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Liberty-Chef Gupta: Thyssen-Krupp hat „den Deal ohne ernsthafte Verhandlungen abgeblasen“

Der Chef des britischen Stahlhändlers ist von der Absage des Verkaufs der Stahlsparte kalt erwischt worden. Echte Gründe kann Gupta nicht erkennen.

Sanjeev Gupta, Vorstandschef des britischen Stahlhändlers Liberty Steel, kann die einseitige Absage des Verkaufs der Stahlsparte von Thyssen-Krupp an den von ihm geführten Konzern nicht nachvollziehen.

Es sei unverständlich für ihn, „den Deal ohne ernsthafte Verhandlungen abzublasen“, sagte der britisch-indische Unternehmer dem Handelsblatt. Sowohl mit dem Management, den Investoren, den Gewerkschaften als auch der Politik habe Liberty gute Gespräche geführt. Das vorgelegte Konzept sei „besser als alles andere, was für Thyssen-Krupp auf dem Tisch liegt“.

Von der Absage am Mittwochabend wurde Gupta kalt erwischt. Noch immer sei aus Sicht von Liberty nicht klar, was die Motivation hinter dem Schritt sei. „Wir haben unser Angebot mehrfach nachgebessert, und final war noch gar nichts“, sagte Gupta. Das Angebot sei finanziell attraktiv gewesen, auch wenn es offenbar eine Bewertungslücke gegeben habe. Liberty sei bereit, diese Lücke zu schließen: „Dafür müssen wir aber miteinander reden.“

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Die Tür für weitere Gespräche will Gupta offen halten. Allerdings hat Thyssen-Krupp bereits erklärt, dass es dazu nicht kommen wird. Statt eines Verkaufs plant der Ruhrkonzern nun eine Sanierung der angeschlagenen Sparte in Eigenregie. Möglich ist auch eine Ausgliederung des Geschäfts mit der Option, die Sparte in Zukunft als eigenes Unternehmen an die Börse zu bringen.

Liberty will indes weiter Ausschau nach Konsolidierungsoptionen halten. Die Neuordnung sei eine große Aufgabe für die Stahlbranche, auch vor dem Hintergrund der notwendigen CO2-Reduktion. Über konkrete Pläne, etwa über einen Zusammenschluss mit dem niederländischen Teil von Tata Steel, der zum Verkauf steht, hielt sich Gupta bedeckt, sagte jedoch: „Seien Sie aber sicher, dass wir unsere Optionen prüfen.“

Lesen Sie hier das gesamte Interview:

Thyssen-Krupp hat am Mittwochabend die Gespräche über den Verkauf ihrer Stahlsparte mit Liberty Steel abgebrochen. Wie konnte das passieren?
Für uns kam das vollkommen überraschend. Die Motivation für diesen Schritt haben wir bisher nicht verstanden. Wir haben unser Angebot mehrfach nachgebessert, und final war noch gar nichts. Auch die Bedenken der Gewerkschaften haben wir berücksichtigt. Das Angebot war auch finanziell attraktiv.

Da ist Gegenteiliges zu hören. Demnach hat Ihr Unternehmen einen negativen Kaufpreis geboten.
Das ist nicht richtig. Bezieht man alle Faktoren – auch die hohen Pensionsverpflichtungen von vier Milliarden Euro – mit ein, haben wir einen guten Preis geboten, der den Chancen des Geschäfts gerecht wird. Außerdem waren wir bereit, über die Bewertung und die Ausgestaltung des Deals weiter zu verhandeln.

Aber diese Möglichkeit ist doch vom Tisch, oder?
Die Entscheidung von Thyssen-Krupp ist eine vergebene Chance. Ein Zusammenschluss wäre doch für beide Seiten sehr gut. Unsere Tür bleibt daher offen. Wir sind weiterhin verhandlungsbereit.

Welche Gründe wurden Ihnen für die Absage genannt?
Es gibt vor allem unterschiedliche Vorstellungen über den Preis. Offenbar gibt es eine Bewertungslücke, die wir sicher schließen können. Aber wie gesagt, wir konnten kein finales Angebot machen. Wir glauben, wir hätten die Bedenken im weiteren Verlauf ausräumen können. Dafür müssen wir aber miteinander reden.

