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Die Linke will Corona-Schulden von den reichsten Deutschen begleichen lassen

Nach einem vom DIW durchgerechneten Konzept sollen die reichsten 0,7 Prozent über 20 Jahre 310 Milliarden Euro Vermögensabgabe zahlen. Ökonom Fuest reagiert entsetzt.

Wenn es nach der Linkspartei geht, sollen vermögende Deutsche für die Kosten der Coronakrise aufkommen. Doch gegen die Pläne gibt es schon jetzt scharfen Protest. Foto: dpa
Wenn es nach der Linkspartei geht, sollen vermögende Deutsche für die Kosten der Coronakrise aufkommen. Doch gegen die Pläne gibt es schon jetzt scharfen Protest. Foto: dpa

Für die Linke ist klar, wer für die Corona-Krisenschulden zahlen soll: Deutschlands Reichste, darunter vor allem jene, deren Vermögen auch während der Corona-Pandemie zugenommen hat.

Auf Twitter nennt der Linken-Bundestagsabgeordnete Michel Brandt etwa Lidl-Eigner Dieter Schwarz, dessen Vermögen laut dem Magazin „Forbes“ seit 2019 um 11,1 Milliarden Euro zugelegt haben soll. Wenn es nach Brandt geht, sollen auch die Aldi-Erben, der Schrauben-Milliardär Reinhold Würth oder der BMW-Erbe Stefan Quandt mit ihren Milliardenvermögen zur Kasse gebeten werden.

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Ein Konzept für die Reichsten-Sonderbesteuerung hat Fabio De Masi, Finanzexperte der Linken, jetzt auf Basis von Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) entwickelt. Die „Tagesschau“ berichtete zuerst darüber.

De Masis Konzept sieht eine Vermögensabgabe vor, die auf persönliches Nettovermögen über zwei Millionen und Betriebsvermögen über fünf Millionen Euro erhoben werden soll. Vermögen oberhalb dieser Freibeträge haben nach den DIW-Berechnungen auf Basis von Zahlen der Europäischen Zentralbank sowie der Reichsten-Listen des „Manager Magazins“ ungefähr 0,7 Prozent der Bevölkerung, also etwa 580.000 Personen.

Der erste Euro über diesen Freibeträgen soll mit zehn Prozent belegt werden. Der Satz steigt dann gleichmäßig bis auf 30 Prozent ab einem abgabepflichtigen Vermögen von 100 Millionen Euro.

Die Höhe der Abgabe soll zum Stichtag 1. Januar 2020 ermittelt und dann über 20 Jahre gezahlt werden. In diesen Jahren kämen so 310 Milliarden Euro in die Staatskasse, pro Jahr also 15,5 Milliarden Euro.

In dem sozialen Netzwerk Twitter löste das Linken-Vorhaben einen Sturm der Entrüstung aus. „Zehn bis 30 Prozent einmalige Steuer auf das Vermögen: Das muss ein schlechter Scherz sein“, twitterte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Bei Renditen unter zwei Prozent bedeute dies in Kombination mit der Einkommensteuer eine „Enteignung des gesamten Einkommens“, antwortete Fuest auf Tweets von De Masi, der darin für verschieden hohe abgabepflichtige Vermögen einen jährlichen Satz zwischen 0,7 und 1,8 Prozent des Nettovermögens genannt hatte. Fuest geht dabei also davon aus, dass die Abgabe aus dem laufenden Einkommen beglichen und nicht aus der Vermögenssubstanz gezahlt wird.

Laut Fuest würden vor allem mittelständische Unternehmer und Immobilienbesitzer getroffen, die nicht abwandern können. „Dieser Vermögenssteuerplan in der aktuellen Wirtschaftslage ist schon erstaunlich“, so Fuest. Der Ökonom erwartet, dass Milliardäre sich der Abgabe durch Abwandern entziehen könnten.

Könnten vermögende Deutsche einfach ins Ausland abwandern?

Diese Möglichkeit hält DIW-Studienautor Stefan Bach allerdings für wenig wahrscheinlich, weil die Abgabe zum Stichtag 1. Januar 2020 festgesetzt werden sollte, also der Zeitpunkt vor der Corona-Pandemie und vor einer etwaigen Einführung der Abgabe. Als weiteren Vorteil einer Abgabe anstelle einer Vermögensteuer nennt Bach, dass die Abgabe nur einmal ausgerechnet werden müsse und nicht jedes Jahr von Neuem.

