Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    18.492,49
    +15,40 (+0,08%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.083,42
    +1,68 (+0,03%)
     
  • Dow Jones 30

    39.807,37
    +47,29 (+0,12%)
     
  • Gold

    2.254,80
    +16,40 (+0,73%)
     
  • EUR/USD

    1,0779
    -0,0014 (-0,13%)
     
  • Bitcoin EUR

    65.275,91
    +617,88 (+0,96%)
     
  • CMC Crypto 200

    885,54
    0,00 (0,00%)
     
  • Öl (Brent)

    83,11
    -0,06 (-0,07%)
     
  • MDAX

    27.043,04
    -48,91 (-0,18%)
     
  • TecDAX

    3.454,38
    -2,98 (-0,09%)
     
  • SDAX

    14.294,62
    -115,51 (-0,80%)
     
  • Nikkei 225

    40.331,97
    +163,90 (+0,41%)
     
  • FTSE 100

    7.952,62
    +20,64 (+0,26%)
     
  • CAC 40

    8.205,81
    +1,00 (+0,01%)
     
  • Nasdaq Compositive

    16.379,46
    -20,06 (-0,12%)
     

Wie die Locomore-Pleite der Deutschen Bahn schaden könnte

Der Bahnanbieter Locomore hat kein Geld mehr. Die Insolvenz des Angreifers auf der Schiene festigt das Monopol der Deutschen Bahn. Doch genau das dürfte Kritiker auf den Plan rufen, die den Staatskonzern trennen wollen.

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Gestern stellte der private Bahnbetreiber Locomore beim Amtsgericht in Berlin-Charlottenburg einen Insolvenzantrag. Doch heute verkündete das Unternehmen bereits, dass es bald wieder weiter gehen könnte. Der Betrieb der Züge sei bis nächsten Montag zunächst nur „vorläufig unterbrochen“, schreibt Locomore in einer Pressemitteilung. Das Unternehmen hoffe, dass der Betrieb bald wieder aufgenommen werden könne, und „entschuldigt sich bei allen betroffenen Fahrgästen von ganzem Herzen.“

Dennoch sieht es nicht gut aus um den privaten Bahnbetreiber, der das Monopol der Deutschen Bahn auf der Fernstrecke von Stuttgart nach Berlin knacken wollte. Seit knapp einem halben Jahr sind die orangenen Züge auf dem Schienennetz in Deutschland unterwegs. Doch nun ging das Geld aus.

Dabei sah es in den vergangenen Monaten eigentlich gar nicht mehr so schlecht aus. Nach Informationen der WirtschaftsWoche hatten sich Umsätze kontinuierlich verbessert. Zuletzt erzielte das Unternehmen einen monatlichen Umsatz von rund 800.000 Euro. Damit seien die Betriebskosten bereits zu 90 Prozent gedeckt gewesen, heißt es aus Branchenkreisen. Doch die Reserven reichten nicht, die Kostenlücke zu decken, zumal in den ersten Monaten der Unternehmung noch höhere Anlaufverluste entstanden sind. Der Kostenblock war erdrückend.

Auf dem ersten Blick kann sich Deutsche Bahn also freuen. Wieder einmal hat sie es geschafft, sich einen ungemütlichen Wettbewerber vom Leib zu halten. Locomore war der dritte Angriffsversuch auf die Intercity- und ICE der Deutschen Bahn. Bislang fährt noch der Hamburg-Köln-Express (HKX) zwischen den beiden Städten Hamburg und Köln. Doch auch dieser Fahrplan wurde vom HKX-Management inzwischen stark ausgedünnt. Den Interconnex zwischen Berlin und Leipzig gibt es schon gar nicht mehr.

WERBUNG

Die Locomore-Pleite ist eine schlechte Nachricht für die Deutsche Bahn

Außerdem droht selbst von den Fernbussen keine vernichtende Gefahr mehr: Seitdem die meisten Wettbewerber in Flixbus aufgegangen sind oder aufgekauft wurden, haben sich die Ticketpreise stabilisiert.

