(Bloomberg) -- Boris Groendahl über eine Beziehung, die komplizierter wird. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages täglich direkt in ihre Mailbox.
René Benko hat sein Immobilien-Imperium ein gutes Jahrzehnt lang in atemberaubendem Tempo ausgebaut. Zuletzt standen seine Liegenschaften und Bauprojekte mit 23 Milliarden Euro Bruttowert in den Büchern. Dabei ging es ihm immer um Spitzengebäude in Spitzenlagen — gegenüber Gesprächspartnern verglich er die Erstklassigkeit seines Portfolios zuweilen mit dem der englischen Krone und der katholischen Kirche. Dass dieses in der Niedrigzinsphase ordentlich aufgewertet und beliehen wurde, hat bei einigen Beobachtern, je nach Standpunkt, schon immer für Bewunderung oder Stirnrunzeln gesorgt.
Unstrittig war seine Fähigkeit, sehr reiche Männer nach dem Ende ihrer aktiven Laufbahn (Peugeot-Brüder, Kühne, Haselsteiner, Roland Berger) dazu zu bringen, immer wieder Dutzende von Millionen an Eigenkapital in seine Unternehmen zu stecken. Befragt nach dem Grund für ihr Vertrauen in den Schulabbrecher und Autodidakten, nannten diese immer wieder als Gründe, dass Benko ein begnadeter Unternehmer sei und ihnen ihre Dividenden immer pünktlich auszahle.
In beiderlei Hinsicht scheint es nun jedoch Neueinschätzungen auf Seiten der Investoren zu geben. Gesellschafter der Signa Holding schrieben dem “lieben René” einen Brandbrief, in dem sie ihn auffordern, das Kommando an einen Restrukturierungsexperten abzugeben. Bondeigentümer haben Rechtsbeistand angeheuert. Beim Hamburger Elbtower drehen sich keine Kräne und Betonmischer mehr, weil Zahlungen ausbleiben. Der Zinsgipfel der EZB könnte auch Peak Benko bedeuten.
Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin und Alexander Kell: BMW dreht auf, wenn Du denkst Du denkst, Wirtschaft im Wandel, Geldsorgen, und gefährlicher Cum-Ex-Strudel.
BMW dreht auf
BMW hat im Automobilbereich profitabler gewirtschaftet als von den Analysten erwartet und hebt sich damit von den Rivalen Mercedes-Benz und Volkswagen ab, die letzte Woche Margenrückgänge meldeten. Gut lief es im dritten Quartal für die Luxusautoschmiede bei batterieelektrischen Modellen, deren Umsatzanteil auf 15% geklettert ist. Die Jahresprognose wurde bestätigt. Auch bei den Fahrzeugzulassungen im Oktober fährt BMW den Konkurrenten klar davon. Der Preiskrieg im chinesischen Markt mache BMW nicht nervös und man werde es den Rivalen dort nicht gleichtun, erklärte BMW-Chef Zipse. Bei den chinesischen Konkurrenten wachsen die Bäume eben auch nicht in den Himmel. So hat Nio angekündigt, in diesem Monat 10% der Stellen zu streichen, um Kosten zu senken und die Effizienz zu verbessern. Nicht zum Kerngeschäft gehörende Geschäftsbereiche könnten ausgegliedert werden. Der als Star auf dem chinesischen E-Auto-Markt gehandelte Autobauer aus Shanghai hat seine Verkaufsziele deutlich verfehlt und schreibt weiterhin Verluste.
Wenn Du denkst Du denkst
Auch nach der Einrichtung diverser — vom Bundesrechnungshof kritisierter — Schattenhaushalte will Vizekanzler Habeck gegen die Schuldenbremse andenken. “Das hat etwas mit Denken zu tun und ich denke, Denken sollte in der Politik erlaubt sein”, sagte Habeck im Bloomberg-Interview. Es dürfte beim Denken bleiben, denn Habeck zufolge strebt die Ampel keine Verfassungsänderung zur Schuldenbremse an — für die sie ohnehin keine eigene Mehrheit hätte. “Ich habe nur die Frage aufgeworfen, ob alle Regeln, die wir in den letzten 30 Jahren beschlossen haben, in die Weltordnung passen, wie wir sie jetzt vorfinden”, so der Grüne. An seiner Vision eines kohlestromfreien Deutschlands in sieben Jahren hält Habeck auch nach der Abschaltung zuverlässig laufender und die Grundlast sichernder Atommeiler im Frühjahr fest. Dies sei “absolut” der Plan. Finanzminister Lindner hatte jüngst erklärt, dass “wir die Träume von einem Ausstieg aus dem Kohlestrom 2030 beenden” sollten, solange nicht klar ist, dass Energie verfügbar und bezahlbar ist.
