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Krisenmanager: "Fynn Kliemann hat die falsche Strategie gewählt"

Der Unternehmer Fynn Kliemann steckt in einer existenziellen Krise - sein Management ist verbesserungsfähig, sagt ein Experte.
Der Unternehmer Fynn Kliemann steckt in einer existenziellen Krise - sein Management ist verbesserungsfähig, sagt ein Experte.

Marcus Ewald ist Krisenmanager und hat gemeinsam mit seinem Partner Torsten Rössing eine Beratungsagentur in Leipzig gegründet, die sich auf den Umgang kleinerer und mittlerer Unternehmen mit wie auch immer gearteten Krisen spezialisiert hat. Kurz gesagt: Findet sich ein Unternehmer im Auge eines Shitstorms oder in einer existenzbedrohenden Krise wieder, berät er diesen, wie sie bewältigt werden kann. Mit uns hat er sich den Fall Fynn Kliemann genauer angeschaut. Der hat es seit dem Fernsehbeitrag, in dem ihm vorgeworfen wurde, er habe bei der Produktion von Masken betrogen und unbrauchbare Masken in den Umlauf gebracht, mit einer gewaltigen Krise zu tun, die seine Existenz als Unternehmer bedroht.

Marcus, nach Betrugsvorwürfen von TV-Satiriker Jan Böhmermann steht der Influencer Fynn Kliemann massiv in der Kritik – auch wegen seiner Kommunikation. Was hat er falsch gemacht?

Was man von außen definitiv sagen kann, ist, dass er eine falsche Strategie gewählt hat. Er hat sich im Nachgang halb als Opfer Böhmermanns, halb als Opfer eines Unfalls dargestellt. Und das, obwohl er wahrscheinlich eine Mitverantwortung trägt.

Was ist falsch an der Opfer-Strategie?

Technisch gesehen hat er ja ein Unternehmen gebaut, das auf einem gewissen Markenimage fußt und das wiederum ist geprägt von Fairness, Ehrlichkeit und Authentizität. Diesen Markenkern hat er verletzt durch wie auch immer geartetes Handeln. Das erleben wir übrigens bei Startups sehr häufig.

Krisenmanager Marcus Ewald
Krisenmanager Marcus Ewald

Inwiefern?

Wenn man sich Ethik so groß auf die Fahne schreibt, hat man immer ein Problem: Ethik skaliert nicht so einfach. Es ist schon sehr anstrengend, auch im großen Maßstab so ethisch sein, wie man im Kleinen ist. Und manche Geschäftsmodelle funktionieren auch nur klein. Wenn man dennoch versucht, das zu skalieren, dann gerät man in ein Ikarus-Problem: Man versucht zu hoch zu fliegen. Das ist Fynn Kliemann offensichtlich passiert: Die Nachfrage nach diesen Masken war so groß, dass eben nicht faire Wege gefunden wurden, die Nachfrage zu befriedigen. Da hat die Ethik nicht mitskaliert.

Welche Strategie wäre richtig gewesen?

Die richtige strategische Lösung wäre gewesen zu sagen: Das war wirklich Mist, ich habe nicht aufgepasst, ich habe die Verantwortung und übernehme sie auch. Wir überprüfen jetzt auch alle anderen Sachen, die wir gemacht haben. Und: Das machen wir nicht noch mal!

Diese Chance hat er durchaus gehabt.

Absolut. Er hätte seine eigenen Fehler schlicht einsehen und sagen können: Wir brechen mit Global Tactics (Textilfirma, die die Masken produziert hat, Anm. d. Red.) den Kontakt ab und ich löse auch meine Beteiligung daran auf. Dass Kliemann diesen Weg nicht gewählt hat, zeigt ein bisschen, dass er das Problem, in dem er steckt, nicht richtig verstanden und analysiert hat. Dass er tatsächlich in einer Situation ist, wo die Vermutung, dass er ethisch wertvoll handelt, beschädigt ist. Damit hat er, glaube ich, nicht gerechnet.

Hat er denn jetzt noch eine Chance sein Krisenmanagement zu verbessern?

Man hat immer eine Chance. Es gibt zu jedem Zeitpunkt der Krise die Möglichkeit, sich hinzusetzen, die richtige Strategie auszuwählen und entsprechend zu handeln. Ich glaube persönlich, dass das ein netter Kerl ist und dass er auch tatsächlich meint, was er sagt. Er fliegt nur eben in einem Orbit, der etwas höher ist, und wo man aufpassen muss, dass das alles mitskaliert.

Was würdest du ihm denn jetzt konkret raten?

Er muss sich jetzt überlegen: Wie kann ich mein Geschäft wieder nachhaltig aufbauen? Was nehmen mir meine Stakeholder noch ab? Wie bekomme ich meine Kunden, meine Fans zurück? Wie glauben die mir, dass ich in Zukunft ethisch korrekt handle? Das wird nicht trivial. Aber ich bin mir sicher, dass es Botschaften und Handlungen gibt, die die Leute davon überzeugen können. Je tiefer man drin ist in der Krise, desto dramatischer müssen solche Handlungen sein.