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Kritik am Corona-Hilfspaket: Schutzmaßnahmen für private Kleinvermieter fehlen

Der Schutz von Kleinvermietern kommt in der Krise zu kurz, warnen Experten. Scharf kritisiert wird Adidas: Der Konzern will Mietzahlungen aussetzen.

Mietwohnungen: Auch Vermieter müssen geschützt werden, fordern Verbände. Foto: dpa
Mietwohnungen: Auch Vermieter müssen geschützt werden, fordern Verbände. Foto: dpa

Der Bundesrat hat am Freitag zahlreiche Änderungen im Mietrecht gebilligt, die der Bundestag am Mittwoch beschlossen hatte. So werden Mieter und Kleinstunternehmen, die wegen der Ausbreitung des Coronavirus ihre Miete nicht mehr zahlen können, vor Kündigungen geschützt: durch zeitlich begrenzte Einschränkungen der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen, Regelungen zur Stundung und Vertragsanpassung im Verbraucherdarlehensrecht. Leistungen der Grundversorgung wie Strom, Gas oder Telekommunikation sollen möglichst weiterlaufen.

Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie der Eigentümerverband Haus & Grund halten das Hilfspaket indes für einseitig. Der Kleinvermieterschutz, so der Tenor, kommt zu kurz. Private Kleinvermieter dürften nicht zu den großen Verlierern der Hilfsmaßnahmen in der Coronakrise gehören.

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„Die Kündigungsschutzmaßnahmen für Mieter sind wichtig und richtig“, sagte Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD, am Freitag nach der Verabschiedung des umfangreichen Corona-Hilfspakets in der Länderkammer. „Gleichwohl darf die Rettung der Mieter nicht bei den Vermietern abgeladen werden.“

Schick sieht durch die jetzt beschlossenen Rettungsmaßnahmen viele Kleinvermieter existentiell gefährdet. „Wenn Millionen von Mietern durch die Coronakrise nur noch begrenzt mietzahlungsfähig sind, Mietausfälle gestundet und in zwei Jahren zurückgezahlt werden können, kann das viele Kleinvermieter in akute Existenznot bringen. Vor allem auch dann, wenn je nach aktueller Lage die Kündigungsbeschränkungen noch ausgedehnt werden könnten.“

Denn das, darauf weist Schick hin, ist laut Gesetz lediglich durch eine Verordnungsermächtigung bis zum 30. September 2020 ohne Zustimmung des Bundesrates möglich. Eine Verlängerung würde die existentielle Gefahr für die Vermieter weiter erhöhen. Denn neben den Einbußen bei den Mietennahmen laufen die Betriebsausgaben, dringende Reparaturen oder auch Kreditzahlungen weiter.

Haus & Grund fordert Rettungsschirm für private Vermieter

Auch der Eigentümerverband Haus & Grund warnte vor einer einseitigen Sichtweise. „Von den 3,9 Millionen privaten Kleinvermietern sind knapp 40 Prozent Rentner. Die sind auf die Mieten angewiesen, um leben zu können“, betonte Verbandspräsident Kai Warnecke.

Ein Mietenmoratorium ohne Absicherung durch einen Fonds sei „sozialpolitisches Harakiri“. Er wies darauf hin, dass viele vermietende Rentner keine Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenkasse hätten, weil sie freiberuflich tätig gewesen seien. Ähnlich ergehe es aktiven Handwerkern, Selbständigen und Gastronomen, denen in der Coronakrise die berufliche Existenz wegbreche und die auf die Mieteinnahmen aus ihren ein bis zwei Mietwohnungen nun noch dringender angewiesen seien.

Nach Angaben von Haus & Grund werden 66 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland von insgesamt 3,9 Millionen privaten Kleinvermietern angeboten. Sie stammen aus allen sozialen Schichten. 39 Prozent sind Rentnerhaushalte, die dringend auf Mieteinnahmen angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.

14 Prozent der privaten Vermieter sind Freiberufler, die jetzt möglicherweise durch die Coronakrise in Schwierigkeiten geraten. 22 Prozent der privaten Vermieter haben ein durchschnittliches Nettohaushaltseinkommen, das unterhalb des Medians der Bevölkerung liegt.