Wirtschaft im Wandel
Siemens Healthineers prüft Kreisen zufolge die Optionen für die Diagnostiksparte, deren Umsatz mit dem abflauenden Coronatest-Schub zuletzt gesunken ist. Erwogen wird dem Vernehmen nach ein Verkauf des Geschäfts mit Analysetechnik für Blut- und Gewebeproben oder eine Abspaltung des Bereichs, der aber auch beim Unternehmen bleiben könnte. Berater sind bereits an Bord. Das so genannte In-Vitro-Geschäft könnte bis zu 8 Milliarden Dollar wert sein, zu den Interessenten dürften Beteiligungsgesellschaften zählen. Der New Yorker Finanzinvestor Apollo übernimmt für eine Milliarde Euro rund 31.000 Wohnungen aus dem Norddeutschland-Portfolio der Vonovia, die mit dem neuen Verkauf weiteres Geld zum Schuldenabbau beschafft. Apollo hatte sich in diesem Jahr bereits an einem Portfolio des Vermieters in Baden-Württemberg beteiligt. Der Container-Riese Møller-Maersk kündigte den Abbau von mindestens 10.000 Stellen an und verwies auf einen neuen Normalzustand niedrigerer Nachfrage im Reedereigeschäft bei steigender Kostenbasis.
Geldsorgen
In der Schweiz suchen Finanzaufsicht und Banken nach Mitteln gegen Bank Runs, wie Reuters unter Berufung auf informierte Kreise berichtet. Geprüft würden Maßnahmen, um vermögende Privatkunden davon abzuhalten, in kurzer Zeit Einlagen in großem Stil abzuheben. Dabei könnte es eine zeitliche Staffelung der Abzugsmöglichkeiten geben oder auch Gebühren für Abhebungen. Zudem würden Anreize geprüft, damit Kunden ihre Ersparnisse auf längere Sicht anlegen. Weniger Geld für ihre Einlagen erhalten die Schweizer Banken selbst für die Beträge, die sie bei der SNB als Sichteinlagen vorhalten. Durch die am Montag verkündete Zinsknauserei steuert die UBS auf Mindereinnahmen von 135 Millionen Dollar zu, wie KBW schätzt. SNB-Chef Thomas Jordan warnte derweil bei einer Podiumsdiskussion vor der Gefahr eines Preisrutschs am Schweizer Immobilienmarkt. Der Markt sei überbewertet, zumal die Straffung der Geldpolitik die Hypothekenkosten in die Höhe getrieben habe.
Gefährlicher Cum-Ex-Strudel
Er war Deutschlands profitabelster Steueranwalt, ein Star — bis er ins Visier der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft geriet, weil er reiche Anleger für Cum-Ex-Geschäfte gewann: Hanno Berger. Gestern betrat er Saal 0.11 des Bonner Landgerichts, in den Händen eine knittrige braune Papiertüte mit Unterlagen und einen Tetrapack Mineralwasser. In diesem Raum ist er letztes Jahr in einem von zwei Cum-Ex Prozessen verurteilt worden, nun Zeuge in einem anderen Cum-Ex Prozess. Seine ungebrochene Lust am Argumentieren und Dozieren trifft beim Vorsitzenden Richter nicht immer auf Gegenliebe. Einmal beruft er sich auf Erinnerungslücken und nennt in dem Zusammenhang den “Herrn Scholz”, also den Bundeskanzler, der seinerseits in den Cum-Ex-Strudel geraten ist. Zwei Laptops mit mehr als 700.000 E-Mails, darunter von Scholz’ Büroleiterin, wurden nach Informationen des Stern vom SPD-Chefaufklärer im Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss aus dem Sicherheitsraum des Ausschusses entfernt und versteckt. “Wir wissen nicht, ob sie zwischenzeitlich manipuliert oder ausgelesen wurden”, zitiert das Magazin CDU-Obmann Richard Seelmaecker.