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Wie sich die Krise auf die Gehälter der Dax-Chefs auswirkt

In Zeiten der Pandemie laufen die Geschäfte schlecht. Eine Umfrage des Handelsblatts zeigt: Viele Top-Manager werden deshalb dieses Jahr weniger verdienen.

Für Lufthansa-Chef Carsten Spohr sind es bittere Monate. Sein Unternehmen spürte als eines der ersten die Coronakrise – und wird auch bis zuletzt unter ihr leiden. Der Staat greift ein, hält die Hansa, deren Flugzeuge fast alle auf dem Boden stehen, mit Milliardenkrediten am Leben. Und Mitte Juni fliegt die Airline noch aus dem Dax.

Auch Spohrs Gehaltszettel wird deutlich kürzer. Als einer der Ersten im Dax verkündete der oberste Lufthanseat Ende März, freiwillig auf ein Fünftel seines Grundgehalts zu verzichten. Seitdem der Staat eingestiegen ist, entfallen auch Boni und andere variable Vergütungen.

Das war Bedingung für die Hilfe. 5,5 Millionen Euro verdiente Spohr vergangenes Jahr – und damit so viel wie die 30 Dax-Chefs im Median. Der Median gibt das Gehalt an, das die Hälfte der Dax-Chefs mindestens verdient. 2020 wird Spohr davon nur einen Bruchteil sehen.

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Spohr ist nicht der einzige Topmanager mit Gehaltseinbußen. Ein Drittel der Dax-Chefs verzichtet auf Teile seiner Grundbezüge oder spendet Teile der Boni, zeigt eine Handelsblatt-Umfrage unter Deutschlands größten Konzernen. Denn: Millionenboni und Massenentlassung – das passt nicht zusammen.

Die Öffentlichkeit erwartet auch von Managern Verzicht. Für Helmuth Uder, Vergütungsexperte bei der Beratung Korn Ferry, wird die Pandemie die Höhe der Vorstandsgehälter langfristig beeinflussen: „Es könnte Jahre dauern, bis die Vorstandsgehälter wieder das Vorkrisenniveau erreichen – auch weil Aufsichtsräte nun verstärkt darauf schauen werden, ob die Vergütungen der CEOs in Zeiten von Kurzarbeit und Entlassungen wirklich angemessen sind.“

Die Pandemie wird damit auch zur Bewährungsprobe für das Bezahlsystem der Vorstandsgehälter. Der Gummersbacher Vergütungsberater Heinz Evers sagt: „Wenn das Vergütungssystem richtig gestaltet wäre, müssten Manager erst gar nicht auf Teile ihres Gehalts verzichten.“ Brechen Umsätze, Gewinne, Aktienkurse und andere Erfolgsziffern ein, müssten das auch die Erfolgsprämien der Topmanager, schließlich sind sie an den Unternehmenserfolg gebunden.

Doch das funktioniert nicht überall. Beispiel Tui: Kaum fiel der Bonus für den Chef des Reisekonzerns für das weniger erfolgreiche Geschäftsjahr 2019 aus, bastelte der Aufsichtsrat ein neues Vergütungssystem. Das Ziel: genau diese Einbußen zu verhindern.

Erst nach der Veröffentlichung der Geschäftsberichte im Frühjahr 2021 wird sich herausstellen, ob die Vergütungssysteme in der Krise gerecht waren – oder ob der freiwillige Verzicht der Manager nur notwendig war, weil die Gehaltsberechnungen nicht funktionieren. Für die Beurteilung ist wichtig zu verstehen, wie sich die Gehälter zusammensetzen. Und welche Verdienstausfälle müssen die 30 Dax-Chefs infolge der Pandemie hinnehmen?

Wie setzt sich das Gehalt der CEOs zusammen?

Die Bezüge der Dax-Vorstände bestehen aus drei Teilen: dem Grundgehalt, der erfolgsabhängigen Vergütung und den Rückstellungen für die Altersvorsorge. Sein Festgehalt bekommt der CEO unabhängig vom Firmenerfolg. Dazu zählen auch „Nebenleistungen“ wie etwa Zahlungen für Dienstwagen und Flüge sowie Zuschüsse zu Versicherungen.

Der erfolgsabhängige Part der Vergütung teilt sich in kurzfristige, einjährige Bonuszahlungen und in langfristige Prämien, die nach drei oder vier Jahren ausgezahlt werden. Die langfristigen Prämien sind überwiegend Aktienpakete, die den CEO an der Kursentwicklung des Unternehmens beteiligen.

