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Nawalny im Knast, Putin im Palast

Der Kremlkritiker Alexej Nawalny wartet in einer Polizeistation im Moskauer Gebiet Chimki auf sein Schnellverfahren.
Der Kremlkritiker Alexej Nawalny wartet in einer Polizeistation im Moskauer Gebiet Chimki auf sein Schnellverfahren.

Die internationalen Forderungen nach Freilassung des inhaftierten russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny prallen an den Mauern des Kreml ab. Präsident Putin nimmt demonstrativ ein Eisbad, während sein Gegner im Knast sitzt - aber eine neue Überraschung parat hat.

Moskau (dpa) - Moskau hat sich in einer ersten scharfen Reaktion nach der Rückkehr und prompten Festnahme des Kremlgegners Alexej Nawalny eine Einmischung in seine innere Angelegenheiten verbeten.

Forderungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der EU und weiterer Staaten nach einer umgehenden Freilassung des von einem Mordanschlag mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok geschwächten Oppositionellen verhallten in der Hauptstadt. «Wir erlauben es nicht, sich da einzumischen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax. «Wir haben keine Absicht, auf solche Mitteilungen zu hören.»

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Der Sprecher von Präsident Wladimir Putin erklärte zudem, dass es Gründe gegeben habe für die Festnahme Nawalnys am Sonntag nach seiner Landung. Der Putin-Gegner war wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren in Haft gekommen. Als «Unsinn» bezeichnete Peskow Nawalnys Vorwürfe, dass Putin «Angst» vor dem Oppositionellen habe und ihn deshalb habe einsperren lassen.

Während Nawalny in dem für seine harten Haftbedingungen berüchtigten Moskauer Untersuchungsgefängnis Nummer eins - im Volksmund kurz «Matrosenruhe» - einsaß, machte sich Putin im tiefsten russischen Winter frei für ein Eisbad. Der 68-Jährige bekreuzigte sich vor einem Kreuz aus Eis, während er in eine kreuzförmig ausgeschlagene Öffnung ins Wasser stieg. Die russisch-orthodoxe Kirche feierte am Dienstag den Dreikönigstag - später als im Westen. Eine Tradition bei Putin, wie sein Sprecher sagte.

Für Putin gebe es hier keinen besonderen Anlass, sich in den Fall Nawalny einzuschalten. Nach dem Aufruf Nawalnys zu Protesten sagte Peskow, dass sich der Kreml davor nicht fürchte. Geprüft werden müsse aber, ob es sich hier nicht um einen Aufruf zu «etwas Ungesetzlichem» handele. Wegen der Corona-Pandemie werden in Russland seit Monaten schon keine Demonstrationen mehr erlaubt.

Putins wichtigster Gegner Nawalny war am Montag in einem umstrittenen Eil-Gerichtsverfahren in einer Polizeistation zu 30 Tagen Haft verurteilt worden - wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen. Für diesen Samstag haben seine Unterstützer zu Protesten aufgerufen, um Nawalnys Freilassung zu fordern.

Nawalny war im August in Russland Opfer eines Anschlags mit dem als Chemiewaffe verbotenen Nervengift Nowitschok geworden und anschließend in Deutschland behandelt worden. Mehrere Labore, darunter eins der Bundeswehr, hatten im Blut Nawalnys den Kampfstoff nachgewiesen. Die EU verhängte deshalb auch Sanktionen gegen Vertreter des russischen Machtapparats. Nawalny sieht ein «Killerkommando» des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB unter Putins Befehl hinter dem Attentat vom 20. August. Putin und der FSB weisen die Anschuldigungen zurück.

Jahrelang habe Nawalny gegen Korruption für die Rechte russischer Bürger gekämpft, jetzt sei es an der Zeit, für ihn zu kämpfen, teilte sein Team mit. Nawalnys Mitarbeiter veröffentlichten ein neues Video mit Recherchen zu Amtsmissbrauch und Hinterziehung öffentlicher Gelder in Russland. Diesmal richteten sich die Vorwürfe direkt gegen Putin, der sich einen superteuren Geheimpalast an der Schwarzmeerküste habe bauen lassen.

Unter dem Titel «Ein Palast für Putin. Die Geschichte der größten Bestechung» posteten Nawalnys Mitarbeiter ein fast zwei Stunden langes Youtube-Video, das der Kremlgegner noch in Deutschland aufgenommen hatte. Darin wirft er dem russischen Staatsoberhaupt vor, sich für 100 Milliarden Rubel (1,1 Milliarden Euro) ein «Königreich» gebaut zu haben. Putins Sprecher sagte am Abend, dass Putin keinen Palast in Gelendschik habe.

Das Gelände des «teuersten Palasts der Welt» umfasse insgesamt 7800 Hektar und sei damit 39 Mal so groß wie Monaco, heißt es von Nawalnys Team. Es gebe unter anderem eine Kirche, ein Amphitheater, ein Teehaus und einen Hubschrauberlandeplatz. Innerhalb einer halben Stunde wurde der Film auf Youtube fast eine halbe Million Mal angeklickt. In den sozialen Netzwerken lösten die Bilder von dem Anwesen Empörung aus.

«Sieht aus wie das Eigenheim irgendeines Drogenbarons in den Tropen», schrieb der Oppositionelle Ilja Jaschin auf Twitter zu Fotos, die die Residenz zeigen sollen. «Aber nein, es ist der geheime Palast des russischen Präsidenten.» Einige User wiesen darauf hin, dass die Durchschnittseinkommen in Russland umgerechnet nur bei einigen Hundert Euro und die Renten zum Teil bei unter 200 Euro lägen.

Eigentlich habe Nawalny die Recherche selbst nach seiner Rückkehr nach Russland präsentieren wollen, schrieb seine Sprecherin Kira Jarmysch auf Twitter. Doch da er direkt festgenommen wurde, sei das nicht möglich gewesen. Der Inhalt, sagte Jarmysch, habe sie wütend gemacht. «Putin bestiehlt mein Land, sperrt meine Freunde ein, er ist ein Mörder», sagte sie. Bei der für Samstag geplanten Kundgebung sollten die Menschen ihrem Ärger Luft machen.

Am Ende des Videos ruft Nawalny seine Anhänger zu Protesten am kommenden Samstag auf: «Unsere Zukunft liegt in unserer Hand. Schweigt nicht!» Zwar hat Nawalny, der in den sozialen Netzwerken ein Millionenpublikum hat, immer wieder Enthüllungen über Reichtümer korrupter Regierender und offizieller Amtsträger im Internet veröffentlicht.

Für die Beschuldigten blieb das aber in der Regel folgenlos. Ermittler hatten vielmehr nach den Enthüllungen Nawalnys Team und Büros mit Razzien und Strafverfahren überzogen. Die Organisation Transparency International zählt Russland zu den korruptesten Staaten der Welt. Recherchen dazu sind oft lebensgefährlich.