Gab es andere Gründe?
Das weiß ich nicht. Ich will darüber nicht spekulieren.

Haben die Gewerkschaften blockiert? Immerhin gab es bei den Arbeitnehmern große Bedenken.
Das kann ich mir nicht vorstellen. Wir haben traditionell eine gute Verbindung mit den Gewerkschaften, etwa in Osteuropa, Großbritannien und Australien. Auch in Deutschland hatten wir gute Gespräche mit den Vertretern von Betriebsrat und IG Metall. Wir hätten Arbeitsplätze gesichert, wie auch den Standort Bochum, der vor der Schließung steht. Insofern war unser Angebot doch im Sinne der Arbeitnehmer.

Gab es Widerstand aus der Politik oder aus dem Management?
Mit der Politik hatten wir sehr positive Gespräche, in denen wir die Problemstellen alle adressiert haben. Ein starker Stahlhersteller, der finanziell solide aufgestellt ist, ist doch im Interesse des Industriestandorts Deutschland. Und zum Management: Es gehört sich nicht, über die Verhandlungen im Detail zu reden.

Was ist mit den Großaktionären? Die Krupp-Stiftung und der Finanzinvestor Cevian vertreten eine eigene Position.
Wir hatten richtig gute Gespräche mit Investoren. Da habe ich keine grundsätzlichen Bedenken wahrgenommen.

Was bleibt, ist also die Bewertung. Wie groß war denn letztlich die Lücke?
Das weiß ich offen gestanden nicht, da wir dazu keine konkrete Rückmeldung bekommen haben. Für mich ist es daher sehr unverständlich, den Deal ohne ernsthafte Verhandlungen abzublasen.

Gab es denn Kritik am industriellen Konzept?
Da kann es keine Kritik geben, da es für alle Seiten Vorteile bietet. Wir brauchen für unsere bestehenden Werke Warmband, den wir aus Duisburg hätten beziehen können. Thyssen-Krupp Steel wäre damit – anders als heute – ausgelastet gewesen. Unser Konzept sichert damit Arbeitsplätze. Wir berücksichtigen darin auch die nötigen Investitionen für die Umstellung der Produktion auf grünen Stahl. Es ist besser als alles andere, was für Thyssen-Krupp auf dem Tisch liegt.

Wenn aber doch alle positiv eingestellt sind und das Konzept so gut ist, warum scheitern die Gespräche? Der Kaufpreis allein kann nicht der Grund sein.
Nochmals, darüber kann ich nur spekulieren. Ich vermute, dass es für die Entscheidungsträger bei Thyssen-Krupp emotional sehr schwierig ist, diesen Weg zu gehen. Stahl ist über viele Jahre integraler Bestandteil des Unternehmens gewesen. Das kann ich sehr gut verstehen.

Was sind nun die Alternativen für Liberty Steel? Wie geht es mit der Neuordnung der Branche weiter?
Klar ist, die Konsolidierung muss und wird weitergehen. Das ist eine große Aufgabe für unsere Branche. Die notwendige Dekarbonisierung zwingt uns dazu. Außerdem ist der Druck durch die Überkapazitäten und die Importe aus Asien immens.

Wird nun Tata Steel Ihr nächstes Ziel? Die europäischen Aktivitäten stehen zum Verkauf, nachdem SSAB eine Fusion abgeblasen hat.
Über konkrete Ziele kann ich keine Auskunft geben. Seien Sie aber sicher, dass wir unsere Optionen prüfen. In den vergangenen Jahren sind wir über Akquisitionen gewachsen, und wir werden diesen Weg weitergehen.

Ist nach dem Ende von SSAB/Tata und nun Thyssen-Krupp/Liberty nicht jeder in der Branche verschreckt? Der Weg der Konsolidierung ist doch faktisch verbaut.
Es wirft die Branche als Ganzes zurück. An der Logik geht aber kein Weg vorbei: Die Konsolidierung wird weitergehen, und wir werden eine entscheidende Rolle dabei spielen.

Vielen Dank für das Gespräch.