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Warum die Leoni-Aktie auf Talfahrt geht – die großen Probleme des Kabellieferanten

Anleger des Autozulieferers Leoni müssen derzeit Nerven wie Drahtseile haben, wenn sie der Aktie treu bleiben. Am vergangenen Freitag verlor die Aktie fast ein Drittel an Wert, am Montagvormittag sackte das Papier um weitere acht Prozent ab. Das Schlusslicht des SDax notierte gerade mal bei knapp über 19 Euro.

Binnen zwölf Monaten hat die Aktie damit zwei Drittel ihres Wertes eingebüßt. Und Analysten sehen noch kein Ende der Talfahrt: Erstmals seit zehn Jahren werden die Anleger auf eine Dividende verzichten müssen. „Unsere Probleme sind überwiegend hausgemacht“, muss der neue Leoni-Chef Aldo Kamper im Gespräch mit Analysten gestehen.

Enttäuschender Geschäftsverlauf

Seit Chinas Automarkt ins Stocken geraten ist, herrscht Unruhe in der gesamten Zulieferbranche. Aber Leoni trifft die Entwicklung besonders hart. „Unser Ergebnis 2018 ist sehr enttäuschend und inakzeptabel“, gibt Leoni-Chef Kamper unumwunden zu. Der Umsatz ist im vergangenen Jahr zwar leicht von 4,9 Milliarden auf 5,1 Milliarden Euro gestiegen. Doch beim operativen Gewinn (Ebit) sieht es düster aus: Operativ erwirtschaftete Leoni nur noch 144 Millionen Euro – nach 227 Millionen Euro im Vorjahr.

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Damit liegt man sogar noch unterhalb der eigenen Prognose. Im Oktober hatte der Vorstand eine Gewinnwarnung herausgegeben und den angepeilten Gewinn auf 196 Millionen Euro reduziert. Dieses Ziel hatte das Management am 14. November anlässlich der Präsentation der Zahlen des dritten Quartals sogar noch bestätigt. Die Ergebnisse sind darum eine kalte Dusche für die Aktionäre.

Die Probleme, die dazu führten, dass die eigene Prognose um 52 Millionen Euro unterboten wurde, sind zahlreich. In Mexiko hakt es in der Produktion, Kostensenkungen wurden nicht erreicht, und eine Goodwill-Abschreibung von sieben Millionen Euro drückt auf die Bilanz. Und dieses Jahr soll es noch schwerer werden. Leoni erwartet für das laufende Geschäftsjahr nur noch ein Ebit zwischen 100 und 130 Millionen Euro.

Darin sind noch nicht mal die Kosten für das Sparprogramm enthalten, das im März vorgestellt werden soll. Immerhin: 2019 werde die Talsohle erreicht sein, versprach Kamper.

Problemsparte Bordnetze

„In den nächsten Monaten werden wir uns darauf konzentrieren, das Unternehmen zu stabilisieren“, kündigte Kamper an. Die Sanierung wird zur Chefsache. Kamper selbst werde sich mit dem Finanzvorstand Karl Gadesmann in die operative Führung der Sparte einschalten – kein gutes Zeugnis für Vorstand Martin Stüttem, der die Sparte eigentlich führt.

Kamper kündigte zudem eine Verschärfung des geplanten Sparprogramms an. Bei den Bordnetzen seien unter anderem die Anlaufkosten für das neue Werk in Mexiko um zehn Millionen Euro höher ausgefallen als geplant. Und die Probleme würden im ersten Halbjahr anhalten, was sich auch auf die damit zusammenhängenden Kosten auswirke.

Steigende Schulden

Die Nettofinanzschulden des Unternehmens haben sich von 406 auf 613 Millionen Euro und damit den höchsten Wert seit 20 Jahren erhöht. Sie liegen damit bei 57 Prozent des Eigenkapitals. Die Verschuldungsquote (Nettofinanzschulden zu Ebitda) ist auf besorgniserregende 2,0 (1,1) gestiegen. Damit werden die Konditionen für neue Kredite immer schlechter.

Neuer Chef

Erst seit Herbst führt Aldo Kamper die Leoni AG. Der 48-jährige Niederländer kam von Osram Opto Semiconductors. Nun ist es durchaus üblich, dass neue Chefs bei Unternehmen in schwieriger Lage jeden Stein umdrehen, damit alle Belastungen noch in dem Jahr verrechnet werden, das sie noch nicht voll zu verantworten haben. Umso leichter lässt sich später ein eigener Erfolg darstellen.

Aber Kamper gestand vor Analysten, dass er am Jahresende selbst von den schlechten Ergebnissen überrascht war. Das wirft nicht gerade das beste Licht auf den Neuling. Und er sagte, es gebe einen Mangel an Transparenz im internen Berichtswesen, insbesondere zwischen der Zentrale und lokalen Werken. Das verursacht nicht nur Kosten für eine neue IT von SAP, sondern wirft auch kein gutes Licht auf seinen Aufsichtsrat.

Befangener Aufsichtsrat

Mit Klaus Probst ist der ehemalige Vorstandschef nach einer Abkühlphase seit 2017 Chefaufseher des Unternehmens. Von 2002 bis 2015 führte er das Unternehmen auf einem starken Expansionskurs. Sein Nachfolger Dieter Bellé scheiterte zwischenzeitlich. Immer wieder spricht das Management jetzt von hausgemachten Problemen. Zumindest ist der Aufsichtsratschef nicht ganz unschuldig an der gesamten strategischen Entwicklung. Die Nürnberger sind seit den letzten Jahren unter Klaus Probst nie richtig zur Ruhe gekommen. Die noch unter ihm initiierte neue Führungsstruktur hat ihren Erfolg jedenfalls verfehlt.

Was sagen die Analysten?

„Es war zwar zu erwarten, dass Leoni seine Ziele nicht erreichen wird, aber das Ausmaß ist alarmierend“, schrieben die Experten der Bank Hauck & Aufhäuser in einem Kurzkommentar. Sie sehen Leoni als Restrukturierungsfall, weil auch die mittelfristigen Ziele kassiert wurden. Die Kosten für einen möglichen Konzernumbau seien noch nicht abzuschätzen. Den Ausblick nannte Analyst Christian Ludwig vom Bankhaus Lampe „ein Desaster“.

Und auch Frank Schwope, Analyst der NordLB, fürchtet, dass sich das Führungschaos noch rächen könnte. „Der Konzern litt in den vergangenen Jahren schon häufiger unter organisatorischen Defiziten, die der neue CEO dringend beheben muss“, sagt er. Die anstehenden Restrukturierungen würden noch einmal zu deutlichen Millionenbelastungen führen. „Der gesunkene Aktienkurs dürfte das Unternehmen für chinesische Investoren interessant machen.“