Ob und in welcher Höhe der Vorstandschef seine ein- und mehrjährigen Zusatzzahlungen bekommt, hängt vom wirtschaftlichen Erfolg ab. Erreicht das Unternehmen nicht die vom Aufsichtsrat definierten Ziele, fallen die Prämien geringer oder ganz aus. Zu den Zielen zählen auch Größen wie Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit oder die Reduktion von Treibhausgasen.

Das Festgehalt macht hierzulande etwa ein Viertel der CEO-Bezüge aus. Die einjährigen Bonuszahlungen liegen bei 15 Prozent, die Langfristprämien stehen für 45 Prozent, die Altersrückstellungen für 15 Prozent. Die variable Gehaltskomponente der Dax-Chefs ist also um ein Vielfaches größer als ihr Fixgehalt, das gilt vor allem für die mehrjährige Komponente.

Das unterscheidet die Dax-Chefs vom Gros ihrer Angestellten. Die Langfrist-Boni sind in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden, beobachtet Korn-Ferry-Berater Uder. „Das ist für die Topmanager der Anreiz, ihr Unternehmen nachhaltig und langfristig voranzubringen.“ Genau das verlangt auch das Gesetz.

Wer durch die Vergütungsreports der Dax-Konzerne blättert, findet seitenlange Verdienstangaben – von „gewährten Zuwendungen“ bis zur „Direktvergütung“. Die Maßzahl, die am ehesten abbildet, was die Vorstände in einem Geschäftsjahr verdienen, sind die „Zuflüsse“.

Das Vergütungssystem ist in allen Dax-Konzernen ähnlich. Dennoch unterscheiden sich die Jahresbezüge der Topmanager enorm: Covestro-Chef Markus Steilemann bekam vergangenes Jahr 2,2 Millionen Euro überwiesen. Das Salär von Siemens-Chef Joe Kaeser lag bei 14,2, der frühere SAP-Boss Bill McDermott erhielt gar 15,2 Millionen Euro. Was die Dax-CEOs verdienen, legt der Aufsichtsrat fest.

Die Gehälter müssen laut Gesetz „in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds“ stehen. Doch welcher Millionenbetrag ist angemessen? „Das wichtigste Kriterium ist die Größe des Unternehmens“, sagt Vergütungskenner Evers. Auch Branche, Marktstellung und die Internationalisierung spielen eine Rolle.

Die Bezahlmethodik gilt gleichermaßen für die Bereichsvorstände, nur sind deren Bezüge geringer. Sie verdienten 2019 im Median 2,8 Millionen – halb so viel wie der CEO, obwohl sie in juristischer Hinsicht gleichberechtigt sind. „Wenn Unternehmen in einer schwierigen Lage sind, muss der Konzernchef als Erstes seinen Hut nehmen. Dieses Risiko wird mit der höheren Vergütung ausgeglichen“, erklärt Korn-Ferry-Berater Uder.

Wie beeinflusst die Corona-Pandemie die CEO-Gehälter?

Bei den meisten Dax-Konzernen laufen die Geschäfte wegen der Pandemie schlecht. Wenn die Kennzahlen einbrechen, wirkt sich das auf die kurzfristigen Jahresprämien aus. Die meisten Dax-Chefs dürften deshalb nur deutlich verringerte Jahresboni bekommen. Weil die Vergütungssysteme aber zusehends auf Langfristigkeit getrimmt werden, dürften die Mehrjahresprämien, die ja für den Großteil der Bezüge stehen, einigermaßen stabil bleiben. Sie beruhen schließlich auf der wirtschaftlichen

Entwicklung von drei oder vier Jahren. Doch die stabilen Langfristvergütungen könnten in der Krise durchaus für Unverständnis in der Öffentlichkeit sorgen.

Um einer Neiddebatte vorzugreifen, verzichten neun Dax-Chefs laut Handelsblatt-Umfrage auf Teile ihres Grundgehalts, das ihnen eigentlich unabhängig von der wirtschaftlichen Lage zusteht. Und MTU-Chef Reiner Winkler hat eine halbe Million Euro in einen firmeneigenen Solidarfonds gespendet – und zwar aus seinen variablen Bezügen für das Jahr 2019.

„Wer von seinen Mitarbeitern Kurzarbeit und Gehaltsverzicht verlangt, sollte als CEO mit gutem Beispiel vorangehen“, urteilt Berater Uder. Adidas-Firmenchef Kasper Rorsted nimmt diesen Ratschlag besonders ernst. Er verzichtet bis auf Weiteres auf 50 Prozent seines Festgehalts – das sind monatlich über 80.000 Euro. Gestrichen sind auch seine kurz- und langfristigen Boni für 2020. Genau das war eine Auflage für die drei Milliarden Euro schwere Staatshilfe.

