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Die Luftfahrt ordnet sich neu

Die British-Airways-Mutter IAG übernimmt große Teile von Niki und auch die Konkurrenz befindet sich im Wandel. Auf die europäischen Airlines wartet ein schwieriges Jahr. Was 2018 für Lufthansa, Air France und Co. bringt.

Die British-Airways-Mutter IAG hat im Bieterrennen um die insolvente Air-Berlin-Tochter Niki kurz vor Jahresende den Zuschlag erhalten. Der zu IAG gehörende spanische Billigflieger Vueling werde große Teile des Niki-Geschäftsbetriebes für 20 Millionen Euro übernehmen, teilte IAG am späten Freitagabend mit.

Zudem erklärte sich die International Airlines Group (IAG) bereit, der österreichischen Fluglinie für die Zeit bis zur Übernahme mit Finanzmitteln von bis zu 16,5 Millionen Euro unter die Arme zu greifen. Damit sollen ab Anfang Januar die laufenden Betriebskosten gedeckt werden.

Nach Angaben des vorläufigen Niki-Insolvenzverwalters Lucas Flöther sollen rund drei Viertel der Arbeitsplätze erhalten bleiben. Nach Darstellung von IAG-Chef Willie Walsh passt Niki perfekt in die Strategie von Vueling.

Doch wo es Freud gibt, gibt es in der Regel auch Leid. Und in der Luftfahrt liegen die zurzeit eng beieinander. Einerseits dauert der positive Konjunkturzyklus der Branche seit mittlerweile acht Jahren an, getrieben unter anderem von Wachstum und niedrigen Ölpreisen. Andererseits ist die Branche in Unordnung wie selten zuvor.

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Die Golf-Airlines bekamen 2017 erstmals zu spüren, was eine Wachstumsdelle ist. Turkish Airlines litt unter den politisch unruhigen Zeiten in der Heimat. Und in Europa schüttelten gleich vier Pleiten die Luftfahrtindustrie durcheinander. Das sind klare Hinweise darauf, dass sich der Luftfahrtmarkt in den kommenden Monaten und Jahren massiv verändern und der Gegenwind zunehmen wird.

Wirtschaftlich sieht es für die Luftfahrtbranche im Jahr 2018 zunächst gar nicht so übel aus. Der Weltverband IATA prognostiziert global ein Umsatzplus von satten 9,4 Prozent auf 824 Milliarden Dollar. 2017 konnten die Erlöse nur um 6,3 Prozent zulegen. Das addierte operative Ergebnis soll von 62,6 auf 66,9 Milliarden Dollar wachsen, was dann einer Marge von 8,1 Prozent entspräche,

Schon an dieser Stelle zeigt sich allerdings, dass 2018 wohl kein einfaches Jahr für Lufthansa und Co. werden wird. Denn 2017 betrug die Marge noch 8,3 Prozent. Auch andere Prognosedaten der IATA deuten auf einen wachsenden Gegenwind für die Luftfahrt hin. So soll sich das Passagierwachstum mit sechs Prozent gegenüber dem von 2017 (7,5 Prozent) abschwächen. Auch werden die Airlines ihre in den Markt gegebene Kapazität wohl nicht mehr so stark ausbauen, die IATA erwartet ein Plus von 5,7 Prozent nach 6,3 Prozent im Jahr 2017. Die Zeiten des stürmischen Wachstums scheinen also zur Neige zu gehen.

Alexandre de Juniac, Generaldirektor der IATA und ehemaliger Chef von Air France KLM, macht dafür vor allem drei Gründe verantwortlich. So würden die Treibstoffpreise eher steigen als weiter fallen. Das werden wohl als Erstes die chinesischen und amerikanischen Fluggesellschaften zu spüren bekommen, weil die sich traditionell weniger stark durch Hedging gegen Preisschwankungen beim Kerosin absichern. In Europa dürfte dieser Effekt erst mit einiger Verzögerung sichtbar werden.

