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Londoner Trader wollen Handelstag verkürzen: Wer davon profitieren und wer verlieren würde

Europas Börsen haben die längsten Öffnungszeiten der Welt. Trader fordern nun eine Verkürzung für eine bessere Work-Life-Balance – doch in Frankfurt ist man skeptisch.

Die LSE hat vor einigen Wochen eine Konsultation unter ihren Mitgliedern begonnen. Foto: dpa
Die LSE hat vor einigen Wochen eine Konsultation unter ihren Mitgliedern begonnen. Foto: dpa

Der Tag eines europäischen Aktienhändlers beginnt früh. Um sieben Uhr säßen die meisten Trader am Bildschirm, um sich auf den Tag vorzubereiten, sagt Anita Karppi, Gründerin des Branchennetzwerks Buyside Trading Community. Um acht Uhr öffnet die Börse, gehandelt wird ohne Pause bis um 16.30 Uhr. Danach fallen weitere Arbeiten an.

Die ständigen Zwölfstundentage verhinderten eine gesunde Work-Life-Balance, meint Karppi. In Gesprächen mit 73 Managern an Handelsdesks in London, Frankfurt, Paris und Stockholm hat ihre Beratungsfirma K & K mit Sitz im britischen Surrey die Stimmung unter Europas Händlern eruiert. Das Ergebnis: Die meisten würden eine Verkürzung des Börsentags begrüßen.

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„Die Handelszeiten sind unnötig lang“, so Karppi. Bessere Technologie führe dazu, dass man heute in der gleichen Zeit viel mehr handeln könne. Deshalb könne man den Handelstag problemlos verkürzen.

Im November schlossen sich zwei einflussreiche Branchenverbände ihrer Forderung an. Die Association of Financial Markets in Europe (AFME) und die Investment Association (IA) erklärten, eine Verkürzung des Handelstags um 90 Minuten würde den Handel effizienter machen und das Wohlbefinden der Beschäftigten steigern. Eine Verkürzung könne auch helfen, den geringen Frauenanteil von zehn Prozent auf den Trading-Floors zu heben.

Europas Börsen nutzen traditionell ihre Zeitzone als Standortvorteil. In den vergangenen Jahren hatten sie die Öffnungszeiten ausgedehnt, um die Überschneidung mit den Handelstagen in Asien und den USA zu vergrößern. Nun könnte sich der Trend zum längeren Börsentag wieder umkehren.

Verschiedene Optionen

Die London Stock Exchange (LSE) startete vor einigen Wochen eine Konsultation unter ihren Mitgliedern. Bis zum 31. Januar sollen diese über vier verschiedene Optionen abstimmen, welche den Börsentag auf sieben Stunden verkürzen – oder sich für den Status quo entscheiden. „Wir unterstützen den Versuch, die Diversität und Arbeitskultur in der City zu verbessern“, teilte die Börse mit.

Laut der AFME wird der kürzere Börsentag in London jedoch nur kommen, wenn alle europäischen Börsen den Plan unterstützen. „Damit es funktioniert, müssten alle Standorte mitmachen“, sagt Aktienmarktexperte Sean Barwick von der AFME. Man hoffe, dass es im neuen Jahr weitere Konsultationen in anderen europäischen Städten gebe. Es sei ein „komplexer Prozess“.

Andere Börsen auf dem Kontinent warten jedoch erst einmal ab, wie die Londoner Umfrage ausgeht. Und in Frankfurt sei der kürzere Handelstag kein Thema, heißt es bereits bei der Deutschen Börse. Hier wird sogar noch länger gehandelt als in London, von acht bis 20 Uhr. Deshalb ist Schichtarbeit nötig. Auch der deutsche Fondsverband BVI hält sich mit einer Bewertung zurück. „Wir wurden von der Initiative überrascht“, sagt eine Sprecherin. Man habe noch keine Meinung dazu.

Dabei sind viele Argumente für den kürzeren Börsentag schwer von der Hand zu weisen. „Die Work-Life-Balance ist Mitarbeitern zunehmend wichtig“, sagt Karppi. „Nicht nur Frauen, auch Männer wollen ihre Kinder morgens zur Kita bringen oder gemeinsam zu Abend essen.“ Arbeitgeber seien sich bewusst, dass sie familienfreundlicher werden müssten, um Talente zu finden und zu halten.

Wobei es beim jüngsten Vorstoß nur um den Aktienhandel geht; für Produkte wie Anleihen, Währungen oder Derivate gelten andere Regeln. Die Arbeitsbedingungen für Trader hätten sich zuletzt verschlechtert, da viele Desks geschrumpft würden, sagt Karppi. Viele Firmen könnten daher kein flexibles Arbeiten anbieten. Abhilfe schaffen könne der kürzere Handelstag.

Nachteile durch kürzere Handelszeiten?

Der Einwand mancher Firmen, dass kürzere Handelszeiten die Marktliquidität reduzierten, hält dem internationalen Vergleich jedenfalls nicht stand. In New York ist die Börse nur sechs Stunden am Tag geöffnet, in Tokio sechseinhalb Stunden. Zugleich werden hier größere Volumina gehandelt als an den meisten europäischen Börsen. „Der kürzere Handelstag schafft keine Probleme, Wertpapiere zu kaufen oder verkaufen“, sagt Aktienmarktexperte Barwick. Im Gegenteil: Er helfe, die Liquidität zu komprimieren und den Handel gleichmäßiger über den Tag zu verteilen. Bisher fänden 35 Prozent des Handels in der letzten Stunde vor Börsenschluss statt.

„Es gibt keinerlei Hinweise, dass längere Handelszeiten die Liquidität erhöhen“, bestätigt auch William Wright, Direktor der Londoner Denkfabrik New Financial. Je länger der Börsentag sei, desto dünner sei der Handel zu jedem beliebigen Zeitpunkt, was zu mehr Kursschwankungen führe. Für einen möglichst effizienten Handel sei es daher wünschenswert, die Öffnungszeiten zu verkürzen.

Doch auch am wichtigen Finanzplatz London stößt die Initiative auf Widerstand, rührt sie doch an die Interessen einiger einflussreicher Akteure. „Sie müssen sich fragen: Wer verliert, wenn man die Handelszeiten verkürzt?“, fragt Wright. „Die Hedgefonds und die Aktienhändler der Investmentbanken leben davon, möglichst häufig zu handeln.“ Je länger der Tag und je größer die Schwankungen, desto mehr Gelegenheiten hätten sie, einen Gewinn zu machen.

Dass die LSE-Umfrage im Sinne der Work-Life-Balance ausgeht, ist laut Wright daher nicht ausgemacht: Viele Befragte würden wahrscheinlich für den Status quo stimmen.