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Lebensmitteln im Millionenwert droht die Vernichtung

Ein Start-up-Unternehmer will die verderblichen Waren vor der Entsorgung retten. Dazu vernetzt er jetzt die Lieferanten, um neue Abnehmer zu finden.

Das Problem ist riesig und die Verschwendung fast unvorstellbar. Als im März zum ersten Mal die Restaurants infolge der Pandemie geschlossen wurden, mussten verderbliche Lebensmittel im dreistelligen Millionenwert vernichtet werden, für die sich vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums kein Abnehmer mehr fand.

Nun hat den Lebensmittelgroßhandel der nächste Schlag getroffen: Erneut müssen alle Restaurants schließen. Und wieder stehen die Lieferanten plötzlich vor der schwierigen Entscheidung: Wohin mit Fisch, Fleisch, Obst und Gemüse, das ihre Kunden nicht mehr abnehmen?

Die Lösung könnte simpel sein – zumindest für einen Teil der Lebensmittel. Der Start-up-Unternehmer André Klein will jetzt die vielen kleinen mittelständischen Lebensmittelgroßhändler vernetzen und ihnen so auch finanziell eine kleine Entlastung ermöglichen.

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Der Trick: Nicht alle Großhändler haben gerade zu viel Ware in ihren Lagern. Einige Unternehmen liefern weiterhin an Kantinen, Krankenhäuser, den Lebensmitteleinzelhandel und andere Einrichtungen und brauchen dafür teilweise sogar mehr Ware als normal. Doch sie haben keinen Kontakt zu den Händlern, deren Produkte zu verderben drohen.

Eine simple Online-Excel-Liste soll das ändern. Seit Klein sie Ende vergangener Woche ins Netz gestellt und die Idee in der Branche verbreitet hat, haben sich schon 30 Betriebe aus dem ganzen Bundesgebiet dort eingetragen. Die meisten suchen Abnehmer für ihre Waren, ein gutes Drittel von ihnen will aber auch Ware ankaufen.

Dort ist jetzt Tiefkühlfisch im Angebot, genau wie Fleisch oder Molkereiprodukte. Es werden asiatische Lebensmittel angeboten, aber auch Fassbier. Um die schnelle Vernetzung zu ermöglichen, gibt es dort Ansprechpartner mit Durchwahl und E-Mail. So könnte zumindest ein Teil der Ware gerettet werden, hoffen die Initiatoren.

„Kaum einer sieht, wie dramatisch die Auswirkungen der Restaurantschließungen für die Unternehmen in der Lieferkette sind“, berichtet Klein, der mit seinem Unternehmen auch Teil dieser Kette ist. Denn er hat die App „ChefsList“ entwickelt, die den Bestellvorgang zwischen Großhändlern und Restaurants digitalisieren soll.

Heute bestellen viele Gastronomen bei ihren Lieferanten noch per Fax. Weder sie noch die meist mittelständischen Großhändler haben Know-how und Finanzen, um dafür digitale Lösungen zu entwickeln. „ChefsList“ will mit seiner App diese Lücke füllen.

Unternehmen kämpfen ums Überleben

Schon im Normalbetrieb trägt die App auch dazu bei, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Denn Händler können darüber Ware, deren Mindesthaltbarkeitsdatum in Kürze abläuft, ohne großen Aufwand all ihren Kunden vergünstigt anbieten – ohne wie vorher jeden einzelnen abtelefonieren zu müssen.

Doch zurzeit haben die Lieferanten der Gastronomie ganz andere Sorgen. In einer Umfrage von „ChefsList“ Anfang Oktober, an der 50 der 400 führenden Lebensmittelgroßhändler in Deutschland teilgenommen haben, gaben die Befragten an, dass sie erwarten, dass gut ein Viertel ihrer Kunden, also der Restaurants, aufgeben werden.

Ein Drittel der Befragten klagte, dass ihnen zu wenig Aufmerksamkeit vonseiten der Politik zuteilwird – und aus ihrer Sicht andere Branchen bevorzugt werden. Im Schnitt bewerteten sie die Krisenpolitik der Regierung mit der Schulnote „ausreichend“. Wegen der Unklarheit der Situation gingen 22 Prozent davon aus, Personal entlassen zu müssen.

„Diese Krise wird Restaurants, Partyservices, Cateringunternehmen und der gesamten Gastronomie in Deutschland nachhaltigen wirtschaftlichen Schaden zufügen“, klagt Ronny Freytag, Vertriebsleiter des Großhändlers Feddersen Gastro GmbH. Die Arbeitsplätze und Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen stünden auf dem Spiel. „Wir müssen zusehen, wie kleine und mittlere Unternehmen um ihr Überleben kämpfen und dabei Schulden aufnehmen, die sie – Stand jetzt – niemals werden tilgen können“, befürchtet er.

Denn wann die Einschränkungen des öffentlichen Lebens wieder gelockert werden, ist angesichts der weiterhin hohen Infektionszahlen völlig unklar. Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Bundesländer wollen am 16. November eine Zwischenbilanz ziehen und über das weitere Vorgehen beraten. Doch Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff sagte bereits: „An Lockerungen glaube ich zu diesem Zeitpunkt nicht.“

Für die Großhändler ist gerade diese Ungewissheit fatal. „Es ist eine Tragödie“, sagt Sabine Becker, die den Lieferanten Lebensmittel Becker GmbH in vierter Generation führt. Das Risiko ziehe sich „durch die gesamte Lieferkette bis hin zu den einzelnen Lebensmittelproduzenten“, klagt sie.

Man schaue jetzt zwar immerhin auf die Restaurants, denen Entschädigungen in Aussicht gestellt werden. Aber die Lieferkette dahinter werde kaum gesehen, sagt Start-up-Unternehmer Klein. „Die deutschen Lebensmittelgroßhändler haben den Eindruck, dass die Regierung den deutschen Mittelstand völlig im Stich gelassen hat“, sagt er.