Forderungen nach einem staatlichen Wohnfonds

Erneut wurden am Freitag Forderungen nach einem staatlichen Wohnfonds laut, der die kleinen Privatvermieter absichert. Mieter mit herben Einkommensverlusten könnten auf den Sonderfonds zugreifen, über den dann der Privatvermieter die dringend benötigten Gelder erhält, erklärte IVD-Präsident Schick. Das wäre ein Weg, den die Bundesregierung in Erwägung ziehen sollte. „Keiner darf seine Wohnung verlieren – weder Mieter noch Vermieter.“

Auch Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, fordert einen Sozialfonds. „Als alleinige Lösung bedeutet ein Moratorium für die Mieter einen wachsenden Schuldenberg, den sie möglicherweise auch später nicht bedienen können, weil ihnen ihre Einnahmen weggebrochen sind“, sagte er vor wenigen Tagen dem Handelsblatt. „Und den Vermietern fehlt Liquidität.“

Zusammen mit dem Deutschen Mieterbund hatte der GdW bereits vergangene Woche einen sogenannten „Sicher-Wohnen-Fonds“ vorgeschlagen, um beiden Seiten – Mietern und Vermietern – gerecht zu werden.

Eine weitere Schwachstelle in dem Hilfspaket sieht IVD-Präsident Schick bei der gesetzlichen Stundung von Darlehensforderungen. Eine Neuregelung sieht vor, dass Darlehensforderungen, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig werden, kraft Gesetz für drei Monate gestundet werden können. Die Regelung gilt sowohl für Zinsen als auch für Tilgungsleistungen.

Diese Regelung zu den Darlehensverträgen gilt zwar auch für Vermieter, aber nur solange sie nicht als Unternehmer, sondern als Verbraucher tätig werden. Das ist der Fall, wenn die Vermietung vom Umfang her nicht als gewerbliche Tätigkeit, sondern als private Vermögensverwaltung einzuordnen ist. Hier sieht der IVD Nachbesserungsbedarf, damit auch kleinere Unternehmen geschützt werden. So sollte die Regelung zum Beispiel auch auf juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften ausgeweitet werden.

Kritik am Vorgehen von Adidas

Auf Kritik stieß das Vorgehen des Sportartikelkonzerns Adidas. Der Konzern hatte angekündigt, dass er die Mietzahlungen für alle seine Ladengeschäfte für drei Monate aussetzt. „Derartiges Gebaren darf keine Schule machen. Dann ist der Immobilienmarkt am Ende. Ich rate jedem Mieter und jedem Vermieter dringend, miteinander das Gespräch zu suchen und einvernehmliche Lösungen zu suchen. Jedes Mietverhältnis muss individuell betrachtet werden“, sagte Haus & Grund-Präsident Warnecke.

Auch der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jan-Marco Luczak wandte sich gegen die Entscheidung. „Unsere Intention mit diesem Gesetz war nicht, dass finanzstarke Konzerne aufgrund dieses Gesetzes keine Miete mehr zahlen und sich nicht mehr an geschlossene Verträge halten“, sagte der CDU-Politiker. Viele Vermieter, die in der Regel wesentlich finanzschwächer als Adidas sind, würden durch dieses Vorgehen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht. „Solch unsolidarisches Verhalten dürfen wir nicht hinnehmen.“

Im Gesetzgebungsverfahren habe die Union mit Blick auf solche Befürchtungen darauf gedrungen, zusätzliche Sicherungsmechanismen im Gesetz zu verankern, um eine missbräuchliche Aussetzung von Mietzahlungen zu verhindern, sagte Luczak.

Leider sei das mit dem Justizministerium und dem Koalitionspartner nicht möglich gewesen. Der Fall Adidas zeige nun, „dass wir gegensteuern und missbräuchliches Verhalten ausdrücklich im Gesetz ausschließen müssen. Wir müssen klarstellen, dass ein Kündigungsausschluss nur dann greift, wenn einem Mieter die Zahlung der Miete nicht zumutbar ist, weil ansonsten sein angemessener Lebensunterhalt bzw. die wirtschaftliche Grundlage seines Erwerbsbetriebes gefährdet wäre.“