Das gilt nicht für den zweiten Kostentreiber: die Gebühren etwa für die Nutzung von Flughäfen oder die Luftsicherheit. Sie steigen seit Jahren und haben bei vielen Fluggesellschaften mittlerweile den Treibstoff als größten Kostenblock vom Thron gestoßen. Im kommenden Jahr dürfte noch ein dritter Faktor die Stückkosten anwachsen lassen: die Lohnkosten. Piloten seien weltweit knapp, das werde auf mittlere Sicht zu steigenden Löhnen führen, prognostiziert de Juniac.

Der letzte Punkt ist Folge einer radikalen Veränderung im Luftfahrtmarkt. Das wohl prägnanteste Beispiel dafür sind die Vorgänge beim irischen Billiganbieter Ryanair. Seit der Gründung wächst die Airline rasant. Wesentlicher Bestandteil des Erfolgsrezepts sind enorm niedrige Personalkosten und eine im Vergleich zu den Rivalen große Flexibilität beim Einsatz der Mitarbeiter. Dafür mussten diese auf nahezu jegliche Arbeitnehmerrechte verzichten, einen Betriebsrat konnte Ryanair-Gründer Michael O’Leary jahrelang erfolgreich verhindern.


Billigairlines und Netzwerkanbieter nähern sich an

Das hat sich in den zurückliegenden Wochen geändert. Eine verfehlte Urlaubsplanung für die Cockpitbesatzungen legte offen, wie knapp Ryanair beim fliegenden Personal ausgestattet ist. Das nutzen die Piloten, um bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Unter Androhung von Streiks hat sich das Management kurz vor Weihnachten Gewerkschaften zumindest beim fliegenden Personal geöffnet und will nun verhandeln – ein Novum in der Unternehmensgeschichte,

Und eines mit wohl massiven Folgen: „Auf längere Sicht erwarten wir, dass dies Ryanairs Wettbewerbsvorteil reduzieren wird“, schreibt Daniel Roeska von Bernstein in einer kurzen Analyse. Einen Deal mit den Gewerkschaften zu erreichen werde eine echte Herausforderung.

Damit wird sich der irische Low-Coster früher oder später in jener Realität wiederfinden, in der sich seine Rivalen schon seit Jahren befinden. Das wiederum beschleunigt einen Trend, der schon seit einigen Jahren zu beobachten ist: Die einst strikt getrennten Geschäftsmodelle von Billigairlines und Netzwerkanbietern mit Drehkreuzen gleichen sich an – mit wachsender Geschwindigkeit.

Billigairlines wie Ryanair bieten immer mehr Service, von der Sitzplatzreservierung bis hin zu speziellen Paketen für Geschäftsreisende. Seit einigen Wochen versucht sich Ryanair zudem an Umsteigeverbindungen – bislang undenkbar für pure Low-Coster, weil Umsteigen eine erhöhte Komplexität bedeutet. Auch haben erste Anbieter wie Norwegian das Billigmodell auf die Langstrecke übertragen, bislang ein Terrain, in dem ausschließlich Premiumairlines tätig waren.

Die etablierten Netzwerkanbieter wiederum haben eigene Billigtöchter aufgebaut und kopieren immer stärker die Konzepte der Low-Cost-Rivalen. Damit nicht genug: Die aus dem Billig-Segment stammende Praxis, den reinen Flugpreis von Zusatzdienstleistungen zu trennen und für diese Extragebühren zu verlangen, setzt sich auch immer stärker im Premiumgeschäft durch.

Die ineinander verschwimmenden Marktsegmentgrenzen erhöhen wiederum den Wettbewerbsdruck. Denn plötzlich werden Angebote vergleichbar, die es früher nicht waren. Hinzu kommt: Die Schwäche der Rivalen vom Persischen Golf und vom Bosporus, von denen insbesondere die europäischen Fluggesellschaften im Jahr 2017 profitierten, ist wohl nur temporär. Mit Emirates aus Dubai hat sich jüngst die erste Airline wieder mit guten Zahlen zurückgemeldet. Auch Turkish Airlines berappelt sich langsam. Von dieser Seite dürfte 2018 also ebenfalls wieder stärkerer Wettbewerbsdruck kommen.