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Ludwigshafener Taktik der kleinen Schritte

Mega-Übernahmen kommen für BASF nicht in Frage. Der Chemiekonzern verstärkt sich an vielen Stellen mit kleineren Zukäufen. Nun greift er nach der Kunststoffsparte des belgischen Konkurrenten Solvay. Eine Analyse.

Wann er denn endlich mal in großem Stil zukaufen werde? Diese Frage hat BASF-Chef Kurt Bock in den vergangenen zwei Jahren regelmäßig aus dem Lager von Investoren und Analysten gehört. Die globale Chemiewelt sortiert sich neu, es wird fleißig fusioniert – auch im großen Stil: Bayer kauft für 66 Milliarden Dollar Monsanto, die beiden größten US-Chemiekonzerne Dow und Dupont schließen sich im Volumen von 150 Milliarden Dollar zusammen.

Nur BASF hält sich in dem großen Spiel auffallend zurück. Welche Rolle der Konzern darin für sich sieht, macht Vorstandschef Bock nun erneut deutlich: BASF kauft ebenfalls zu – aber im übersichtlichen und ergänzenden Rahmen. Am Dienstag kündigte der Ludwigshafener Konzern die Übernahme der Kunststoffsparte vom belgischen Konzern Solvay an.

Rund 1,6 Milliarden Euro bezahlt BASF für das Geschäft, das im vergangenen Jahr auf 1,3 Milliarden Umsatz und 200 Millionen Euro (Ebitda) operativen Gewinn kam. Die Bewertung entspricht damit dem achtfachen des Ebitda und liegt damit am unteren Ende der Kaufpreise, die in den vergangenen Monaten für Chemieunternehmen überwiesen wurden. Für Spezialchemiekonzerne wurde teilweise bis zum 15-fachen des operativen Gewinns bezahlt.

Die Übernahme erscheint für BASF aber nicht nur wegen des Preises attraktiv. Der Konzern verstärkt sein Geschäft mit technischen Kunststoffen, wie sie etwa in der Automobilindustrie und im Bau gebraucht werden. Die Solvay-Sparte ist auf Polyamide spezialisiert. Diese Stoffe werden traditionell zu Fasern verarbeitet, werden aber zunehmend dazu genutzt, Kunststoffe steifer zu machen und vor Verschleiß zu schützen. Sie ersetzen beispielsweise Metallteile in Autos. Das ist mit Blick auf die Elektromobilität, für die leichtere Fahrzeuge gebraucht werden, ein attraktives Geschäft.

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BASF will die Solvay-Sparte in die beiden Unternehmensbereiche Performance Materials und Monomers integrieren. Die Hauptkunden des zugekauften Geschäfts sitzen in Asien und Südamerika, weshalb sich BASF dort einen besseren Marktzugang verspricht. Zugleich zahlt die Übernahme auf die Strategie als integrierter Verbund ein: Der Konzern kann künftig des wesentlichen Polyamid-Rohstoff ADN selbst in größerem Stil produzieren.

Für die Ludwigshafener ist die Übernahme ein typisch pragmatischer Schritt. Bock hatte mehrfach unterstrichen, dass der Konzern teure Großübernahmen ablehne, bei denen die Kapitalrentabilität ungewiss ist und die voraussichtlich nicht den strengen internen Vorgaben entsprechen. Dafür hatte er mehrfach Kritik einstecken müssen: Einige Investoren wünschen sich eine eher visionäre Großfusion, mit der BASF eine neue Richtung einschlägt.

Die Kritik ist aber kleinlaut geblieben, auch weil die Performance beim Konzern mit Blick auf Gewinnentwicklung und Börsenkurs zuletzt ansprechend war. BASF steigert im ersten Halbjahr den Umsatz um zwölf Prozent auf 16,2 Milliarden Euro und den Gewinn (Ebit) um 27 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Der Aktienkurs legte binnen Jahresfrist um ein Viertel auf 87 Euro zu.

Bock bevorzugt übersichtliche Zukäufe. Mitte 2016 kündigte er den Erwerb des Frankfurter Chemetall-Konzerns für umgerechnet 2,8 Milliarden Euro an – ein Spezialist für Oberflächenbehandlung. Zudem will BASF sein Agrarchemiegeschäft verstärken: Der Konzern hat es auf die Produkte abgesehen, die Bayer und Monsanto im Zuge ihrer Fusion aus kartellrechtlichen Gründen abgeben müssen. Dazu zählt etwa das Geschäft mit Liberty Link, einer Kombination aus Unkrautvernichter und einem passendem Saatgut, das gegen das Mittel resistent ist.

Bayer und Monsanto müssen zudem voraussichtlich weitere Saatgutgeschäfte verkaufen, etwa bei Baumwolle, Raps und Gemüsesaaten. Für BASF wäre es eine willkommene Chance, wieder ins Geschäft mit Saatgut einzusteigen, denn bisher ist die Agrarchemiesparte ganz auf Pflanzenschutzmittel konzentriert. Dieser Zukauf könnte BASF bis zu fünf Milliarden Euro kosten.