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„Wir lassen uns nicht einschüchtern“: Wien am Tag nach dem Attentat

Weiter ist unklar, ob Komplizen des Attentäters von Wien noch auf freiem Fuß sind. Kanzler Kurz wendet sich an seine Landsleute – und spricht vom „Kampf zwischen Zivilisation und Barbarei“.

Bewaffnete Polizisten patrouillieren nach einem Schusswechsel im Stadtzentrum. Foto: dpa
Bewaffnete Polizisten patrouillieren nach einem Schusswechsel im Stadtzentrum. Foto: dpa

Sebastian Kurz fand am Dienstag klare Worte: „Es war ein Anschlag aus Hass, aus Hass auf unsere Grundwerte, aus Hass auf unser Lebensmodell, aus Hass auf unsere Demokratie“, sagte der österreichische Kanzler am Dienstagvormittag in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung.

Bei dem islamistisch motivierten Anschlag am Montagabend seien vier Menschen „aus nächster Nähe kaltblütig“ getötet worden. „Wir werden uns von den Terroristen nicht einschüchtern lassen und uns mit aller Kraft verteidigen“, sagte Kurz. 17 Menschen wurden verletzt.

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Es gehe nicht um eine Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen oder zwischen Österreichern und Migranten, sagte Kurz. Es gehe um einen Kampf zwischen Zivilisation und Barbarei.

Wien am Tag nach dem Attentat ist eine ruhige Stadt. Die Fahnen wehen auf Halbmast, es gilt eine dreitägige Staatstrauer. Innenminister Karl Nehammer hat die Bevölkerung dazu aufgerufen, am Dienstag wenn irgendwie möglich zu Hause zu bleiben. Denn noch ist nicht klar, ob Täter noch auf freiem Fuß unterwegs sind. Ein Attentäter wurde erschossen. Ob er Komplizen hatte, ist zur Zeit noch unklar.

Die Bevölkerung kann sich in der Stadt weiter frei bewegen, und die öffentlichen Verkehrsmittel fahren wie üblich an einem Werktag. Am frühen Morgen waren die U-Bahnzüge weniger voll als sonst, auch wenn zahlreiche Berufspendler sie dennoch nutzten.

Ort und Zeitpunkt des Attentats bewusst gewählt

Die Schießerei begann an der Synagoge an der Seitenstettengasse und setzte sich an fünf nahe gelegenen Standorten fort. Am frühen Dienstagmorgen führt die Polizei an den Tatorten eine Weg-Zeit-Analyse durchgeführt. So will sie herausfinden, ob es einem einzigen Attentäter möglich war, in kurzer Zeit die verhältnismäßig nahe beieinander liegenden Orte der Anschläge zu erreichen.

Der Tatort ist abgesperrt, Gaffer gibt es keine. Die Polizei und einige Fernsehteams sind am Schwedenplatz, sonst ist hier aber deutlich weniger los als anderen Tagen. Diskret zeigt die Polizei an verschiedenen Orten in der Innenstadt Präsenz. Mehrere Beamte haben den nahe gelegenen Stephansdom umstellt; in zentralen U-Bahn-Knotenpunkten, etwa am Karlsplatz, patrouillieren Polizisten in kleinen Gruppen.

Zur Ruhe in der Stadt, in der der rund ein Drittel der Einwohner einen Migrationshintergrund hat, trägt aber auch der partielle Lockdown bei, der seit diesem Dienstag greift. Deswegen war kurz zuvor, am Montagabend, noch einmal viel los – vor allem in dem Stadtteil mit dem Namen Bermuda-Dreieck, erzählen Anwohner. Es macht den Anschein, als hätten der oder die Täter auch den Zeitpunkt des Attentats bewusst gewählt.

Um die Ausbreitung des Virus zu bremsen, mussten Restaurants, Bars, Kinos und Theater um Mitternacht bis auf Weiteres schließen. Frühestens im Dezember werden sie den Betrieb wieder aufnehmen dürfen. Gleichzeitig sind die Einwohner Österreichs von der Regierung angehalten, ihre Wohnung in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr nicht zu verlassen. Viele Wiener hatten den Montagabend deshalb genutzt, um vorerst ein letztes Mal essen zu gehen oder eine Theateraufführung zu besuchen.

Ebenfalls bewusst gewählt war der Ort des Anschlags: Im Jahr 1981 hatte bereits einmal ein Terrorkommando einen Überfall auf die Synagoge an der Seitenstettengasse verübt. In den vergangenen Jahren war Österreich von schweren Terroranschlägen verschont geblieben, wie sie Frankreich, Spanien oder Deutschland getroffen haben. Jetzt ist die Angst in die Stadt zurückgekehrt.

Weitere Reaktionen:

  • Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat erneut seine Solidarität mit Österreich zum Ausdruck gebracht. „Frankreich steht Österreich zur Seite und ist bereit, Unterstützung zu leisten“, schrieb er am Dienstag auf Twitter. Kreisen des französischen Präsidialamtes zufolge wollte Macron im Laufe des Tages in der österreichischen Botschaft in Paris in einem Kondolenzbesuch unterschreiben. „Europa ist solidarisch, geeint und entschlossen.“

  • Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte Unterstützung bei der Bekämpfung des Terrorismus zu. „Der Kampf gegen diese Mörder und ihre Anstifter ist unser gemeinsamer Kampf“, ließ die Regierungschefin per Twitter verbreiten. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble drang auf eine „weitere Intensivierung der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit in der Europäischen Union“. Außenminister Heiko Maas erklärte, die Reaktionen der islamischen Länder auf die Anschläge in Wien und Nizza würden aufmerksam beobachtet.

  • EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat nach dem Anschlag von Wien ein unerbittliches Vorgehen gegen den Terrorismus angekündigt. „Wir werden den Terrorismus gemeinsam entschlossen bekämpfen“, teilte von der Leyen am Dienstag nach einem Telefonat mit dem österreichischen Kanzler Sebastian Kurz mit. Die europäische Familie stehe fest an der Seite von Österreich. Sie verurteile den verabscheuungswürdigen Anschlag auf das Schärfste.

  • Ein Sprecher der EU-Kommission ergänzte, dass eine Ausweitung des europäischen Anti-Terror-Kampfes bereits seit längerem in Planung sei. So sollten bereits im Dezember Vorschläge vorgestellt werden, wie einer Radikalisierung von Menschen im Internet stärker entgegengewirkt werden könnte. Für das zweite Halbjahr 2021 ist zudem die Vorstellung einer neuen EU-Agenda zur Terrorismusbekämpfung angekündigt. Dabei solle es auch um einen besseren Schutz öffentlicher Plätze und Räume gehen, erklärte der Sprecher. Vorgeschlagen werde solle zudem eine Überarbeitung des Rahmens für die Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung in der EU und eine weitere Stärkung des Mandats der europäischen Strafverfolgungsbehörde Europol.

  • Auch in Russland, Israel und Großbritannien wurde der Anschlag verurteilt. Russlands Präsident Wladimir Putin sprach von einem „grausamen und zynischen Verbrechen“. Israels Präsident Reuven Rivlin erklärte, sein Land verfolge „die verabscheuungswürdige Terrorattacke“ mit Sorge. Der britische Premierminister Boris Johnson schrieb, man stehe geeint mit Österreich gegen den Terror.