Die DIW-Studie empfiehlt allerdings kein bestimmtes Abgabenkonzept, sondern rechnet lediglich verschiedene Varianten durch. Das höchste Aufkommen für den Staat würde demnach entstehen, wenn der Spitzensteuersatz von 30 Prozent bereits ab einem Vermögen von 30 Millionen Euro oberhalb der Freibeträge gezahlt werden müsste. Dann würde sich das jährliche Aufkommen je nach Tarifverlauf auf 20 bis 35 Milliarden Euro belaufen.

„Ob man 30 Jahre lang eine Vermögensteuer von einem Prozent erhebt oder eine einmalige Vermögensabgabe von 30 Prozent über 30 Jahre abzahlen lässt, ist erst mal äquivalent“, twitterte Bach. Jedenfalls solange man Inflation und Wirtschaftswachstum ignoriert, die über den Zeitverlauf die Steuerlast senken können.

Studienautor Bach warnt allerdings auch, dass eine Vermögensabgabe Liquiditäts- und Finanzierungsprobleme beim Immobilien- oder Unternehmensvermögen auslösen könnte – „insbesondere wenn der laufende Vermögensertrag nicht ausreicht, um die laufende Vermögensabgabe zu bezahlen“, schreibt er in der Studie. Dies könne aber über hohe Freibeträge und einen langen Zahlungszeitraum von 20 oder 30 Jahren vermieden werden.

Eine Vermögensabgabe forderten auch SPD und Grüne

Sympathien für eine Vermögensabgabe hatte zuletzt die SPD-Vorsitzende Saskia Esken geäußert. In den jüngsten Bundestagswahlprogrammen forderte die SPD eine Wiedereinführung der Vermögensteuer. Die Grünen hatten im Wahlkampf 2013 mit einer allerdings niedrigeren Vermögensabgabe geworben. Union und FDP lehnen Steuererhöhungen bisher generell ab.

Die Linke hatte die Vermögensteuer und höhere Einkommensteuersätze in früheren Wahlprogrammen stehen. In den vergangenen Monaten hatte sie allerdings argumentiert, dass die Staatsverschuldung sich über das Wirtschaftswachstum von selbst abbauen werde.

Ökonomen wie Bach halten einen Mix aus Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen für sinnvoll, wenn der Bund schnell die Schuldenbremse wieder einhalten will. In diesem Jahr nimmt der Bund 218 Milliarden Euro, im nächsten Jahr nach dem Stand der Planungen 96 Milliarden Euro neue Kredite auf.

Unklar ist, ob eine Sonderabgabe für einige wenige Steuerzahler verfassungsfest wäre. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags etwa fordert laut der DIW-Studie als Voraussetzung dafür eine besondere finanzielle Notlage oder eine Ausnahmelage des Bundeshaushalts.

Schuldenlast Deutschland im internationalen Vergleich nicht besonders hoch

Ob die bei einem Schuldenstand zwischen 75 und 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wirklich gegeben ist, scheint unwahrscheinlich. Nach der Finanzkrise war er ebenso hoch und wurde bis 2019 auf knapp unter 60 Prozent gesenkt. Im Vergleich zu anderen Industriestaaten ist die Schuldenlast Deutschlands aus dem Blickwinkel von IWF und OECD nicht besorgniserregend hoch.

Allerdings hat es eine Vermögensabgabe in der Bundesrepublik bereits gegeben: Sie wurde 1952 mit dem Lastenausgleichsgesetz eingeführt: Westdeutsche Vermögen wurden belastet, um den Lastenausgleichsfonds zu füllen, aus dem die Kosten für Kriegsflüchtlinge und andere Kriegslasten mitfinanziert wurden.

42 Milliarden D-Mark kamen über die Jahre bis 1979 zusammen, eine Summe, die 60 Prozent des BIP von 1952 entsprach. Allerdings stieg das BIP während der Wirtschaftswunderjahre schnell, was die Last der Abgabepflichtigen über die Jahre senkte.