Thiele nicht allein. Auch andere Anteilseigner stören sich an den Konditionen des Rettungspakets. Die stille Einlage etwa wird in den ersten zwei Jahren mit vier Prozent verzinst, danach steigt der Satz kontinuierlich an, bis er nach 2027 dann 9,5 Prozent erreicht.

„Uns Aktionären bleibt nichts anderes übrig, als der Kapitalerhöhung für den Einstieg des Staates zähneknirschend zuzustimmen. Ansonsten wäre der Kranich kein Vogel mehr“, erklärte Vanessa Golz, Spezialistin Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment, in ihrem Statement.

Schuchter von Union Investment äußerte Bedenken, dass die Rückzahlung der Staatshilfen die Handlungsfähigkeit des Unternehmens zu stark einschränken könnte: „Wie können Sie verhindern, dass die Lufthansa von diesem Schuldenberg erdrückt wird?“

Immerhin: Zwei gute Nachrichten konnte das Lufthansa-Management den Anteilseignern präsentieren. Die EU-Kommission genehmigte die zentralen Elemente der Staatshilfe. Zudem einigten sich Management und die Kabinengewerkschaft UFO auf den Sparbeitrag der Crew-Mitarbeiter zur Rettung des Konzerns. Er umfasst Einsparungen von mehr als einer halben Milliarde Euro. Im Gegenzug soll es einen vierjährigen Kündigungsschutz bis Ende 2023 geben.

Gerettet ist die Lufthansa noch lange nicht. So kündigte der Chef der Billigairline Ryanair, Michael O’Leary, noch während der laufenden Hauptversammlung an, gerichtlich gegen die Entscheidung der EU-Kommission vorzugehen. Die Staatshilfen seien ein „spektakuläres Beispiel dafür, wie ein reicher EU-Mitgliedstaat die EU-Verträge zum Nutzen seiner nationalen Wirtschaft und zum Nachteil ärmerer Länder ignoriert“.

Mitarbeit: Kerstin Leitel