Von den Dax-Chefs, die Verzicht angekündigt haben, lassen sich die meisten ein Fünftel ihres Grundgehalts weniger überweisen. So auch Daimler-Chef Ola Källenius, der das für neun Monate zugesagt hat. Wie groß seine Gehaltslücke sein wird, ist unklar, weil der Schwede den Autobauer erst seit Sommer 2019 führt. Sein Vorgänger Dieter Zetsche bekam 2018 mehr als zwei Millionen Euro Grundgehalt.

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing verzichtet einen Monat lang auf sein Grundsalär. Das dürften etwa 290.000 Euro ein. Anteilsmäßig weitaus weniger verzichtsfreudig zeigt sich der Continental-Chef. Elmar Degenhart lässt sich für vier Monate zehn Prozent seines Grundgehalts weniger überweisen. Monatliche Gehaltslücke: ungefähr 12.000 Euro. Für Vergütungsberater Evers ist das kein wirklicher Verzicht. „Angesichts der Höhe der Grundgehälter wirken zehn Prozent ein wenig albern. Glaubwürdig und für das Unternehmen sinnvoll ist es erst, wenn CEOs auf ein Drittel oder gar die Hälfte verzichten.“

13 der 30 Dax-Chefs wollen keine Einbußen ihres Grundgehalts hinnehmen, zeigt die Handelsblatt-Analyse. Acht Unternehmen davon schieben bei ihrer Antwort direkt hinterher, dass ihr Geschäft von der Krise nicht so stark betroffen sei. Die Telekom zum Beispiel. „Es besteht gegenwärtig kein Anlass für einen Gehaltsverzicht des Managements“, heißt es aus der Bonner Konzernzentrale. Auf keinen Fall soll der Eindruck entstehen, dass sich die Manager trotz Krise bereichern wollen.

Volkswagen, die Munich Re und die Allianz verweisen auf die zu erwartenden Einbußen bei den variablen Gehaltsbestandteilen. Anders ausgedrückt: Auf ihr Grundsalär wollen die Konzernchefs Diess, Wennig und Bäthe nicht verzichten. Siemens-Chef Kaeser distanziert sich gar von der Idee. Davon würden nur der Firmengewinn und damit die Aktionäre profitieren, sagte er in einem Interview. Siemens hat einen Corona-Hilfsfonds eingerichtet, um Betroffene der Pandemie zu unterstützen. Dort hinein hat Kaeser eine Million Euro aus seinem Privatvermögen gegeben.

Gleich in mehrfacher Hinsicht ist Linde-Chef Steve Angel ein Sonderfall: Sein Salär ist zu 90 Prozent von variablen Prämien abhängig – so hoch ist der Anteil bei keinem anderen Dax-Chef. Wegen Corona werde Linde seine Ziele kaum erreichen können, sagte Angel im Handelsblatt-Interview – „als Folge werde ich weniger verdienen“. Auf sein anteilmäßiges kleineres Grundgehalt will er daher nicht verzichten.

Nach der Fusion von Linde mit Praxair ist das Unternehmen gehaltstechnisch quasi in die USA ausgewandert. Nicht umsonst steht Linde im Dax-Ranking auf Platz eins. Historisch gewachsen bekommen die Firmenchefs in Amerika mehr Geld. So haben die Chefs der 30 größten US-Unternehmen 2018 im Median 12,3 Milliarden Euro verdient – mehr als doppelt so viel wie in Deutschland. Denn: Bei den US-Chefgehältern sind der Anteil der variablen Vergütung und die Boni im Vergleich wesentlich größer. „US-CEOs bekommen viel größere Aktienpakete und partizipieren so viel stärker am langfristigen Unternehmenserfolg“, sagt Berater Uder.

Hinzu kommt: „In Amerika ist man auf Menschen, die viel Geld verdienen, eher stolz und beneidet sie nicht so, wie das hierzulande oft der Fall ist“, sagt Evers. In Amerika ist das Chefgehalt zwar höher, das Risiko allerdings auch. US-CEOs verlieren häufiger und schneller ihren Job – das wird durch das höhere Salär ausgeglichen.

Was das Gehalt angeht, haben amerikanische und deutsche CEOs dieser Tage nur eines gemeinsam: Corona sorgt für eine spürbare Gehaltslücke.