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Lambrecht will europarechtskonforme Gutscheinlösung für Corona-Stornierungen

Verpflichtende Gutscheine bei abgesagten Reisen lehnt die EU-Kommission ab. Verbraucherschutzministerin Lambrecht sucht jetzt eine europarechtskonforme Lösung.

Die Reisewirtschaft in Deutschland muss Branchenangaben zufolge wegen Corona allein von Mitte März bis Ende April Umsatzeinbußen in Höhe von 4,8 Milliarden Euro verkraften. Foto: dpa
Die Reisewirtschaft in Deutschland muss Branchenangaben zufolge wegen Corona allein von Mitte März bis Ende April Umsatzeinbußen in Höhe von 4,8 Milliarden Euro verkraften. Foto: dpa

Die Bundesregierung will trotz des Widerstands der EU-Kommission an einer Gutscheinlösung für stornierte Reisen in der Coronakrise festhalten. „Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die erste Einschätzung der Kommission zu der vorgeschlagenen Gutscheinlösung zur Kenntnis genommen“, sagte ein Sprecher von Ressortchefin Christine Lambrecht (SPD) dem Handelsblatt.

„Die Bundesregierung wird auf europäischer Ebene weiter auf den Handlungsbedarf für eine einheitliche und praktikable Lösung hinweisen und sich für eine europarechtskonforme Gutscheinlösung einsetzen, die in der jetzigen Situation auch die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher angemessen berücksichtigt.“

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Für viele Reiseanbieter wäre es wegen der Coronavirus-Krise und der deswegen erlassenen Reisebeschränkungen wichtig, jetzt für ausgefallene Urlaube Gutscheine ausgeben zu können, statt Geld zurückerstatten zu müssen. Damit würden sie ihre Liquidität schonen. Die Bundesregierung plädiert bisher für eine verpflichtende Gutscheinlösung. Diese lehnt EU-Justiz- und Verbraucherkommissar Didier Reynders allerdings ab.

„Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass nationale Entscheidungen im Einklang mit dem EU-Recht stehen – und das lässt dem Verbraucher die Wahl zwischen Gutscheinen und der Rückerstattung der Kosten“, sagte Reynders der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Bei der EU-Pauschalreiserichtlinie gibt es einen gewissen nationalen Ermessensspielraum. Bei der Verordnung über Fluggastrechte ist dagegen allein die EU-Kommission zuständig. Auch hier plädiert die Bundesregierung dafür, dass die Fluggesellschaften für stornierte Flüge Gutscheine aushändigen können und nur in Ausnahmefällen das Geld für gebuchte Flüge zurückerstatten sollen.

Union will Rettungsfonds für Reisebranche

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) forderte von der Bundesregierung aufgefordert, ihre Gutschein-Pläne aus europarechtlichen Gründen nicht weiterzuverfolgen. Auch in der Coronakrise müssten die Menschen auf das Rechtssystem vertrauen können. „Deshalb ist es an der Zeit, dass die Bundesregierung endlich erklärt, dass Zwangsgutscheine vom Tisch sind“, sagte die Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim VZBV, Marion Jungbluth, dem Handelsblatt.

„Zwangsgutscheine machen den Verbrauchern Angst, denn sie haben sich auf geltende Verbraucherrechte verlassen“, betonte Jungbluth. Die Regierung sollte sich daher für andere Maßnahmen öffnen. „Es liegen von mehreren Verbänden konstruktive Lösungen für einen Reisesicherungsfonds vor“, erläuterte die VZBV-Expertin. „Gemeinsam lassen sich zeitnah, dafür die Voraussetzungen schaffen.“

Angesichts der EU-Vorbehalte rückten Unionspolitiker am Freitag von einer Gutscheinlösung ab. „Wenn das europäische Recht keine Spielräume für eine verpflichtende Gutscheinlösung lässt, brauchen wir andere Regelungen“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak (CDU), dem Handelsblatt. „Ich kann mir insofern einen staatlich abgesicherten Reisesicherungsfonds vorstellen, aus dem die Rückzahlungen zunächst finanziert werden.“

Der CSU-Tourismuspolitiker Paul Lehrieder sprach von einem „Schutzschirm für die Reisebranche“, der gespannt werden solle. „Wir überlegen deshalb, einen Reise-Rettungsfonds aufzulegen, der Reiseunternehmer vor einer Insolvenz schützt und zugleich Verbrauchern die Rückerstattung für ihre stornierten Reisen sichert.“

Lehrieder bezifferte das Volumen des Fonds für Reisen, die bis zum Ende des Sommers gebucht sind, auf etwa zehn Milliarden Euro. „Die Summe würde der Staat in vollem Umfang übernehmen“, sagte er.

Milliarden-Umsatzeinbußen für die Reisewirtschaft

Laut Luczak soll die Summe aber nicht dem Steuerzahler aufgebürdet werden. „Deswegen muss die Reisebranche diesen Fonds nach und nach wieder auffüllen, damit das Geld zurückfließen kann an den Bundeshaushalt.“ Von jeder neu gebuchten Pauschalreise könne etwa ein Prozent verpflichtend in diesen Fonds von den Reiseveranstaltern eingezahlt werden.

Der Deutsche Reiseverband (DRV) wollte sich nicht zu den Plänen der Unions-Politiker äußern, betonte aber, wegen des Widerstands in Brüssel müsse nun die Bundesregierung umgehend eine nationale Regelung beschließen.

„Nach Auffassung des DRV ist dies rechtssicher möglich, ohne gegen EU-Recht zu verstoßen“, erklärte der Lobbyverband der Reisebüros und Reiseveranstalter. DRV-Präsident Norbert Fiebig forderte „unbürokratisch zu beantragende, direkte und nicht rückzahlbare Zuschüsse an Reisebüros und Reiseveranstalter“.

Die Reisewirtschaft in Deutschland muss dem DRV zufolge allein von Mitte März bis Ende April Umsatzeinbußen in Höhe von 4,8 Milliarden Euro verkraften. 3,5 Milliarden Euro flössen aktuell kurzfristig für Kundenrückzahlungen aus den Unternehmen ab. „Das führt zu einer nicht mehr zu verkraftenden ökonomischen Schieflage“, warnte Fiebig. „Wenn Reiseveranstalter in großer Zahl in die Insolvenz rutschen, werden die Urlauber viel Geld verlieren.“