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Lambrecht nimmt gesetzliche Babypause für Top-Manager in den Blick

Top-Managern in Aktiengesellschaften ist der Weg zu einer Art Eltern- oder Pflegezeit bisher verwehrt – es sei denn, sie geben ihr Mandat auf. Die Große Koalition will das nun ändern.

„Wir haben das Thema auf dem Schirm“, sagt die Justizministerin zur Elternzeit für Topmanager. Foto: dpa
„Wir haben das Thema auf dem Schirm“, sagt die Justizministerin zur Elternzeit für Topmanager. Foto: dpa

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) erwägt Änderungen am Aktienrecht, um Familienauszeiten für Vorstände börsennotierter Unternehmen zu ermöglichen. Einen entsprechenden Vorstoß hatte die Initiative „Stayonboard“ gemacht, weil aktuell Mutterschutz, Elternzeit, länger dauernde Krankheiten oder auch die Pflege von Angehörigen Vorstände zwingt, ihr Mandat aufzugeben. Das Problem betrifft damit nicht nur Frauen.

„Es ist nicht gut, dass Karrieren darunter leiden, wenn Frauen in Mutterschutz oder Väter in Elternzeit gehen“, sagte Lambrecht dem Handelsblatt. „Wir haben das Thema auf dem Schirm.“ Die Ministerin will jedoch zunächst „dafür sorgen, dass Frauen überhaupt in die Vorstände kommen“, sagte sie weiter. Deswegen sei es so wichtig, dass die Regelungen für mehr Frauen in Führungspositionen von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) und ihr jetzt „rasch umgesetzt“ werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt aber derzeit auf Eis, weil es Widerstand in der Union gibt.

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Vor Lambrecht hatte sich schon die Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) dafür starkgemacht, Spitzenmanagern in Aktiengesellschaften den Weg zu einer Art Eltern- oder Pflegezeit zu öffnen. „Es ist wichtig, dass wir auch auf Vorstandsebene ermöglichen, eine Auszeit nach der Geburt eines Kindes oder zur Pflege Angehöriger zu nehmen“, sagte Bär.

Eine Sprecherin Bärs betonte zugleich, es gehe dabei nicht darum, dass Vorstände Elterngeld bekommen sollen, sondern darum, „das Mandat ruhen lassen zu können, ohne aus dem Vorstand ausscheiden zu müssen und ohne dass man in der Zeit Haftungsrisiken trägt“.

Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften kommen derzeit nicht in den Genuss der Regelungen für Eltern- oder Pflegezeit, weil sie rein rechtlich nicht als Arbeitnehmer gelten. Das stellt sie im Fall, dass sie eine Babypause machen wollen, vor ein Dilemma: Zwar können sie mit Zustimmung des Aufsichtsrats pausieren, doch sind sie dann weiter haftbar. Wollen sie dies verhindern, müssten sie das Mandat ganz abgeben.

GroKo will Gesetzesänderung

Die Initiative „Stayonboard“ um die Mitgründerin Verena Pausder will deshalb mit sechs Mitstreitern noch in dieser Legislaturperiode eine Änderung der Rechtslage erwirken. Unterstützt wird die Investorin und Aufsichtsrätin der Comdirect Bank von einflussreichen Wirtschaftsgrößen wie Ex-Daimler-CEO Dieter Zetsche, dem Präsidenten des Startup-Verbands, Christian Miele, und der Multiaufsichtsrätin Ann-Kristin Achleitner.

Konkret schlägt „Stayonboard“ die Einführung eines „Mandat-Ruhezustands“ vor. Vorstände sollen demnach die Möglichkeit bekommen, ihr Mandat und die damit verbundenen Rechte und Pflichten für bis zu sechs Monate ruhen zu lassen, ohne dass in dieser Zeit eine Haftung besteht. Danach soll das Mandat „automatisch wiederaufleben“.

Anlass für die Initiative war der Fall von Delia Lachance, Kreativchefin des E-Commerce-Anbieters Westwing. Sie musste ihr Amt als Vorstandsmitglied des Unternehmens für eine Babypause niederlegen.

Auch aus den Koalitionsfraktionen und der Opposition im Bundestag kommt Unterstützung für das Anliegen der Initiative. „Wir wollen für alle Bürgerinnen und Bürger die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen, und das muss auch ohne Haftungsrisiken für Vorstände möglich sein“, sagt der SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner. „Gerade für Frauen darf ein Kind kein Karriereknick sein.“ Deshalb unterstütze er die Idee, dass Vorstandsmitglieder ihr Amt ohne Nachteile für einen begrenzten Zeitraum ruhen lassen können.

Dafür plädiert auch der rechtspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak (CDU). „Denn die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen sind antiquiert, familienfeindlich und verhindern, dass es mehr Frauen in den Führungsetagen von Unternehmen gibt“, sagte Luczak.

Auch die Grünen sehen Handlungsbedarf. „Es ist überfällig, dass auch in Führungspositionen mehr Flexibilität in Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht wird“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Katja Keul. „Der Weg über das Aktienrecht scheint mir dabei durchaus praktikabel.“ Es gebe keinen rechtlichen Hinderungsgrund, warum sich jemand in einer Vorstandsposition nicht für einen begrenzten Zeitraum vertreten lassen sollte.

„Wir brauchen sichtbare Vorbilder für die Vereinbarkeit von Karriere und Familie“, forderte Staatsministerin Bär. „Nur dann werden wir es schaffen, dass auch endlich mehr Frauen mit Kinderwunsch eine ambitionierte Karriere wagen.“ Wer Verantwortung im privaten Bereich übernehme, dürfe nicht im Berufsleben dafür bestraft werden.