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Legal Tech spielt in deutscher Juristenausbildung keine Rolle

Die Digitalisierung und die Automatisierung des Rechts werden immer wichtiger. In Deutschland schlägt sich das bisher nicht in der Ausbildung nieder. Andere Länder sind weiter.

Die deutsche Juristenausbildung folgt den gleichen Kriterien wie vor 100 Jahren. Foto: dpa
Die deutsche Juristenausbildung folgt den gleichen Kriterien wie vor 100 Jahren. Foto: dpa

Der Verbraucher kennt den Begriff „Legal Tech“ vor allem durch Portale für Fluggastrechte oder die Durchsetzung der Mietpreisbremse. Er umfasst aber auch Software, um Vertragstexte zu untersuchen und Akten zu strukturieren, oder meint Algorithmen für smarte Verträge oder zur Vorhersage richterlicher Entscheidungen. Aktuell in der Coronakrise helfen Onlinetools bei der Berechnung und Beantragung von Kurzarbeitergeld.

Auch wenn in der Zunft zuweilen erbittert darüber gestritten wird, ob Rechtsautomaten bald Anwälte und Richter ersetzen und die Politik darum ringt, ob die Rechtslage für Legal-Tech-Anbieter geändert werden müsste – es ist Fakt, dass die Automatisierung von Rechtsdienstleistungen und die Digitalisierung des Rechts voranschreitet.

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In der Juristenausbildung und im Vorbereitungsdienst hat Legal Tech indes noch keinen festen Platz. Das besagt ein Gutachten, das Rechtsprofessor Heribert Anzinger von der Universität Ulm im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung verfasst hat und das dem Handelsblatt exklusiv vorliegt. Fazit: „An keiner deutschsprachigen juristischen Fakultät in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind Data-Science- und Legal-Tech-bezogene Inhalte im Pflichtprogramm eines grundständigen juristischen Studiums sichtbar geworden.“

Im Zentrum der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen stünde „wie seit über 100 Jahren“ die tiefe Kenntnis des geltenden Rechts als praxisbezogene Fachkompetenz sowie die Falllösungstechnik.

Untersucht wurden in der gut 130 Seiten starken Expertise 54 juristische Fakultäten. Demnach gibt es zwar einzelne Seminare wie „Blockchain und Recht“ oder „Algorithmisches Entscheiden und Recht“ sowie experimentelle Initiativen wie Workshops und Hackathons. Auch finden Ergänzungs- und Weiterbildungsstudiengänge statt.
Aber nur Baden-Württemberg und das Saarland haben den Katalog möglicher Schlüsselqualifikationen um „digitale Kompetenzen“ und den „Umgang mit Informationstechnologien“ ergänzt. Auch im juristischen Vorbereitungsdienst fehlt ein Legal-Tech-Bezug.

Sinnvolle Lerninhalte in anderen Ländern

Außerhalb Deutschlands, mit Schwerpunkten in Australien, Kanada und den USA, macht Rechtsprofessor Anzinger sinnvolle Modelle für neue Lehrinhalte aus. Vor allem Kanada sei weit mit der zukunftsweisenden Integration statistischer Methoden in die juristische Ausbildung vorangeschritten. Verwiesen wird auf ein „Cyberjustice Laboratory“, den räumlichen Cluster einer „Legal Innovation Zone“ und das befruchtende Umfeld verschiedener Legal-Tech-Start-ups. Solche Ansätze ließen sich in Programme der Juristenausbildung in Deutschland überführen.

Konkret empfiehlt die Studie, statistische Methoden der Data Science und die technischen Grundlagen von Legal Tech schnellstmöglich in das Pflicht- und Wahlpflichtprogramm sowie in den juristischen Vorbereitungsdienst aufzunehmen. Denn wer Legal-Tech-Anwendungen einsetze, müsse auch verstehen, wie sie funktionierten, „um auch ihre Schwächen einschätzen zu können“. Für eine Harmonisierung der Ausbildung auf Bundesebene müssten demnach lediglich wenige Sätze im deutschen Richtergesetz ergänzt werden.

Das Gutachten plädiert zudem für eine stärkere interdisziplinäre Zusammenarbeit, Legal-Tech-Hubs, die innovative junge Unternehmen an die Universitäten holen, und die finanzielle Förderung von innovativen Lehrformaten durch Bund und Länder. Die Antwort auf die „Gretchenfrage“ nach den notwendigen Programmierkenntnissen sollte dagegen dem Wettbewerb überlassen bleiben, meint Anzinger: Nicht jeder Jurist müsse programmieren können, sondern nur verstehen, wie Programme funktionieren.