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Laut Habeck hat Deutschland seine Abhängigkeit von russischem Gas deutlich reduziert – ein Blick hinter die Kulissen lässt daran Zweifel aufkommen

Laut Robert Habeck (Grüne), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), wurde der Anteil von russischem Gas an deutschen Gas-Importen um 20 Prozent reduziert.
Laut Robert Habeck (Grüne), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), wurde der Anteil von russischem Gas an deutschen Gas-Importen um 20 Prozent reduziert.

Eigentlich war Robert Habeck (Grüne) vor die Presse getreten, um das in Deutschland einbrechende Wirtschaftswachstum zu vermelden. Eine positive Nachricht hatte der Klima- und Wirtschaftsminister am Mittwoch aber zu vermelden: Der Anteil von russischem Gas an den deutschen Gas-Importen sei in diesem Jahr bereits von 55 Prozent auf 35 Prozent gefallen. Habeck sprach von "erfolgreichen Schritten", die zu diesem Ergebnis geführt hätten.

Welche Schritte das sind, ist unklar. Auf eine Anfrage von Business Insider will das Klima- und Wirtschaftsministerium keine klare Auskunft darüber geben, wie die vermeintliche Reduktion des Anteils von russischem Gas um 20 Prozent so schnell gelingen konnte.

"Eine genaue Aufstellung kann ich Ihnen nicht zukommen lassen, da hier auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen enthalten sind", teilt eine Sprecherin auf unsere Anfrage mit. Merkwürdig daran: Auf seinem Instagram-Account sprach Habeck zuletzt detailliert über einzelne Ölfirmen. Wie dem auch sei: Die Bundesregierung sorge nur für die Grundlagen, so die Sprecherin weiter, "die Unternehmen schließen die Verträge". Und weiter: "viele Unternehmen schließen soweit möglich derzeit Verträge mit anderen Anbietern ab".

Die Menge der Gas-Importe bleibt stabil – Verträge mit Russland lassen sich nicht einfach kündigen

Aber 20 Prozent weniger Gas-Importe – umgerechnet deutlich über elf Milliarden Kubikmeter Erdgas – aus Russland, nur durch das Abschließen neuer Verträge? Diese Erzählung sorgt in der Energiebranche gleich aus mehreren Gründen für Irritationen.

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Zum einen, weil die Menge der Gas-Importe aus Russland stabil bleibt. Das zeigen die Lageberichte der Bundesnetzagentur. Gerade die Gasflüsse über die Pipeline Nord Stream 1, über die ein Großteil des russischen Erdgases nach Deutschland geleitet wird, liegen ohne größere Schwankungen bei knapp unter 1800 Gigawattstunden pro Tag. Das Gleiche gilt für die Megal-Pipeline, über die pro Tag etwa 800 Gigawattstunden Erdgas aus Russland nach Deutschland gelangen. Zwar landet seit Anfang März eine große Menge dieses Gases in den deutschen Gasspeichern – das erklärt jedoch nicht, warum der Anteil russischen Gases an den Erdgas-Importen insgesamt gesunken sein soll.

Des Weiteren ist es für die Energieversorger in Deutschland nicht ohne weiteres möglich, ihre Verträge mit Russland loszuwerden und durch neue Verträge zu ersetzen. Die meisten Verträge über Gaslieferungen sind langfristig angelegt, viele laufen bis Ende dieses Jahrzehnts. Wie Business Insider aus Branchenkreisen erfuhr, fallen in manchen Vertragswerken nur 20 Prozent der Zahlungen für die Gaslieferungen an sich an. Die restlichen 80 Prozent werden für die Nutzung und Instandhaltung der Infrastruktur an Russland bezahlt – egal, ob Gas abgenommen wird oder nicht.

Neue Verträge über Gaslieferungen abschließen, während die alten mit Russland noch laufen, ist also auch eine Kostenfrage.

"Ein kurzfristiger Verzicht auf russisches Gas ist nicht möglich"

Und so schreibt ein Sprecher des deutschen Energieversorgers Uniper auf Anfrage von Business Insider: "Für unser Unternehmen und für Deutschland insgesamt gilt: Ein kurzfristiger Verzicht auf russisches Gas ist nicht möglich, dieser hätte dramatische Folgen für unsere Volkswirtschaft."

Aus dieser Haltung heraus erklärt sich auch, dass die deutschen Energieversorger weiter bemüht sind, den Anforderungen von russischer Seite für die Zahlung von Erdgas-Lieferungen zu genügen. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte gefordert, die Lieferungen müssten in Rubel gezahlt werden, ließ sich aber auf einen Kompromiss ein: Europäische Energieversorger richten ein Konto bei der Gazprombank ein und zahlen dort in Euro. Die Gazprombank kann die Zahlungen danach in Rubel umwandeln.

Tatsächlich, so berichtete es jedenfalls die Nachrichtenagentur Bloomberg, sollen mehrere europäische Firmen solche Konten bereits eröffnet haben. Die deutschen Gas-Importeure RWE, ENBW und Uniper wollen das auf Anfrage nicht bestätigen. Lediglich Uniper antwortet Business Insider ausführlicher: "Uniper kann für seine Verträge sagen: Wir halten eine mit Sanktionsrecht und dem russischen Dekret konforme Zahlungsumstellung für möglich. Uniper wird weiterhin in Euro zahlen. Über die konkreten Zahlungsmodalitäten ist Uniper im Gespräch mit seinem Vertragspartner und steht außerdem in enger Abstimmung mit der deutschen Bundesregierung."

Zahlt ausgerechnet ein von der Bundesregierung kontrolliertes Unternehmen Gas in Rubel?

Diese betont auf Anfrage, dass sich die deutschen Energieversorger sanktionskonform verhielten. "Die Verträge gelten und sie sind einzuhalten. Sie lauten auf Euro und Dollar. Also sind sie in Euro oder Dollar zu erfüllen", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums auf Anfrage von Business Insider. Einzahlungen auf das sogenannte Konto K bei der Gazprombank seien in Einklang mit den Sanktionen, "wenn Unternehmen erklären, dass mit Zahlung in Euro oder Dollar die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung erfolgt ist."

Vor diesem Hintergrund sorgte am Donnerstag eine Meldung Bloombergs für Aufsehen, dass die Gazprom Marketing & Trading – die als Tochter der Gazprom Germania mittlerweile von der Bundesnetzagentur als Treuhänderin gemanagt wird – der Gazprombank angeboten habe, Gas-Lieferungen in Rubel zu bezahlen.

Tatsächlich räumt die Bundesnetzagentur auf Anfrage Ungereimtheiten bei den entsprechenden Transaktionen ein. "Es gibt aktuell bei Gazprom Marketing & Trading einen Fall, in dem Unklarheiten bei der Abwicklung der Zahlungen bestehen. Dies betrifft marginale Gasmengen, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus Russland geliefert werden, gegebenenfalls aber nachgeliefert werden können", teilt ein Sprecher mit. Die Meldung, dass das Unternehmen versucht habe, den Betrag in Rubel zu zahlen, könne die Bundesnetzagentur nicht bestätigen: "Die Zahlung soll vertragsgemäß in Euro und konform mit den relevanten europäischen Sanktionsbestimmungen erfolgen."