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Lehrerverband wirft Bundesländern Versäumnisse bei Anti-Corona-Maßnahmen vor

Die Corona-Pandemie setzt die Schulen zunehmend unter Druck. Der Lehrerverband vermisst klare Vorgaben der Länder, wie mit der verschärften Lage umgegangen werden soll.

„Derzeit lässt die Politik die Schulen weitgehend allein.“ Foto: dpa
„Derzeit lässt die Politik die Schulen weitgehend allein.“ Foto: dpa

Als sich die 16 Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel vor zwei Wochen auf harte Corona-Maßnahmen verständigten, wurden Schulen ausdrücklich von Schließungen ausgenommen. Weil die Zahl der Infektionsfälle in den Schulen steigt und mittlerweile mehr als 300.000 Schüler in Quarantäne sind, wird jedoch inzwischen die Frage gestellt, ob nicht doch temporäre Schulschließungen ein gutes Mittel wären, um die Zahlen schnell und entscheidend zu drücken.

Bisher lehnen dies aber die meisten Landesregierungen und auch Kanzlerin Merkel ab. Auch der Deutsche Lehrerverband gehört nicht zu den Befürwortern großflächiger Schulschließungen oder einer generellen Umstellung auf Hybridunterricht mit halbierten Klassen, wie Verbandspräsident Hans-Peter Meidinger dem Handelsblatt sagte. Dem derzeitigen Agieren der Bundesländer in der Krise kann er aber auch nicht viel abgewinnen.

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„Wir halten es für grundfalsch, dass die Mehrzahl der Bundesländer den Hygienestufenplan der Kultusministerkonferenz und die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts außer Kraft gesetzt und in die Tonne getreten hat“, sagte Meidinger. „Die Gesundheitsschutzmaßnahmen an Schulen dürfen nicht vom ansteigenden Infektionsgeschehen in Deutschland und den für den Rest der Gesellschaft im Lockdown-Monat November geltenden Verhaltensregeln komplett abgekoppelt werden.“

Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt etwa, ab einem Wert von 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auch im Unterricht. Und ab einem Wert von 50 sollten die Klassen geteilt und zeitversetzt unterrichtet werden, damit ein Mindestabstand von 1,5 Metern gewährleistet bleibt. Diese Empfehlungen setzen die meisten Länder aber nicht um.

In Berlin gilt zum Beispiel ein eigener Corona-Stufenplan. Auf Anfrage von „tagesschau.de“ hieß es dazu aus der zuständigen Senatsverwaltung, man habe sich „in Abstimmung mit Fachleuten aus den Bereichen Wissenschaft, Medizin und Schule für dieses differenzierte Vorgehen entschieden“.

RKI: Vermehrt Corona-Fälle in Schulen

Lehrerverbandspräsident Meidinger fordert daher von der Politik „klare Maßgaben“, ab welcher Neuinfektionsrate (Inzidenzzahl) auch Schulen ihre Gesundheitsschutzmaßnahmen verschärfen müssten bis hin zur Wiederherstellung der Abstandsregel mit halbierten Klassen und Hybridunterricht. „Bei der Art der Umsetzung will der Lehrerverband den Schulen vor Ort aber einen großen eigenen Ermessensspielraum einräumen“, sagte Meidinger.

„An der einen Schule kann eine Verkleinerung der Lerngruppen so erfolgen, dass besonders förderungsbedürftige Kinder weiter im Präsenzunterricht bleiben und andere, die von den Eltern zu Hause unterstützt werden können, verstärkt Homeschooling betreiben.“ Ein Gymnasium könne die Schüler der Unterstufe in der Schule belassen, während die Oberstufe „vorübergehend in das ,distance learning' geht“. Wichtig sei aber, dass reagiert werde. „Derzeit lässt die Politik die Schulen weitgehend allein“, sagte Meidinger.

Dass die Lage ernst ist, zeigen jüngste Daten des Robert Koch-Instituts (RKI). Die Zahlen der Neuinfektionen steigen zwar nicht mehr so schnell wie in den letzten Wochen. Aber obwohl es bereits Mitte Oktober erste Einschränkungen gegeben hatte, lag die Zahl am Donnerstag bei sehr hohen 21.866. Und nach ersten Meldungen der Gesundheitsämter zeigen Daten der Analysefirma Risklayer, dass die Zahl am Freitag noch darüber liegen könnte.

Das Infektionsgeschehen nehme immer noch in ganz Deutschland zu, Kliniken meldeten zunehmend Engpässe, sagte RKI-Chef Lothar Wieler am Donnerstag. Auffällig sei auch, dass vermehrt Fälle in Schulen aufträten.

Vor diesem Hintergrund werden auch Schulschließungen nicht mehr ausgeschlossen. Wenn eine solche Option notwendig werde, sollte die Politik aus Sicht von DIW-Chef Marcel Fratzscher „schnell und konsequent“ handeln. „Die Politik darf den Fehler nicht wiederholen und Restriktionen zu spät einführen“, sagte der Ökonom dem Handelsblatt. „Die Politik hätte bereits die Herbstferien für einen Lockdown light benutzen sollen und damit viel des Schadens der zweiten Infektionswelle für Gesundheit und Wirtschaft vermeiden können.“

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) und rheinland-pfälzische Bildungsministerin, Stefanie Hubig (SPD), will die Schulen möglichst offen lassen. Alle Länder hätten „zusätzliche Maßnahmen ergriffen, um den Präsenzunterricht unter Corona-Bedingungen möglich zu machen“, sagte die SPD-Politikerin dem Handelsblatt.