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Warum Kunden bei Vergleichsportalen kritisch sein sollten

Das Bundeskartellamt kritisiert die Praktiken der von Vergleichsportalen im Internet: Diese würden nicht immer im Interesse der Verbraucher handeln.

Nutzer sollten bei Vergleichsportalen Rankings kritisch hinterfragen. Foto: dpa
Nutzer sollten bei Vergleichsportalen Rankings kritisch hinterfragen. Foto: dpa

Wer eine Versicherung abschließen oder sich einfach nur informieren will, surft häufig im Internet auf den Seiten von Vergleichsportalen. Mehr als 70 Prozent der Deutschen nutzen inzwischen Vergleichsportale, hat eine Studie des Instituts WIK Consult ergeben. Die Portale sind damit eine ernsthafte Konkurrenz für Finanz- und Versicherungsvermittler.

Doch informieren die Vergleichsportale wirklich so neutral, interessenfrei und umfassend, wie sie es vorgeben? Im Jahr 2017 hat das Bundeskartellamt eine Untersuchung dieser Portale eingeleitet, das Ergebnis liegt seit Mitte 2019 vor. Das Amt hat Kritik von Verbraucherschützern, Kunden und Wettbewerbern zum Anlass genommen, die die Transparenz der Portale anzweifelten.

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So erhebt beispielsweise der Bundesverband der Versicherungskaufleute (BVK) den Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs, der mangelnden Verbraucherberatung und der Verletzung des gesetzlichen Provisionsabgabeverbots. Werden Anbieter, die Provisionen zahlen, bei den Portal-Rankings bevorteilt? In seinem Abschlussbericht moniert das Bundeskartellamt, dass die Portale Produkte hervorheben, für die sie Zahlungen erhalten (siehe „Vergleichsportale in der Kritik“).

Das Amt hat für den Bereich Versicherungen 17 Anbieter untersucht, Check 24 ist der mit Abstand größte. „Vergleichsportale erzielen ihre Gewinne im Bereich Versicherungen zu 90 Prozent aus Provisionszahlungen, dies wiederum ist vielen Nutzerinnen und Nutzern nicht bekannt“, sagt Sally Peters, kommissarische Geschäftsführerin des Hamburger Instituts für Finanzdienstleistungen (iff ).

Und auch Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW, hebt hervor: „Wenn für ein Portal durch Provisionen ein Eigeninteresse am Verkauf eines bestimmten Produkts besteht, ist das Portal nicht mehr neutral, und das muss der Verbraucher wissen.“

Ein weiteres Problem besteht in der oft geringen Marktabdeckung bei Vergleichen. Diese sei vor allem bei Versicherungen gering. Als Gründe nennen die Studienautoren neben dem Verzicht einiger Anbieter auf den Vertriebsweg Vergleichsportal den Ausschluss solcher Versicherungen, die keine Provision zahlen: „Da die Verbraucher teilweise keine Information darüber erhalten, welche Anbieter auf einem Vergleichsportal nicht dargestellt werden, besteht hier ebenfalls das Risiko einer vorschnellen und damit gegebenenfalls suboptimalen Entscheidung.“

Prominentestes Beispiel für einen Versicherer, der den Vertriebsweg Vergleichsportale nicht nutzt, ist die HUK-Coburg. Oft werden auch die Produkte von Allianz, HDI, R+V Allgemeine Versicherung und Generali nicht dargestellt.

Vergleichsportale in der Kritik

Das Bundeskartellamt hat Vergleichsportale eingehend untersucht und seinen Abschlussbericht vorgelegt. Dabei nennt die Behörde vier zentrale Probleme.

Kooperationen/Verflechtungen:
Mehr ist weniger – hinter der teilweise großen Zahl von scheinbar eigenständigen Vergleichsportalen stehen häufig nur wenige Datensätze oder eigene Vergleichsrechner. Darauf weisen die entsprechenden Portale die Verbraucher in der Regel nur begrenzt oder gar nicht hin.

