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„Krisen befeuern die Suche nach dem Sinn“ – Beiersdorf will Image der Kernmarke Nivea schärfen

Mit Purpose-Kampagnen wie der von Beiersdorf wollen Unternehmen auch eine gesellschaftliche Daseinsberechtigung schaffen – neben dem Geschäft. Doch auch das soll so robuster werden.

Seit 2019 führt der Belgier Stefan De Loecker den Hamburger Konsumgüterkonzern. Foto: dpa
Seit 2019 führt der Belgier Stefan De Loecker den Hamburger Konsumgüterkonzern. Foto: dpa

Der Konsumgüterhersteller Beiersdorf startet die erste große Haltungskampagne, neudeutsch Purpose, in seiner 138 Jahre alten Firmengeschichte. Die Initiative namens #CareForHumanTouch soll laut Unternehmensangaben die Einsamkeit vieler Menschen lindern – und letztlich wohl auch den Umsatz des Dax-Konzerns über Imagepflege steigern.

Konkret will die Beiersdorf-Marke Nivea, die 2019 etwa 80 Prozent des Jahresumsatzes von 7,7 Milliarden Euro beisteuerte, mit einem Betrag von 20 Millionen Euro gemeinnützige Projekte unterstützen.

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„Das Wort Purpose klingt vielleicht neu, aber der Gedanke dahinter ist für unser Unternehmen definitiv nicht neu“, sagt Beiersdorf-CEO Stefan De Loecker im Gespräch mit dem Handelsblatt. Schon immer sei es bei Nivea darum gegangen, den tieferen Sinn von Hautpflege, der menschlichen Kontakt beinhaltet, zu erfassen.

Mit der Kampagne will De Loecker den Zweck und die Daseinsberechtigung der Marke Nivea schärfen. „Damit der Sinn für uns alle, für die Verbraucher ebenso wie für unsere Mitarbeiter, klarer wird“, sagt er.

Die Coronakrise hat die Purpose-Kampagne zunächst gebremst, denn Beiersdorf kämpfte mit einem deutlichen Umsatzrückgang. In den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 2020 waren die Umsätze um knapp elf Prozent eingebrochen. Die jüngsten Quartalszahlen, die Ende Oktober veröffentlicht wurden, zeigten nur eine leichte Erholung.

Die Aussichten waren nicht rosig: Die Umsatzrendite würde 2020 „signifikant unter dem Vorjahreswert“ liegen, kündigte De Loecker im Oktober an. Beiersdorf stellt in drei Wochen seine Bilanz vor. Die erneuten Lockdowns dürften das vierte Quartal der Konsumgüterhersteller belastet haben, schreibt Analyst Iain Simpson von der Investmentbank Barclays in einer aktuellen Branchenstudie. Das dürfte vor allem im konsumgeprägten Dezember der Fall gewesen sein.

75 Prozent der Deutschen erwarten eine klare Haltung

Mit der Suche nach einem Sinn wollen Unternehmen letztendlich ihr Geschäft robuster aufstellen und das Wachstum vorantreiben. Franz-Rudolf Esch, Gründer der Unternehmensberatung „Esch. The Brand Consultants“, sieht in Krisen sogar einen Verstärker für die Sinnsuche in der Wirtschaft.

„Krisen befeuern die Suche nach dem Sinn. Vertrauen gewinnt an Bedeutung“, sagt er. „Man möchte wissen, wofür Unternehmen stehen. Deshalb steht der Purpose, also der Zweck des Unternehmens, auch viel stärker im Fokus. Er stiftet Mitarbeitern Sinn bei ihrer Arbeit und zeigt anderen Anspruchsgruppen die Haltung des Unternehmens.“

Beiersdorf hat sich dem Thema Einsamkeit verschrieben. Die Kampagne umfasst unter anderem Berührungstherapien für Frühgeborene sowie Programme für Alzheimerpatienten und für Sehbehinderte. Bis 2025 will Nivea weltweit lokale Projekte unterstützen, die mit Berührung einhergehen.

„Wenn die Pandemie vorüber ist, werden die Folgen des Berührungsdefizits nicht verschwinden“, sagt Ralph Zimmerer, Vice President Global Nivea Brand Identity & Brand Capability. Dass der Nivea-Manager Zimmerer als Repräsentant der blauen Marke am Donnerstag auftritt, ist insofern bemerkenswert, als Asim Naseer im Beiersdorf-Vorstand das Ressort vertritt. Medienberichten zufolge soll Naseer, der 2019 von Procter & Gamble gekommen war, allerdings auf dem Absprung sein.

CEO De Loecker, der seit acht Jahren bei Beiersdorf arbeitet, davon seit zwei Jahren als CEO, verfolgt eine umfassende Strategieänderung. Das Programm „Care+“ soll den gesamten Unternehmensbereich Consumer neu ausrichten. Digitalisierung, Innovation und Internationalisierung sind die Richtungen, die der Belgier ansteuert.

Mit der Purpose-Kampagne bedient Beiersdorf einen starken Trend: Immer mehr Unternehmen verschreiben sich einer gesellschaftlichen Verantwortung und formulieren entsprechende Werte für ihr Unternehmen. „Der Purpose ist die idealistische Motivation, warum es ein Unternehmen gibt und was dieses treibt“, meint Markenexperte Esch. Der Purpose-Gedanke gehe über einen bloßen Marketingtrend weit hinaus.

Laut einer Studie der französischen Werbeagentur Havas erwarten 75 Prozent der Deutschen von den Marken eine klare Haltung. Unternehmensberater Esch, der viele Jahre als Marketingprofessor an Universitäten gelehrt hat, kennt einige gute Beispiele: deutsche Firmen wie Werner & Mertz mit Frosch, Alnatura, dm, Frosta oder Bosch, aber auch internationale Unternehmen wie Patagonia, Google, Lego oder Starbucks. „Hier wird der Purpose durchgängig gelebt und nicht nur nett kommuniziert“, sagt Esch.

Er sieht das Purpose-Thema aber auch kritisch. „Ich gewinne den Eindruck, dass manche Unternehmen heute auf den Purpose-Zug aufspringen und Potemkinsche Dörfer durch Marketingkampagnen bauen: Die Fassade sieht schön aus, aber dahinter ist wenig Substanz.“