Doch auf den zweiten Blick ist die Insolvenz von Locomore auch eine schlechte Nachricht für die Deutsche Bahn. Während der Konzern beim Gütertransport und im Regionalverkehr auf der Schiene jedes Jahr Marktanteile verliert und man durchaus von einem funktionierenden Wettbewerb sprechen kann, ist das im Fernverkehr nicht der Fall. Dort ist der Marktanteil der Deutschen Bahn bei 99 Prozent fest zementiert.

Der Deutschen Bahn fällt nun ein Argument weg, dass der Wettbewerb im Fernverkehr angeblich funktioniert. Denn in ihren jährlichen Wettbewerbsberichten verwies die Deutsche Bahn gerne auf die kleinen Konkurrenten wie HKX und Locomore als leuchtende Beispiele des Wettbewerbs. Doch nun fällt mit der Pleite von Locomore ein Argument weg. Bleibt noch HKX, doch selbst das Unternehmen mit Sitz in Köln ist kein echter Fernverkehrszug mehr, sondern verkauft Tickets inzwischen als Nahverkehrstarife.


Neue Debatte zur Trennung von Netz und Betrieb?

Die Insolvenz von Locomore zeigt außerdem, warum den Wettbewerbern auf der Schiene das Leben so schwer gemacht wird. Die Infrastrukturkosten fressen einen Großteil der Einnahmen auf. Locomore musste mehr als jeden vierten Euro an DB Netz abdrücken. Die Tochter der Deutschen Bahn betreibt das Schienennetz und verlangt für jeden gefahrenen Trassenkilometer eine Schienen-Maut. Damit sollen die Ausgaben für Sanierung und Pflege der Weichen und Gleise bezahlt werden. Die Trassengebühren summieren sich für alle Verkehrssparten (Güterbahn, Nah- und Fernverkehr) auf rund fünf Milliarden Euro pro Jahr.

Experten fordern seit Jahren, dass die Belastungen für die Eisenbahnen zu hoch sind. Sie wünschen sich eine Halbierung der Trassenpreise. Für die Bahn wäre das zunächst eine neutrale Angelegenheit. Denn auf der einen Seite würde die Tochter DB Netz auf Einnahmen verzichten müssten. Möglicherweise bekäme sie aber einen Teil der Mindereinnahmen vom Bund zurück bezahlt. Außerdem würden die Transportsparten profitieren, die natürlich ebenfalls Trassenentgelte an die Schwestergesellschaft DB Netz überweisen.

Die Politik könnte sich nun aber genötigt sehen, künftig den Druck auf den Staatskonzern zu erhöhen, mehr für den Wettbewerb auf der Schiene im Fernverkehr zu tun. Denn es sind nicht nur die Kosten, die den Wettbewerb belasten, sondern auch die Form an sich.

Wer auf der Schiene fahren möchte, braucht Züge. Doch die sind nicht so einfach zu bekommen. Banken geben erst dann Geld für eine Finanzierung, wenn sie wissen, dass der Zug irgendwann auch tatsächlich fahren wird. Doch Wettbewerber klagen seit Jahren, dass es viel zu schwierig sei, im Vorfeld des Marktstarts eine Trasse zu sichern. Für Neueinsteiger in den Markt, vor allem kleinere wie Locomore, die sich über Crowdfunding Geld besorgt haben, ist der Prozess viel zu rigide.

Kleinere Parteien wie die Grünen und die FDP fordern daher seit Langem eine schärfere Trennung von Netz und Betrieb. Das Schienennetz müsste als staatliches Unternehmen organisiert werden, das sich zum Ziel setzt, möglichst viele Züge auf den Gleisen fahren zu lassen. Das Management könnte dafür belohnt werden, wenn es ihm gelingt, den Verkehr auf dem Schienennetz wachsen zu lassen. Doch eine Trennung des Konzerns ist das letzte, was sich die Deutsche Bahn wünscht. Vielleicht ist die Pleite von Locomore ja nun aber doch der Aufhänger für eine neue Debatte.