Marktabdeckung:
Damit ein Vergleich für die Verbraucher sinnvoll ist, sollten Analysen eine entsprechend große Anzahl von Angeboten oder Anbietern einbeziehen. In den Bereichen Energie, Telekommunikation und Flüge ist die Marktabdeckung hoch. Doch bei Krediten und Versicherungen ist nur ist meist nur ein kleiner Teil der Anbieter vertreten.

Position 0:
So bezeichnet das Bundeskartellamt die Ergebnisse, die vor dem eigentlichen Ranking positioniert sind und teilweise zusätzlich markiert werden, etwa als „Best Seller“ oder „Hohe Empfehlungsquote“. Das Platzieren auf Position 0 erfolgt oft nicht nur anhand von Qualitätskriterien – etwa Kundenzufriedenheit – oder Preisvorteilen, sondern beruht oft auf zusätzlichen Zahlungen der jeweiligen Anbieter.

Ranking:
Eine Hauptaufgabe von Vergleichsportalen ist das Sortieren von Angeboten. Das Ranking wird durch Einmalzahlungen für die Bestellung einer Leistung – etwa Wechselprämien, Boni, Rabatte und Cashbacks der Anbieter – oder der Portale selbst beeinflusst. Die Vergleichsportale berechneten diese regelmäßig in den Effektivpreis mit ein, daher haben die Einmalzahlungen teilweise erheblichen Einfluss auf die Platzierung. Zudem wirken sich Provisionszahlungen der Anbieter stark auf die Reihenfolge der Angebote aus. Bei Einmalzahlungen sieht das Bundeskartellamt keinen unmittelbaren Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht. Doch die Zahlung von Provisionen sieht das Amt als bedenklich an, da der Verbraucher die Beeinflussung des Rankings durch Provisionszahlungen nicht erwartet.

Dabei haben diese Versicherer eine große Relevanz: Die Marktanteile der Versicherer, deren Produkte auf den Portalen nicht vertreten sind, belaufen sich – gemessen an den Bruttobeiträgen der Versicherer – auf 43 Prozent bei Kfz-, 38 Prozent bei Hausrat- und 36 Prozent bei Haftpflichtversicherungen. Inzwischen kooperiert die Allianz allerdings bei Kfz-Policen mit Verivox.

Darüber hinaus hält das Bundeskartellamt auch Kooperationen für problematisch. Will ein Verbraucher sich gut informieren, so besucht er mehrere Portale. Sieht er nun, dass bestimmte Tarife bei verschiedenen Portalen gut gelistet sind, könnte er vermuten, dass Portale diese Produkte unabhängig voneinander gut bewerten. Doch das muss nicht sein. Vielmehr greifen die Portale oft auf denselben Vergleichsrechner zurück.

Das Bundeskartellamt hat zwar einen umfassenden Überblick vorgelegt und Mängel aufgezeigt. Konsequenzen hat das aber nicht. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, würde das gerne ändern: „Mit punktuell erweiterten Kompetenzen könnte das Bundeskartellamt das bereits geltende allgemeine Verbraucherrecht in konkreten Einzelfällen zügig und zielgerichtet durchsetzen.“

Auch das iff würde mehr Kompetenzen begrüßen, damit das Bundeskartellamt auf Verstöße zügig reagieren kann, ebenso der BVK. Dieser hat vor allem Check 24 im Visier und klagt gegen das Portal zur Einhaltung des gesetzlichen Provisionsabgabeverbots, wie BVK-Präsident Michael H. Heinz erklärt: „Schließlich hat sich der BVK erfolgreich für den Erhalt und die Stärkung des Provisionsabgabeverbots eingesetzt, weil es Verbraucher davor bewahrt, wegen kurzfristiger Geldzuwendungen einen für sie unangemessenen Versicherungsschutz abzuschließen, und vermeidet, die Vermittler in einen ruinösen Wettbewerb um die größtmögliche Provisionsabgabe zu treiben.“ Der Ausgang ist offen.

Die Gesamtausgabe der Handelsblatt Finanzberater Edition finden Sie hier.