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Lkw-Maut: So wollen Kanzleien die überhöhten Zahlungen vom Bund eintreiben

Die Berechnungen für die Lkw-Maut wurden gekippt – somit können Spediteure Geld zurückfordern. Nun wittern Kanzleien ein neues Geschäftsmodell.

Am 28. Oktober entschied nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, dass einige Kosten in die Berechnung der Höhe von Mautgebühren nicht einfließen dürfen. Foto: dpa
Am 28. Oktober entschied nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, dass einige Kosten in die Berechnung der Höhe von Mautgebühren nicht einfließen dürfen. Foto: dpa

Gerade erst hat Deutschland bei der Lkw-Maut vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Niederlage erlitten. Und schon machen Kanzleien ein Geschäftsmodell daraus. Die US-Kanzlei Hausfeld, die zusammen mit dem Rechtsdienstleister Myright aus dem VW-Dieselskandal bekannt ist, hat das Internetportal Mautzurueck.de initiiert. Hier können sich Transportunternehmen registrieren und gegen Provision die Rückforderung der Maut geltend machen.

Das Portal wird zusammen mit dem Unternehmen „eClaim“ des Kartellrechtlers Roman Zagrosek betrieben. Es gehe darum, Rückerstattungsansprüche „schnell, unkompliziert und ohne Kostenrisiko vor der Verjährung zu schützen und durchzusetzen“, heißt es auf der Website.

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Der Hintergrund: Deutschland hatte bei der Festlegung der Lkw-Maut die Kosten für die Verkehrspolizei mitberücksichtigt. Am 28. Oktober entschied nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, dass diese Kosten in die Berechnung der Höhe von Mautgebühren nicht einfließen dürfen.

Eine polnische Spedition hatte in Deutschland Klage auf Rückzahlung der Gebühren erhoben. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hatte den EuGH um Klärung gebeten (Rechtssache C-321/19). Der Fall geht jetzt zurück nach Münster, die genauen Folgen sind noch unklar.

Der EuGH urteilte, dass bei der Festsetzung der Mautgebühren ausschließlich die Infrastrukturkosten zu berücksichtigen seien, also die Ausgaben für Bau sowie Betrieb, Instandhaltung und Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes. „Polizeiliche Tätigkeiten fallen aber in die Verantwortung des Staates, der dabei hoheitliche Befugnisse ausübt und nicht lediglich als Betreiber der Straßeninfrastruktur handelt“, urteilten die höchsten europäischen Richter. Die Kosten der Verkehrspolizei könnten daher nicht als Kosten für den Betrieb im Sinne der Richtlinie über die Erhebung von Gebühren angesehen werden.

Laut Hausfeld muss Deutschland „in jedem Fall“ den Mautanteil zurückerstatten, der auf den Kosten für die Verkehrspolizei beruhte. Nach derzeitigem Kenntnisstand summiere sich dieser Anspruch auf mindestens vier Prozent der entrichteten Mautgebühr.

Trend zu Legal Tech

Hier zeigt sich einmal mehr der Trend hin zur automatisierten Rechtsdienstleistung (Legal Tech), wie er schon bei Portalen zur Mietpreisbremse, für Fluggastentschädigungen und Schadensersatzzahlungen nach dem Dieselskandal oder für die Überprüfung von Bußgeld- und Hartz-IV-Bescheiden sichtbar geworden ist.

Hausfeld-Anwalt Alex Petrasincu rechnet für die Maut vor: „Ein Transportunternehmen mit fünf Lkws, von denen jeder pro Jahr 30.000 Kilometer auf deutschen Autobahnen fährt, hätte von 2017 bis Ende dieses Jahres insgesamt mindestens 3864 Euro zu viel an Maut gezahlt.“

Für diese Berechnung hat die Kanzlei zugrunde gelegt, dass das Unternehmen allein Lkws der Schadstoffklasse Euro 6 mit mindestens fünf Achsen nutzt, da die Höhe der Maut pro Kilometer hiervon abhängt. „Tatsächlich könnte möglicherweise sogar noch mehr an Maut zurückzufordern sein“, meint Petrasincu. „Dies prüfen wir aber gerade.“

Der Anbieter teilte mit: „eClaim übernimmt alle anfallenden Kosten, während Hausfeld die Ansprüche der registrierten Unternehmen sichert und diese außergerichtlich – sowie falls erforderlich auch gerichtlich – durchsetzt.“

Das Angebot ist ein Provisionsmodell. Die Kanzlei Hausfeld teilte auf Anfrage mit, dass die Höhe der Provision davon abhängt, „wann das Verfahren beendet wird, also insbesondere ob eine Einzelklage für jeden Spediteur erforderlich sein wird oder sich mit dem Bund auch im Vorfeld einer Klage ein Vergleich wird erzielen lassen.“ Abhängig hiervon liege die Provision zwischen 15 Prozent und 33 Prozent.

Verjährung droht

Die Ansprüche werden demnach gegenüber dem Bundesamt für Güterverkehr (BAG) und damit letztlich dem Bund geltend gemacht. Zunächst wird ein entsprechender Erstattungsantrag beim BAG gestellt. „Sollte dieser abgelehnt werden, würde sich eine Klage vor den Verwaltungsgerichten anschließen“, erklärte Hausfeld-Anwalt Petrasincu.

Wegen der strengen Verjährungsregeln des Verwaltungskostengesetzes sind nach Einschätzung der Kanzlei die in den Jahren vor 2017 entstandenen Ansprüche wahrscheinlich verjährt – es sei denn, die Mautzahler haben bereits in den letzten Jahren die Verjährung gegenüber dem Bundesamt für Güterverkehr gehemmt.

Bereits Ende 2020 droht laut Hausfeld die Verjährung auch für 2017 entstandene Ansprüche, sofern keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen werden. „Vereinfacht gerechnet dürfte der Bund aufgrund der überhöhten Maut von 2017 bis 2020 insgesamt knapp eine Milliarde Euro zu viel eingenommen haben“, schätzt Petrasincu.

Spediteure können sich bei eClaim registrieren und müssen dann ihre Daten zu den Mautzahlungen und die Maut-Zahlungsbelege aus den betreffenden Jahren einreichen. Sie erhalten dann ein Finanzierungsangebot und eine Mandatsvereinbarung.
Auch andere Kanzleien wittern ein Geschäft. „Holen Sie sich Ihr Geld zurück“, wirbt etwa die Kanzlei Schiller & Gloistein aus Bremen. „Sensationelles Urteil des EuGH macht es möglich.“

Hier werden Rückforderungen „durchschnittlich im sechsstelligen Bereich“ in Aussicht gestellt. Eine Erfolgshonorarvereinbarung sei möglich. Auf der Website heißt es: „Verschenken Sie nicht mehrere 100.000 Euro an den Bund.“